Hintergrund
Brustkrebs: Ultraschall optimiert Früherkennung
Wenn es darum geht, Brustkrebs aufzuspüren, hat sich die Mammografie bewährt. Hat die untersuchte Frau aber dichtes Brustgewebe, ist der Befund oft unklar. Hier kann Ultraschall weiter helfen - doch die Sonografie in der Früherkennung wird von den Krankenkassen nicht bezahlt.
Von Ingeborg Bördlein
Das Ziel einer effizienten bevölkerungsbezogenen Basisdiagnostik zur Brustkrebsfrüherkennung sieht der Radiologe Professor Markus Müller-Schimpfle aus Frankfurt am Main durch die flächendeckende Versorgung mit Screeningzentren nach internationalen Standards erreicht.
Früherkennung von unter 10 mm Karzinomen gestiegen
"Da haben wir unsere Hausaufgaben gemacht", sagte der Experte im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Die Zahlen aus dem ersten Qualitätsbericht der Kooperationsgemeinschaft Mammografie geben ihm Recht.
So konnte der Anteil kleiner invasiver Karzinome unter 10 mm durch das Röntgenscreening von früher 14 auf 30 Prozent erhöht werden. Aber: Derzeit nimmt nur etwa jede zweite Frau am Screening teil.
Im Pro und Contra um die Mammografie sieht der Erlangener Radiologe Professor Rüdiger Schulz-Wendtland deren Stärke vor allem im Aufspüren von Mikrokalk: "In einem hohen Prozentsatz aller Karzinome finden wir Mikrokalk."
Schwäche: schlechte Auflösung in der "dichten Brust"
Die Angaben zur Häufigkeit in der Literatur reichen von 32 bis 91 Prozent. Die Schwäche des Verfahrens ist die schlechte Auflösung im dichten Brustdrüsengewebe mit der Folge, dass bei hohem Dichtegrad jedes dritte bis zweite Karzinom übersehen wird.
Etwa jede dritte Frau über 50 hat "dichte Brüste" (ACR 3 und 4), von 40 bis 49 Jahren gar jede zweite. Zwar kann die Durchleuchtungspotenz bei dichtem Drüsenkörper durch die Dosisanpassung in der digitalen Mammografie verbessert werden, doch halten die Experten für diese Gruppe die Mammografie allein für nicht ausreichend.
Hier hat der Ultraschall zweifellos einen hohen Stellenwert. So wurden im Früherkennungsprojekt "Qualitätsgesicherte Mammadiagnostik QuaMaDi" in Schleswig-Holstein durch seine Hinzunahme bei höheren Dichtegraden im bundesweiten Vergleich mit 70 Prozent die höchste Zahl an kleinen Mammakarzinomen (kleiner als 2 cm) entdeckt.
Durch Hinzunahme des Ultraschalls 30 Prozent mehr Tumoren entdeckt
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Auch die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) hat erst kürzlich wieder darauf hingewiesen, dass sich durch die Kombination beider Verfahren die Krebsentdeckungsrate deutlich steigern ließe, und forderte, das kombinierte Verfahren unter Studienbedingungen bei Frauen mit hoher Brustdichte zu prüfen.
Unter vielen anderen hat die große vergleichende US-amerikanische Studie ACRIN 6666 (American College of Radiology Imaging Network) gezeigt: Durch Hinzunahme des Ultraschalls zur Mammografie beim Screening bei Frauen ab einem Alter von 40 Jahren wurden knapp 30 Prozent mehr Tumoren entdeckt.
Der Nachteil: Mit dem kombinierten Verfahren kam es fast viermal häufiger zu falsch-positiven Diagnosen (JAMA 2008; 299: 2151 - 2163).Zweifellos ergänzen sich die beiden Verfahren, resümiert Müller-Schimpfle.
Bei einem unklaren Mammografiebefund ist die Sonografie deshalb nach den S3-Leitlinien auch Methode der ersten Wahl. Bei Frauen mit dichter Brust der Skala ACR 3-4 wird sie von vorneherein als ergänzende Methode empfohlen.
Das gilt aber derzeit nur für die kurative Situation, also bei Verdacht auf das Vorliegen von Brustkrebs. Müller-Schimpfle bedauert, dass der Ultraschall in der Früherkennung bisher keine Kassenleistung ist.
Es mangelt offenbar an Aufklärung
Der betreuende Gynäkologe sollte Patientinnen mit "dichten Brüsten" auf diesen Befund hinweisen und fragen, ob sie den zusätzlichen Ultraschall wollen. Viele entschieden sich für die Sicherheit und seien bereit, den Ultraschall als IGeL-Angebot zu bezahlen, so die Erfahrung Müller-Schimpfles.
Sein Kollege Professor Uwe Fischer aus Göttingen kritisiert, dass weder die behandelnden Gynäkologen noch die betroffenen Frauen von den Screening-Ärzten über die Beschaffenheit des individuellen Brustdrüsengewebes und die Eingeschränktheit der Mammografie bei dichtem Gewebe aufgeklärt werden.
So bleibe für einen Teil der Frauen nur eine Pseudosicherheit, wenn die Mammografie im Screening als unauffällig eingestuft werde.
Eine Sonografie im Intervall zwischen den Screeningterminen könnte zudem dazu beitragen, die Rate der Intervallkarzinome, also der erst durch Tastuntersuchung entdeckten Tumoren zu reduzieren. Schulz-Wendtland: "15 bis 20 Prozent der Tumoren sieht man in der Mammografie einfach nicht."
Ist die Kernspinuntersuchung der Königsweg?
Das seien vor allem die lobulären Formen und die aggressiven triple-negativen Karzinome. Auch Schulz-Wendtland hält die Kombination von Mammografie und Ultraschall schon im Screening für wünschenswert, wenngleich das derzeit nicht machbar sei, denn es fehle an standardisierten Ultraschallgeräten, Ausbildungsstandards und dafür qualifizierten Ärzten.
Ist die Kernspinuntersuchung der Königsweg in der Brustkrebsfrüherkennung? Die Experten sind sich einig, dass sie das sensitivste Verfahren für spezielle Indikationen insbesondere zur Früherkennung gerade aggressiver Brustkrebsformen und -vorstufen (high-grade DCIS) ist.
Für die Hochrisikogruppen, etwa Frauen mit familiärem Risiko, ist die jährliche Mamma-MRT-Untersuchung in den Leitlinien auch verankert.
Nicht gleich MRT einsetzen, auch Selbstuntersuchungen gehören zur Früherkennung
Schulz-Wendtland hält einen breiten Einsatz der MRT aber für nicht indiziert - nach dem Motto wir machen mal ein MRT und schauen, was rauskommt. "Das machen wir nicht", so der Experte.
Er sieht den Einsatz der MRT vor allem dann für gegeben, wenn Mikrokalzifikationen in der Mammografie im Sinne eines high-grade DCIS gesehen werden, die auf eine Mikroinvasion hinweisen. Denn diese Umbauvorgänge zu einem aggressiven invasiven Mammakarzinom seien durch eine frühzeitige Neoangiogenese im MRT besonders gut zu sehen.
Neben den bildgebenden Verfahren sind die regelmäßige Tastuntersuchung durch den Arzt und die Selbstuntersuchung durch die Frau Bestandteil des Früherkennungsprogramms. Mit Früherkennung habe das natürlich wenig zu tun, räumt Schulz-Wendtland ein, doch sei die Selbstuntersuchung wichtig, weil die Frauen für Veränderungen an ihrer Brust sensibilisiert würden.
Oberflächenbefunde oder Veränderungen an der Haut seien so feststellbar. Und immer noch entdeckt jede zweite Frau ihren Tumor selbst.