"Einige Dutzend Krankenkassen sind sicher genug"

Dr. Jens Christian Baas ist Arzt und Unternehmensberater. Zum Januar 2011 wechselt der 43-Jährige in den Vorstand der Techniker Krankenkasse. Im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" erzählt er, warum er von einer der größten Unternehmensberatungen zur TK wechselt.

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Arzt und Manager - und bald im TK-Vorstand: Dr. Jens Christian Baas.

Arzt und Manager - und bald im TK-Vorstand: Dr. Jens Christian Baas.

© TK

Ärzte Zeitung: Sie sind direkt aus der universitären Facharztausbildung in die Unternehmensberatung gewechselt, wie kam es dazu?

Dr. Jens Christian Baas: Ich wollte damals natürlich C4-Professor für Chirurgie werden (lacht). Daher habe ich mich gefragt, wie man ein guter Chefarzt wird. Und ein zeitlich begrenzter Blick in die Unternehmensberatung schien mit dafür ganz nützlich. Im Medizinstudium spielte das Ökonomische ja fast gar keine Rolle. Zu meiner eigenen Überraschung bin ich dann viel länger als geplant bei der Boston Consulting Group geblieben, weil der Beruf des Beraters intellektuell und sozial sehr fordernd ist. Anfangs habe ich Banken und Automobilfirmen beraten. Erst später kamen Krankenkassen dazu, weil man meinte: Sie sind Arzt, Sie können das doch. Was völliger Schmarrn ist, da Ärzte in ihrem Studium so gut wie nichts von den komplexen Zusammenhängen im deutschen Gesundheitswesen und der gesetzlichen Krankenversicherung vermittelt bekommen.

Ärzte Zeitung: Wie wird man als Geschäftsführer einer der größten Beratungsfirmen der Welt ein deutscher Kassenvorstand?

Dr. Jens Christian Baas: Es ist ja kein Geheimnis, dass man in der freien Wirtschaft deutlich besser verdient als bei einer gesetzlichen Krankenversicherung. Und ich muss auch ehrlich zugeben, dass ich mir den Schritt lange überlegt habe. Aber Geld ist für mich nicht alles, die Aufgabe und die Herausforderung wogen am Ende doch mehr.

Ärzte Zeitung: Wie hat man Ihnen den Posten schmackhaft gemacht?

Baas: In der Unternehmensberatung dreht man oft nur an einer Schraube, bei der TK kann ich eine ganze Maschine bewegen. Und ich habe dauerhaft Verantwortung für das, was ich tue. Das hat mich sehr gereizt. Gerade der Vorsitzende des TK-Vorstandes Professor Norbert Klusen, der ja auch aus der Wirtschaft kommt, beweist, dass man im GKV-System viel bewegen kann.

Ärzte Zeitung: Wie sehen Sie als Berater, der viele Kassen von innen kennt, die Entwicklung der Kassenlandschaft? Es sind ja stürmische Zeiten.

Zur Person

(rbü)

Baas: Die Konsolidierung wird weitergehen. Und ich glaube persönlich, man braucht auch nicht alle der aktuell 163 Kassen. Einige Dutzend wären sicher genug, wenngleich es auch nicht zu wenige sein dürfen, damit die Wahlfreiheit der Versicherten groß genug bleibt. Wenn man Versorgung gestalten will, braucht man eine gewisse Größe. Sonst fehlt das Know-how, fehlt die gute Verhandlungsposition. An erster Stelle hoffe ich aber, dass sich in den Krankenkassen endlich mehr unternehmerisches Denken durchsetzt und die Politik hierzu auch die Rahmenbedingungen schafft. Manche Kassen verstehen sich heute noch zu sehr als Verwaltungsapparat. Die Bezeichnung Unternehmen wird leider immer noch mit "unsozial" assoziiert. Aber die Kasse hat den Vorteil, dass die Gewinne den Versicherten zugutekommen, sozialer geht es eigentlich kaum.

Ärzte Zeitung: Ärzte sind eine seltene Spezies unter den Kassenvorständen. Wird das in Ihrer Arbeit eine Rolle spielen?

Baas: Ich glaube ja. Es hilft, sowohl medizinische Themen als auch die Ärzte selbst besser zu verstehen. Ich weiß, was Ärzte bewegt. Aber ich begreife mich eher als ein Manager mit ärztlichem Hintergrund.

Ärzte Zeitung: Was wollen Sie als TK-Vorstand als erstes in Angriff nehmen?

Baas: Das Schöne an der TK ist: Sie ist bereits eine der am besten laufenden Kassen in Deutschland, man muss also nicht einsteigen und sofort alles umkrempeln. Aber wir wollen selbstverständlich weiter am Markt gewinnen. Das heißt, nach innen weiter an der Prozessoptimierung zu arbeiten und nach außen Partner für Ärzte, Kliniken und andere zu sein, um vernünftige Versorgungsverträge abzuschließen.

Ärzte Zeitung: Das heißt auch weitere Fusionen?

Baas: Das würde ich nicht ausschließen. Denn ich denke, man muss intern und extern wachsen. Aber nicht um jeden Preis, sondern nur bei guten Gelegenheiten.

Das Gespräch führte Robert Büssow.

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