Bei Verlust von Angehörigen
Hilfe für trauernde Kinder
Stirbt ein Elternteil, leiden die zurückgebliebenen Kinder und der Partner. Zu Hause können die Kinder ihrer Trauer oft nicht freien Lauf lassen. In den Räumen des Vereins "Trauernde Kinder" dagegen schon.
Veröffentlicht:KIEL. Verzweiflung, Angst, Einsamkeit, Hilflosigkeit oder Wut: Kinder, die einen nahen Angehörigen verloren haben, kämpfen mit diesen Gefühlen, unterdrücken sie zu Hause aber häufig.
In den Räumen des Vereins Trauernde Kinder Schleswig-Holstein können sie diese Gefühle zeigen und den Verlust verarbeiten.
"Zu Hause kommt die Trauer häufig nicht auf diese Weise zum Ausdruck, weil sie ihren verbliebenen Elternteil schützen wollen. Sie spüren, dass der Partner des toten Elternteiles ja genauso unglücklich ist wie sie selbst", sagt Martina Gripp, pädagogische Leiterin des Vereins.
In dessen Räumen in Kiel können Kinder ihre Trauer individuell verarbeiten. Ihre Wut können sie an einem Boxsack auslassen, Wünsche an einem Wunschbaum aufhängen und traurige Gedanken aufschreiben und die Zettel in eine Klagemauer stecken.
Nicht verarbeitete Trauer kann Folgen haben
Folgen nicht verarbeiteter Trauer können Verhaltensauffälligkeiten und langfristig psychische oder körperliche Beeinträchtigungen sein. Damit das nicht eintritt, treffen sich Kinder von drei bis 13 Jahren und Jugendliche in getrennten Gruppen, die von ehrenamtlichen Erwachsenen begleitet werden.
Die Kinder wissen, dass sie von Menschen mit vergleichbaren Erfahrungen umgeben sind und sind damit eher bereit, ihren Gefühlen auch mal freien Lauf zu lassen. Manchen Jungen und Mädchen in der Pubertät fällt es in dieser Umgebung leichter als zu Hause oder in der Schule, ihre persönliche Angst, Verzweiflung oder Einsamkeit zu thematisieren.
Keines der Kinder kommt allein: Die Angehörigen nehmen in einem separaten Raum an einer moderierten Gesprächsgruppe teil. 70 bis 80 Kinder begleitet der Verein jedes Jahr durch ihre Trauer. Im Durchschnitt bleiben sie rund 18 Monate in den Gruppen.
Faustformeln dafür gibt es keine: "Das hängt stark von der Intensität des Verlustes ab und davon, ob das Kind sich auf den Verlust etwa bei einer längeren Erkrankung des Elternteils vorbereiten konnte", sagt Gripp.
Bislang lebt die Arbeit des Vereins hautsächlich von Mund-zu-Mund-Propaganda und der Öffentlichkeitsarbeit. Jetzt sucht er verstärkt Kontakt zu Ärzten. "Wir freuen uns, wenn Ärzte, die Patienten haben, bei denen sie Trauer wegen des Verlustes eines ihnen nahe stehenden Menschen spüren, auf unser Angebot aufmerksam machen", sagt Gripp.
Auf Wunsch verschickt sie Informationsmaterial, empfiehlt Spiele und Literatur zur Trauerverarbeitung und ist bereit, im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen Ärzten die Arbeit des Vereins vorzustellen.
Kontakt will der Verein auch zu Krankenkassen aufnehmen. Denn die Verarbeitung der Trauer ist zugleich eine wichtige Prävention, die Langzeitfolgen und Erkrankungen vermeiden hilft.