Sozialphobie

Angst vor dem Hausarzt-Besuch

Sie leben auf der Parkbank oder in ärmlichsten Verhältnissen - und sie verzichten auf eine reguläre medizinische Versorgung. Sozialphobiker scheuen die Praxisgebühr, aber sie haben auch Angst ins Wartezimmer des Arztes zu gehen.

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Auch unter den Obdachlosen steigt die Zahl der Menschen mit psychischen Erkrankungen.

Auch unter den Obdachlosen steigt die Zahl der Menschen mit psychischen Erkrankungen.

© Caritas Hannover

HANNOVER (cben). Nicht nur unter Arbeitnehmern, auch unter Wohnungslosen nimmt die Zahl psychischer Erkrankungen zu. Ein Drittel der Betroffenen leidet unter seelischen Erkrankungen.

Bei der Evaluation der "Aufsuchenden Gesundheitsfürsorge für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen in Hannover" für das Jahr 2011 wurden erstmals seit Gründung der Initiative im Jahr 2000 auch die Grunderkrankungen der versorgten Patienten erhoben.

Im Rahmen der Gesundheitsfürsorge fahren die Ärzte zu den Wohnungslosen in der Stadt oder behandeln sie an festen Standorten im Stadtgebiet.

Insgesamt wurden im Berichtszeitraum 21.000 Patienten versorgt, davon etwa 3400 im Jahr 2011. Wie überall nehmen auch bei den Armen und Wohnungslosen die chronischen Krankheiten immer mehr zu.

Psychische Erkrankungen noch vor Herz-Kreislaufkrankheiten

Bei 71 Prozent aller Patienten, die im vergangenen Jahr behandelt wurden, stellten die Ärzte mindestens eine Grunderkrankung fest. Am häufigsten kamen mit 33 Prozent psychische Erkrankungen vor, gefolgt von Suchterkrankungen mit 25 Prozent und Herz-Kreislauferkrankungen mit 20 Prozent. Das teilte das Zentrum für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (ZQ) der Ärztekammer Niedersachsen mit, das die Evaluation übernommen hat.

Die meisten Patienten stammen inzwischen aus der so genannten Armutsbevölkerung und immer seltener aus der Gruppe der Wohnungslosen oder Durchreisenden in Hannover, hieß es. Seit der Einführung von Praxisgebühr und Zuzahlungen im Jahr 2004 ist der Geldmangel der Patienten der vorherrschende Grund, diese Versorgungsform aufzusuchen. 2011 kamen 33 bis 47 Prozent aller Patienten allein deshalb, weil Rezepte und Überweisungen bei der Initiative kostenfrei erhältlich sind.

Aber auch ihre psychische Labilität macht es den Patienten schwer, etwa eine Hausarztpraxis aufzusuchen. "Die Patienten bleiben den Hausarztpraxen nicht nur fern, weil sie die Praxisgebühr nicht zahlen können oder ihnen die Unterlagen und Befunde fehlen, sondern auch wegen ihrer Sozialphobien", sagt Hausärztin Dr. Cornelia Goesmann, Leiterin der Initiative und Vorsitzende der Ärztekammer-Bezirksstelle Hannover.

In der Initiative, die als Institutsambulanz der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen geführt wird, arbeiten zehn bis 20 Ärztinnen und Ärzte. "Die Kolleginnen und Kollegen rechnen über die entsprechenden Nummern ab", erklärt Goesmann. "Ihre Honorare spenden die Ärzte für die Infrastruktur des Projektes."

Das Projekt habe sich bewährt, erklärt die Hausärztin, das zeigten die Zahlen. "Die Hautkrankheiten bei unseren Patienten gehen deutlich zurück, wir können immer mehr Patienten impfen und auch die psychischen Krankheiten bekommen wir langsam besser in den Griff."

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