Stress im Job so giftig wie Rauchen

Die Zahl der Krankmeldungen bei der DAK Gesundheit steigen seit fünf Jahren kontinuierlich. Vor allem psychische Erkrankungen sind nach neuen Zahlen der Kasse auf dem Vormarsch. Und: Stress am Arbeitsplatz ist für das Herz genauso schlecht wie Rauchen oder Bewegungsmangel.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Zeitdruck am Arbeitsplatz ist als Herzinfarktrisiko genauso relevant wie Rauchen oder Bewegungsmangel.

Zeitdruck am Arbeitsplatz ist als Herzinfarktrisiko genauso relevant wie Rauchen oder Bewegungsmangel.

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BERLIN. Hektik, Zeitdruck, Überlastung und ständige Unterbrechungen der Arbeit lassen das Herz schneller schlagen, die Entzündungswerte und der Spiegel von Stresshormonen wie Cortisol im Blut steigen. Arbeitnehmer, die permanent unter Stress stehen, schaffen es seltener, von Zigaretten loszukommen oder ihre Ernährung umzustellen.

Die Autoren des DAK-Gesundheitsreports 2012 kommen zu dem Schluss: Stress am Arbeitsplatz ist als Herzinfarktrisiko genauso relevant wie Rauchen oder Bewegungsarmut.

Diese Aussage bewege sich in der höchsten Evidenzstufe, stellte Karl-Heinz Ladwig, Mental Health-Experte vom Deutschen Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt in Neuherberg bei der Vorstellung des Reports am Dienstag in Berlin fest.

Ärzte am Ende der Skala

Stress wird nicht nur die genannten Faktoren ausgelöst. Etwa neun Prozent der Beschäftigten sind darüber hinaus von "Gratifikationskrisen" betroffen, heißt es in dem Report. Dabei handelt es sich um ein gefühltes Missverhältnis von Aufwand und Entschädigung bei der Arbeit.

Arbeiter und Beamte fühlten sich am häufigsten unterbezahlt oder vom Chef nicht wertgeschätzt, sagte Hans-Dieter Nolting vom Berliner IGES-Institut. Das Institut hatte mehr als 3000 Arbeitnehmer befragt.

Am anderen Ende der Skala finden sich Ärzte und Freiberufler, die dies nur zu knapp vier Prozent so empfinden. "Je größer Selbstbestimmung und Gestaltungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz sind, um so weniger tritt das Problem auf," sagte DAK-Chef Herbert Rebscher. Dies sollten Unternehmen bei ihrem Gesundheitsmanagement berücksichtigen, sagte Rebscher.

Psychische Erkrankungen auf dem Vormarsch

Mehr als 207.000 Herzinfarkte werden jährlich in Deutschland gezählt. In den vergangenen sechs Jahren sind laut Report die stationären Aufenthalte wegen Herzinfarkten nicht mehr gesunken.

Deutlich rückläufig sind jedoch die Einweisungen aufgrund von Angina Pectoris und chronisch ischämischen Herzkrankheiten. Die Autoren führen dies auf den vermehrten Einsatz von Stents sowie auf die Zuwächse bei den Verordnungen von Lipidsenkern, ACE-Hemmern und AT1-Blockern zurück.

Möglicherweise ständen die psychosozialen Beanspruchungen mit den zunehmenden Krankschreibungen aufgrund psychischer Leiden in Zusammenhang, spekulierte Rebscher. Dieser Trend ist bei der DAK Gesundheit ungebrochen. Auch die AOKen und die Barmer GEK stellen diese Entwicklung bei ihren Versicherten fest.

Der Anteil psychischer Erkrankungen an den Krankschreibungen bei der DAK ist 2011 von 12,1 auf 13,4 Prozent gestiegen. Damit hat sich dieser Wert in den vergangenen 15 Jahren mehr als verdoppelt.

Krankenstand kontinuierlich gestiegen

Insgesamt ist nach Angaben der DAK der Krankenstand unter den 6,6 Millionen Versicherten so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Tatsächlich steigt er seit fünf Jahren kontinuierlich. Je 3,6 Prozent der vor allem in Verwaltungen tätigen Beschäftigten waren an jedem Tag 2011 krank gemeldet. Das waren 0,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Herbert Rebscher sieht darin Anzeichen des demografischen Wandels. Die Belegschaften würden immer älter, sagte Rebscher

Die durchschnittliche Dauer einer Krankschreibung bei psychischen Leiden liege bei 30 Tagen, sagte Rebscher. Dies sei ein Grund mehr für Betriebe, in das Betriebsklima, die Führungskultur und familiengerechte Arbeitsplätze zu investieren, sagte Rebscher.

Ein DAK-Versicherter war 2011 durchschnittlich 13,2 Kalendertage krankgeschrieben. Mehr als ein Fünftel aller Krankentage entfielen auf Muskel-Skelett-Erkrankungen. 16,1 Prozent auf Erkrankungen des Atmungssystems.

Verletzungen lagen mit 13,9 Prozent nur noch knapp vor den psychischen Leiden. Der Krankenstand in den Bereichen Bildung, Kultur und Medien lag mit 2,7 Prozent am niedrigsten.

Die öffentliche Verwaltung und das Gesundheitswesen hatten mit 4,2 beziehungsweise 4,1 Prozent die höchsten Krankenstände.

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