Fitness
Jeder zehnte Deutsche geht ins Studio
Die einen versetzen ihren Kunden Stromstöße, die anderen nehmen nur Frauen auf: Fitnessketten schießen in Deutschland wie Pilze aus dem Boden. Und der Markt ist noch lange nicht gesättigt.
Veröffentlicht:STUTTGART. Mit der menschlichen Eitelkeit lässt sich eine Menge Geld verdienen - mit Schweiß auch. Jeder zehnte Deutsche ackerte 2012 im Fitnessstudio und die Tendenz ist steigend.
Gleichzeitig nimmt das Gerangel der Anbieter zu: Aktuell dringt Pop-Ikone Madonna mit ihrer Fitnesskette Hard Candy auf den hiesigen Markt und will im deutschsprachigen Raum in den kommenden drei Jahren 35 Studios eröffnen. Experten prognostizieren der Branche weiter Wachstum - allerdings nicht jedem.
"Da ist noch sehr großes Potenzial", sagt Karsten Hollasch, der für die Unternehmensberatung Deloitte den Fitness-Markt in einer Studie analysiert hat. Etwa im Gesundheitsbereich, für junge Leute oder für Senioren fehlten noch Angebote.
"Momentan ist es so, dass die neuen Studios, die sich am Markt etablieren, im Wesentlichen zu Ketten gehören", erläutert Hollasch.
Sie sind der Studie zufolge in den vergangenen fünf Jahren stärker gewachsen als Einzelbetreiber - und haben mittlerweile mit 3,5 Millionen Mitgliedern fast so viele Kunden wie alle individuellen Studios zusammen.
Ketten profitieren vom McDonald's-Effekt
Der Gründer der Kette Bodystreet, Matthias Lehner, erklärt das auch mit dem McDonald's Effekt: "Man weiß einfach, was einen erwartet", sagt Lehner. "Eine Marke schafft Vertrauen."
Die Anzahl der Bodystreet-Standorte hat sich allein im vergangenen Jahr von 74 auf 140 fast verdoppelt. Auch der Umsatz soll sich 2013 verdoppeln - und bei 25 Millionen Euro liegen.
Dabei setzt Bodystreet im Gegensatz zu anderen Ketten auf ein sehr spezielles Angebot: Nur maximal zwei Kunden teilen sich einen Trainer und statt Gewichten gibt es leichte Stromstöße, die die Muskeln stimulieren sollen.
"Ich bin davon überzeugt, dass man in der Branche nur durch eine starke Abgrenzung erfolgreich wird", sagt Lehner.
Angebote werden zielgruppen-fokussierter
Branchenkenner Hollasch sieht das ähnlich: "Das Angebot wird sich insbesondere in der Breite verändern und sich stärker auf bestimmte Zielgruppen fokussieren."
Ein weiteres Beispiel dafür sei etwa die Kette Mrs. Sporty, die sich mit einem halbstündigen Zirkeltraining an Geräten ausschließlich an Frauen richtet.
Der größte deutsche Anbieter McFit punkte wiederum mit besonders niedrigen Preisen.
"Problematisch wird es für die, die in der Mitte positioniert sind und sich im Vergleich zu den Wettbewerbern nicht stark genug differenzieren", warnt Hollasch.
Die Kette Hard Candy Fitness, die sich immerhin mit Madonnas Namen schmücken darf, tritt indes mit ehrgeizigen Zielen an. Geplant sind drei weitere Studios in Berlin - in den kommenden drei Jahren soll es insgesamt 35 Standorte in Deutschland, Österreich und der Schweiz geben.
Jedes Studio kostet zwischen drei und vier Millionen Euro, wie die Jopp AG als Lizenznehmerin der Kette hierzulande verrät.
Milliardenmarkt mit Wachstumspotenzial
Was Madonna sich ausgerechnet von einer Expansion nach Deutschland verspricht? "Hier ist noch riesiges Potenzial", sagt die Sprecherin des deutschen Standortes. Das bestätigt auch Studienautor Hollasch.
"Es ist ein Markt, der weiter wächst." In diesem Jahr erwartet er ein Plus zwischen drei und fünf Prozent. Zuletzt lag der Gesamtumsatz der Branche bei mehr als vier Milliarden Euro.
"Unsere Auffassung ist, dass Wettbewerb das Geschäft belebt", sagt Nicola Pattberg, Sprecherin von Deutschlands größter Fitnesskette McFit. Betreiber müssten deshalb klar differenzieren und neue Ideen entwickeln.
Der Discount-Anbieter mit 1,2 Millionen Mitgliedern hat dazu neben den bloßen Geräten ein virtuelles Training mit verschiedenen Kursen eingeführt.
Auch Fitness First - mit rund 270.000 Mitgliedern die Nummer 2 in Deutschland - sieht "noch genügend Wachstumspotenzial".
Anders als die Konkurrenz bietet Fitness First unter einem Markennamen verschiedene Angebote für einzelne Zielgruppen: Neben Frauenstudios und günstigeren Lifestyle-Clubs gibt es etwa Standorte im gehobenen Bereich mit Schwimmbad oder Training auf der Dachterrasse. (dpa)