Kopftransplantation

Spinnerei oder ehrgeiziger Plan?

Spätestens 2017 soll es soweit sein: Der italienische Chirurg Sergio Canavero will erstmals den Kopf eines Menschen transplantieren. Er ist überzeugt vom Erfolg seines Plans. Kann das wirklich klappen?

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Ein neuer Körper für den Kopf oder ein neuer Kopf für den Körper? Befürchtungen zufolge erhält man ein denkendes Gehirn ohne Körperkontrolle.

Ein neuer Körper für den Kopf oder ein neuer Kopf für den Körper? Befürchtungen zufolge erhält man ein denkendes Gehirn ohne Körperkontrolle.

© Springer Verlag

TURIN/MOSKAU. Den Kopf eines Kranken abtrennen und auf einen gesunden Körper setzen: Was unglaublich klingt, soll nach dem Willen des italienischen Neurochirurgen Sergio Canavero schon 2017 Realität sein.

Der Turiner Arzt hat angekündigt, erstmals einen menschlichen Kopf transplantieren zu wollen - ein bislang einzigartiges Vorhaben. Vorgestellt werden soll es im Juni bei einer Fachkonferenz in den USA, auch freiwillige Patienten sind gefunden.

"Ich denke, wir sind jetzt an dem Punkt, dass alle technischen Aspekte machbar sind", sagte Canavero dem Wissenschaftsmagazin "New Scientist" vom 25. Februar. Experten halten seine Pläne allerdings für unethisch und nicht umsetzbar.

Nichts am weitesten Horizont?

"Das ist unmöglich. Das ist spekulativ, und da zeichnet sich auch nichts am weitesten Horizont ab", sagte Professor Edgar Biemer, der in Deutschland an einer spektakulären Armtransplantation beteiligt war, der Deutschen Presse-Agentur.

Canavero ist vor seinem Vortrag beim Kongress der Amerikanischen Akademie für Neurologische und Orthopädische Chirurgie (AANOS) untergetaucht, über seine bisherigen Stationen ist kaum etwas bekannt. Laut AANOS beschäftigt er sich seit 30 Jahren mit der Möglichkeit einer Kopf-Transplantation.

Laut "New Scientist" will Canavero vor der Operation, an der Hunderte Ärzte beteiligt sein sollen, zunächst die Körper des hirntoten Spenders und des Empfängers herunterkühlen, damit die Zellen möglichst lange ohne Sauerstoff überleben können. Dann sei es entscheidend, das Rückenmark sauber zu trennen.

Denn die Verbindung zwischen Kopf und Rückenmark gilt als größte Hürde.

"Wenn ich ein Rückenmark vom Kopf abtrenne, dann ist das hin, und zwar ein für alle Mal", sagte Professor Veit Braun, Chefarzt der Neurochirurgie am Diakonie Klinikum Siegen, auf Anfrage. "Das wird nicht funktionieren."

Im besten Fall habe man einen Patienten mit funktionierendem Gehirn, der keine Kontrolle über den Körper habe. "Das ist sehr unethisch."

Kleben mit Polyethylenglycol

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Canavero will die Verbindung dem Bericht zufolge mit der Substanz Polyethylenglycol (PEG) erreichen.

Die beiden Enden des Rückenmarks ähnelten zwei dicht gepackten Bündeln Spaghetti, die mit Hilfe von PEG dazu angeregt werden sollen, sich zu verbinden - ähnlich wie heißes Wasser trockene Spaghetti zusammenkleben lässt.

Es gab laut "New Scientist" bereits mehrere ähnliche Versuche an Tieren, die jedoch nie länger als einige Tage überlebten.

Dem Chinesen Ren Xiaoping war es 2013 gelungen, einen Mäusekopf zu transplantieren. Das Experiment von Canavero baue auf seinem Grundlagenwissen auf, sagte Ren Xiaoping. "Vergangenes Jahr hat er mich kontaktiert und um Rat für die Operation gefragt", erläuterte der Forscher der chinesischen "Volkszeitung".

Nach Canaveros Plänen soll der Patient etwa drei bis vier Wochen im Koma bleiben. Wacht er danach auf, soll er sprechen und nach einem Jahr Physiotherapie laufen können.

Etwa 36 Stunden soll der Eingriff dauern, 10 Millionen Euro kosten. Freiwillige sind bereits gefunden: Der 30 Jahre alte russische Programmierer Waleri Spiridonow will seinen Kopf auf einen gesunden Spenderkörper übertragen lassen.

Er sitzt im Rollstuhl, hat schwere körperliche Verformungen. "Ich weiß, dass ich sterben kann. Aber ich mache keinen Rückzieher mehr", sagt Spiridonow.

"Ich brauche einen neuen Körper. Niemand kann sich vorstellen, wie es ist, mit diesem zu leben", sagt der junge Mann. Er leidet seit seiner Kindheit unter der Krankheit Morbus Werdnig-Hoffmann, die durch den Schwund von Muskeln, Gewebe und Organen nach seinen Angaben längst zum Tod hätte führen sollen.

Stolperstein ist die Ethik

Vor zwei Jahren erfuhr Spiridonow von dem Projekt. Mal die eigenen Ängste beiseitegelassen, meint er, sehe das Vorhaben doch sehr interessant aus.

Er habe nicht mehr viel Zeit und wolle der Erste sein. "Du fühlst dich wie der Held eines Science-fiction-Romans, fast so, als würdest du in den Kosmos fliegen", sagte Spiridonow.

Doch sogar Canavero selbst sieht bei der Kopf-Transplantation einige vor allem ethische Hürden auf sich zukommen. So argumentieren Kritiker wie Geistliche der russisch-orthodoxen Kirche, Körper und Geist seien eins.

"Der wirkliche Stolperstein ist die Ethik", sagte Canavero. "Sollte so ein Eingriff überhaupt durchgeführt werden? Es wird offensichtlich viele Menschen geben, die das nicht so sehen." (dpa)

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