Sucht nach Bräune: ein neues Krankheitsbild?

Beim Kongress der Hautärzte stellte Professor Wolfgang Harth aus Berlin ein komplexes psychodermatologisches Krankheitsbild vor: die Tanorexie.

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Ein Jugendlicher unter der Sonnenbank.

Ein Jugendlicher unter der Sonnenbank.

© felix jason / imago

DRESDEN (sir). Sie ist (noch) kein eigener Befund im Rahmen des DSM-IV (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen), sondern eine Laiendiagnose: die sogenannte Tanorexie. Der Name leitet sich von der Anorexia nervosa und vom englischen "to tan" - also sich bräunen - ab.

Harth schätzte großzügig: "Jeder fünfte Deutsche besucht regelmäßig Solarien, und jeder fünfte davon tut dies allzu exzessiv." Von Tanorexie Betroffene beschäftigen sich dauernd mit ihrem eigenen Körper, finden sich jedoch nicht "zu dick", sondern "zu blass". Das ganze Jahr über möchten sie braungebrannt und erholt erscheinen.

Noch sei unklar, ob die Tanorexie eher den Zwangs-, Sucht- oder körperdysmorphen Störungen zuzuordnen ist, so Harth: "Sie tritt ohnehin selten isoliert auf." So berichtete er von einer 40-jährigen Patientin, die zugleich unter Akne, Tanorexie und einem ausgeprägten Waschzwang litt.

Tanorexie kann Männer und Frauen jeden Alters betreffen, in manchen Ländern auch Jugendliche. Gerade bei letzteren konnte eine Assoziation zur Sucht nachgewiesen werden: Eine Studie aus dem Jahre 2006 zeigte, dass 21 Prozent der US-amerikanischen jugendlichen Nutzer von Sonnenstudios Schwierigkeiten hatten, ohne diese Besuche auszukommen.

Solariumsentzug führte bei den Studienteilnehmern zu Unruhe, Gereiztheit und Problemen in der sozialen Interaktion. Dies war umso eher der Fall bei frühem Beginn und bei hoher Frequenz der Solariumstermine.

"Tanorexie hat Langzeitfolgen", betonte Harth bei der Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, und warnte vor malignen Neoplasien. Therapien von Patienten mit Tanorexie seien noch nicht etabliert und auch von den Betroffenen nicht erwünscht.

Beim Kongress in Dresden kam aber unter den Teilnehmern auch die gegenteilige Tendenz zur Sprache: der starke Wunsch farbiger Mitbürger nach chemischem oder physikalischem Bleichen ihrer Haut. Dafür gibt es jedoch noch keinen offiziellen Namen.

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