Reserveantibiotika in Tierhaltung

Agrarminister spricht sich gegen Verbot aus

Veröffentlicht:

BERLIN. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hat sich gegen ein Verbot von Reserveantibiotika in der Tierhaltung ausgesprochen. "Das Verbieten, das ist rechtlich und medizinisch nicht möglich", sagte er am Freitag im ARD-Morgenmagazin.

Reserveantibiotika sind in der Therapie von Menschen bedeutsam, wenn herkömmliche Antibiotika nicht mehr helfen. Sie sind das letzte Mittel gegen resistente Keime.

Schmidt kündigte an, ihren Einsatz in der Tierhaltung reduzieren zu wollen. Demnach sollen sie nur noch eingesetzt werden, wenn es der Tierarzt für notwendig hält.

Germanwatch zufolge wird auch bei Milchvieh wie in der Mast eine zunehmende Verwendung von Reserveantibiotika beobachtet (die "Ärzte Zeitung" berichtete).

Zuvor war bekannt geworden, dass auch hierzulande beim Menschen eine neuartige Resistenz gegen das wichtige Notfall-Antibiotikum Colistin nachgewiesen wurde.

Der BUND fordert ein gänzliches Verbot von Reserveantibiotika in der Tierhaltung. (dpa)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 16.01.201619:11 Uhr

"Mia san mia" aus dem Land der "Zwetschgenmännele"?

Wenn das stimmt, was dpa und ARD-Morgenmagazin gestern übereinstimmend berichten (im Internet gibt es nirgendwo den Originalton dazu...), dann hat unser Bundesagrarminister BMEL (BM für Ernährung und Landwirtschaft) Christian Schmidt (CSU) vom Wahlkreis 243 Fürth bei Nürnberg und Neustadt a. d. Aisch als Rechtsanwalt wohl einen bayrisch-fränkisch-juristischen Migrations- und Verständnislosigkeits-Hintergrund.

Ein kurzer Blick in das Arzneimittelgesetz hätte genügt um festzustellen, dass selbstverständlich das Gegenteil seines "Das Verbieten, das ist rechtlich und medizinisch nicht möglich" die Wahrheit ist. Immer dann, wenn zur Gefahrenabwehr und der weiteren Verbreitung todbringender multiresistenter Keime nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft eine eindeutige Kausalkette zwischen der Anwendung von Reserveantibiotika in der Tiermast und MRE-Keimen (Multi-Resistente-Erreger) wie NDM-1, MRSA, VISA, VRSA, KPC, ESBL usw. besteht bzw. Menschenleben dadurch in Gefahr geraten, muss im Rahmen der Rechtsgüterabwägung ein Anwendungsverbot in der Veterinärmedizin ausgesprochen werde.

Sollte sich der BMEL allerdings tatsächlich zu Reserveantibiotika wie folgt geäußert haben: "Schmidt kündigte an, ihren Einsatz in der Tierhaltung reduzieren zu wollen. Demnach sollen sie nur noch eingesetzt werden, wenn es der Tierarzt für notwendig hält", geht daraus hervor, dass das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bisher seine Dienst- und Amtspflichten verletzt hätte: Denn den offenen Routine-Einsatz von Reserve-Antibiotika o h n e jegliche veterinärmedizinische Verordnung unkontrolliert in Tierzuchtbetrieben hätte der Minister damit höchstpersönlich eingestanden und seine Aufsichts- bzw. Anzeigepflicht verletzt.

Das ist übrigens der gleiche Minister, der offensichtlich von der Berliner G7-Fachminister-Konferenz im letzten Jahr nichts mitbekommen hat. Dort haben Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Johanna Wanka (CDU) als Ministerin für Bildung und Forschung 2015 im G7-Kreis verkündet: Für einen "sachgerechten Umgang" mit Antibiotika messen die G7-Minister der Verschreibungspflicht eine große Bedeutung zu, sowohl in der Humanmedizin als auch analog in der Tiermedizin. http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/gesundheitspolitik_international/article/896129/antibiotika-resistenzen-appell-aerzte-sorgfalt.html

3 Monate zuvor, im Juni 2015 auf dem G7-Gipfel in Schloss Elmau, forderten die Staats- und Regierungschefs bereits die weltweite Verschreibungspflicht für Antibiotika im internationalen Kampf gegen Antibiotikaresistenzen.
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/gesundheitspolitik_international/article/887577/forderung-g7-gipfel-weltweite-verschreibungspflicht-antibiotika.html

Und von alledem sollte der BMEL nicht mitbekommen haben?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Karl-Georg Vaith 16.01.201616:37 Uhr

Diese Entscheidung ist unverantwortlich !!!

Wenn weiterhin in der Politik hier die falschen Entscheidungen getroffen werden, werde ich aus dieser Partei austreten.
Man sollte Herrn Schmidt von der CSU mal mitteilen, wieviel Todesfälle in den Krankenhäusern und Kliniken pro Jahr auftreten, da viele Reserveantibiotika aufgrund von Multiresistenzen nicht mehr wirken.
Wo werden denn z.B. die methylresistenten Staphylokokken gezüchtet ?
Bitte hier nicht die Verkaufszahlen berücksichtigen,sondern primär den Patienten am Leben erhalten.

Prof. Dr. Volker von Loewenich 15.01.201614:19 Uhr

Reserveantibiotika in der Tierhaltung

Reserveantibiotika in der Tiermast zu verwenden ist eine grobe Fahrlässigkeit menschlicher Gesundheit gegenüber. Dass ein wertvolles Tier kranheitshalber auch einmal eines Reserveantibiotikums bedarf, ist nicht zzu kritisieren. Aber diese Mittel zu Mastzwecken zu verschiessen ist nicht zu verantworten. Der Agrarminsiter macht sich hier schuldig.

Karl-Georg Vaith 15.01.201613:36 Uhr

Viele Reserveantibiotika wirken nicht mehr, aufgrund von unkontrollierter Verwendung in der Tierhaltung !!

Was nutzt eine Therapie mit Reserve-Antibiotika, wenn durch die unkontrollierte Verabreichung in der Tierhaltung, multiresistente Keime gezüchtet werden.

Da hat der Patient einfach Pech gehabt, wenn viele Antibiotika auf seine Behandlung nicht mehr ansprechen und dann Reserveantibiotika eingesetzt werden, die die vorhandenen Symptome nicht mehr beeinflussen.

Der Exit ist dann nicht mehr weit. Also vor der Rendite die Patienten berücksichtigen, die auf diese Substanzen dringend angewiesen sind.
Viele Patienten könnten dadurch heute noch leben !!!

Dr. Anne-Kathrin Riethling 15.01.201612:42 Uhr

Verantwortung?

Reserveantibiotika in der Tierhaltung, offensichtlich zur Zeit sogar auch ohne tierärztliche Verordnung, ist nicht hinnehmbar!
Was nützt es, Patienten bei Infektionen möglichst keine Antibiotika zu verordnen, wenn in der Tierhaltung die resistenten Bakterien gezüchtet werden?

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