Kooperativ, ohne Scheuklappen

Ein Gesetz für junge Ärzte

Mit dem Entwurf eines Versorgungsgesetzes bedient die Koalition den Trend zu kooperativen Arbeitsformen - auch in der Arztpraxis. Das kommt besonders jungen Ärzten entgegen. Konfliktpotenzial gibt es vor allem für KVen.

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Die große Koalition will jungen Ärzten das Leben erleichtern.

Die große Koalition will jungen Ärzten das Leben erleichtern.

© Raths / fotolia.com

BERLIN. Die große Koalition kommt der jungen Ärztegeneration entgegen. Ein aktueller Gesetzentwurf sieht eine verstärkte Förderung kooperativer Versorgungsformen vor.

Der Entwurf schreibt damit die mit dem Vertragsarztrechtsänderungs- und dem Versorgungsstrukturgesetz angestoßenen Entwicklungen fort.

Damit waren unter anderem die Möglichkeiten geschaffen worden, Zweitpraxen zu eröffnen und Ärzte anzustellen. Zudem ist die Residenzpflicht weggefallen.

Nun setzt die Koalition verstärkt auf Berufsausübungsgemeinschaften, Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und Praxisnetze.

"Kooperative Versorgungsformen verbessern die Versorgung und tragen dazu bei, Effizienzreserven zu erschließen", heißt es in der Begründung eines Arbeitsentwurfes des Versorgungsstärkungsgesetzes, der der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

Dieser Entwurf ist nicht der endgültig abgestimmte Referentenentwurf des Gesetzes. Der wird erst für die kommende Woche erwartet.

Mehr Spielraum für Selektivverträge

Die Koalition schafft damit die Möglichkeit, arztgruppengleiche MVZ zu gründen. Kommunen sollen als Akteure stärker ins Versorgungsgeschehen eingebunden werden. Sie sollen künftig MVZ gründen können.

Praxisnetze sollen aufgewertet werden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen müssen sie fördern, wenn das einer Verbesserung der ambulanten Versorgung dient.

Überhaupt sollen die KVen mehr Spielräume erhalten, um den Sicherstellungsauftrag zu erfüllen. So sollen sie künftig nicht nur bei bereits eingetretener Unterversorgung einen Strukturfonds bilden können, sondern generell.

Mehr Spielraum sollen Partner von Selektivverträgen erhalten, namentlich bei Hausarztverträgen. Zum einen will das BMG den Vertragspartnern gestatten, Leistungen, die nicht zur Regelversorgung gehören, in Selektivverträge aufzunehmen.

Das gilt beispielsweise für nicht verschreibungspflichtige Medikamente.

Die Selektivverträge müssen dem Entwurf zufolge künftig nicht mehr der Kassenaufsicht zur Prüfung vorgelegt werden. Bestand hat die Vorschrift, dass die Vertragspartner vier Jahre nach dem Start die Einhaltung der vereinbarten Wirtschaftlichkeitskriterien nachweisen müssen.

Schlanker will das BMG auch das Procedere bei der komplizierten Bereinigung der Gesamtvergütung machen. Die Vertragspartner sollen sich rechtzeitig über die Einzelheiten einigen, damit Versicherte nicht deswegen auf die Teilnahme an der HzV warten müssen.

Neu aufgenommen wurde zudem der Passus, dass nicht nur die Kassen, sondern auch die betroffenen Leistungserbringer das Schiedsamt bei Streitigkeiten anrufen können.

Koalition fordert Parität

Das Vertragsgeschäft will die Koalition auch an anderer Stelle beleben. Die Selektivverträge sollen dazu von Bürokratie entrümpelt werden. Die Kassen sollen mehr Gestaltungsmöglichkeiten erhalten.

 Mit mehr sektorenübergreifenden und gänzlich neuen Versorgungsmodellen wollen Union und SPD auf das Älterwerden der Gesellschaft und den medizinisch-technischen Fortschritt reagieren.

Dafür sollen jedes Jahr 300 Millionen Euro ausgegeben werden. Dazu sollen jeweils zur Hälfte die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds und die Mittel der Krankenkassen angezapft werden.

Ein neu zu gründender Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss soll über die Vergabe der Mittel zur Förderung von Projekten und der begleitenden Versorgungsforschung entscheiden.

Die Selbstverwaltung soll in diesem Gremium nicht unter sich bleiben. Ein Vertreter des Gesundheitsministeriums sitzt mit am Tisch.

Der Gesetzentwurf spart die Reizthemen der Selbstverwaltung nicht aus. Er geht das Übergewicht von Fachärzten in den Vertreterversammlungen der Kassenärztlichen Vereinigungen an.

Dort soll künftig bei gemeinsam zu fällenden Entscheidungen Parität herrschen. Dazu sollen die Stimmen dementsprechend gewichtet werden.

Über rein hausärztliche Belangen sollen dem Entwurf zufolge nur die Hausärzte entscheiden, über rein fachärztliche nur die Fachärzte. (af/fst)

Lesen Sie dazu auch: Versorgungsstärkungsgesetz: Koalition macht mit Terminservicestellen ernst

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