Drei Kriterien bestimmen Risiko für Harnverhalt

SHEFFIELD (ner). Anhand von drei Kriterien lässt sich einfach erkennen, ob Männer ein hohes Risiko für einen akuten Harnverhalt haben: ein Prostatavolumen über 30 ml, ein maximaler Harnfluss unter 12 ml/s und ein Symptom-Wert über sieben. Schon bei einem dieser Kriterien sollte bereits medikamentös behandelt werden, schlagen britische Urologen vor.

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Bei 40- bis 49-jährigen Männern betrage das Fünfjahresrisiko für einen Harnverhalt noch 1,6 Prozent. Im Alter zwischen 70 und 79 liege es bereits bei zehn Prozent, berichten Dr. Christopher Chapple und Dr. Anand Patel aus Sheffield (Current Urology Reports 7, 2006, 252). Die häufigste Ursache für einen Harnverhalt ist die benigne Prostatahyperplasie (BPH).

Typische Risikofaktoren für einen akuten Harnverhalt sind ein Wert von mehr als 7 Punkten auf der internationalen Prostata-Symptom-Skala (IPSS, maximal 35 Punkte), ein Prostatavolumen über 30 ml sowie ein maximaler Harnfluss von weniger als 12 ml/s. Jeder dieser drei Faktoren erhöhe die Wahrscheinlichkeit eines Harnverhalts um etwa das Dreifache im Vergleich zu Normalbefunden.

BPH vor allem in Übergangs- und periurethraler Zone

Die BPH bildet sich vor allem in der periurethralen sowie in der Übergangszone der Prostata aus. Ein weiterer wichtiger Anhaltspunkt für Gefahr eines Harnverhalts ist daher das Verhältnis des Volumens der Prostata-Übergangszone zum Prostata-Gesamtvolumen. Diese Volumina lassen sich sonografisch bestimmen. Das Verhältnis sollte möglichst unter 0,65 liegen, so die Urologen.

Um einem Harnverhalt vorzubeugen, haben sich vor allem die beiden 5-Alpha-Reduktasehemmer Finasterid und Dutasterid bewährt. Das belegt etwa die PLESS-Studie mit mehr als 3000 Männern mit BPH. Von den 1500 Patienten aus der Placebo-Gruppe bekamen 99 (6,5 Prozent) innerhalb von vier Jahren einen akuten Harnverhalt.

Mit Finasterid (Proscar®) waren es nur 42 von 1500 Patienten (2,7 Prozent) - eine signifikante Reduktion der Rate um mehr als die Hälfte. Ebenfalls um die Hälfte geringer war die Rate von Harnverhalten in einer Vierjahresstudie mit Dutasterid (Avodart®): Von 4000 BPH-Patienten bekamen mit Dutasterid drei, mit Placebo sechs Prozent einen Harnverhalt.

Chapple und Patel empfehlen bei BPH-Patienten mit geringem Risiko, also bei kleiner Prostata und sehr schwachen Symptomen, einen Alpha-Blocker. Für symptomatische BPH-Patienten oder solche mit einem Prostata-Volumen über 30 ml sei dagegen ein 5-Alpha-Reduktasehemmer Mittel der Wahl.

Männer mit deutlichen Harnwegsbeschwerden und großer Prostata (mehr als 40 ml) sowie einem PSA-Wert von mehr als 4 ng/ml gelten als Hochrisiko-Patienten. Bei ihnen wird zu einer Kombination von einem Alpha-Blocker und einem 5-Alpha-Reduktasehemmer geraten. Eine solche Kombitherapie wird auch empfohlen, wenn eine Op nicht möglich ist.

Bei Harnverhalt kann Katheter nach drei Tagen entfernt werden

Haben Patienten bereits einen akuten Harnverhalt, entfernen Urologen heute den Harnkatheter bereits nach etwa drei Tagen, um Komplikationen zu vermeiden. Das ist besonders effektiv, wenn gleichzeitig mit den Alpha-Blockern Alfuzosin oder Tamsulosin behandelt wird. Für beide ist ein signifikanter Nutzen nachgewiesen. Mit einer sechsmonatigen Therapie verringere sich die das Risiko, dass eine BPH-Op notwenig wird. Auch Harnverhalt-Rezidive kämen seltener vor, so Chapple und Patel.

Die IPSS-Kriterien stehen in der BPH-Leitlinie der Deutschen Urologen: www.uni-duesseldorf.de/awmf/ll/043-034.htm



STICHWORT

IPSS-Kriterien

Mit der internationalen Prostata-Symptom-Skala (IPSS) werden für sieben Symptome jeweils null bis fünf Punkte vergeben: Restharngefühl, erneuter Harndrang zwei Stunden nach dem letzten Toilettengang, Harnstottern, Unfähigkeit, das Wasserlassen hinauszuzögern, schwacher Strahl, Pressen beim Wasserlassen und Häufigkeit von nächtlichem Wasserlassen. (eb)

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