"Politik der Nadelstiche" soll Rösler stoppen

Weil die Regierung ihnen das Honorar kappen will, schäumen Deutschlands Hausärzte vor Wut. Um die Pläne zu kippen, setzt der Deutsche Hausärzteverband auf eine Doppelstrategie: Er will kämpfen und verhandeln.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Praxis aus Protest geschlossen: Der Deutsche Hausärzteverband will mit gezielten "Kampfmaßnahmen" gegen Reformpläne der Koalition vorgehen.

Praxis aus Protest geschlossen: Der Deutsche Hausärzteverband will mit gezielten "Kampfmaßnahmen" gegen Reformpläne der Koalition vorgehen.

© dpa

BERLIN. Hausärzte sind sauer. Auslöser des kollektiven Unmuts: die geplante Gesundheitsreform, vor allem aber der Plan der Bundesregierung und ihres Gesundheitsministers Philipp Rösler, die Vergütung bei neuen Hausarztverträgen auf das im KV-System übliche Niveau zu senken. So sollen allein im nächsten Jahr 500 Millionen Euro eingespart werden.

Um den Rösler-Plan zu Fall zu bringen, setzt der Deutsche Hausärzteverband auf eine Doppelstrategie: Einerseits will er über ein "eskalierendes Programm von Maßnahmen", das am Mittwoch nach einer - so berichten Teilnehmer - sehr emotional geführten Sitzung der Landesverbände in Köln beschlossen wurde, Druck auf die Koalition ausüben. Diese "Politik der Nadelstiche" sieht Praxisschließungen und Großveranstaltungen in mehreren Städten vor.

Die Aktionen sollen zunächst in den Wahlkreisen von Unions- und FDP-Abgeordneten stattfinden. Man werde klarmachen, "was die angedrohte Beseitigung der Hausarztpraxen in ihren Landkreisen, Städten und Gemeinden für die Versorgung bedeuten würde", so Ulrich Weigeldt, Chef des Deutschen Hausärzteverbands. Die erste Protestphase soll bis 15. September dauern. Sollte die Koalition bis dahin nicht nachgeben, folgten "weitere Kampfmaßnahmen".

Ganz zuschlagen will der Hausärzteverband die Türen aber nicht. Man sei weiter "an konstruktiven Gesprächen" interessiert, betont Weigeldt. Im Visier haben die Verbandsoberen dabei vor allem CSU-Chef Horst Seehofer und Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder. Die CSU gilt als Befürworter der hausarztzentrierten Versorgung, hatte aber andererseits auch immer wieder auf Einsparungen gedrängt, um das Milliardenloch bei den Kassen zu stopfen.

Schon an diesem Samstag wollen die Hausärzte ihre Drähte nutzen - dann tritt Söder als Gastredner beim Bayerischen Hausärztetag auf. Am Mittwoch kommen die bayerischen Hausärzte schließlich in Nürnberg zu einer Vollversammlung zusammen, um über die Rückgabe ihrer Kassenzulassungen abzustimmen. Sollte eine Mehrheit für den Ausstieg aus dem KV-System votieren, müssten die Kassen in Bayern mit den Hausärzten neu verhandeln.

Der Bundesverband wie auch die übrigen Landesverbände hegen Sympathien mit dem Vorstoß aus Bayern. Die Ankündigung, aus Protest die Zulassungen zurückzugeben, sei jedenfalls eine "Option", die nicht bloß in Bayern erörtert werde, so Weigeldt.

Gesundheits-Staatssekretär Daniel Bahr (FDP) zeigt sich derweil irritiert ob der Drohungen des Hausärzteverbands. "Es wird nicht zu Kürzungen kommen, sondern es werden nur die erhofften Steigerungen begrenzt", so Bahr zur "Ärzte Zeitung".

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