Kita-Verbot für Ungeimpfte

Impfpläne gehen Pädiatern nicht weit genug

Die Pläne der Koalition, Ungeimpften den Zugang zu Kitas und Schulen zu verweigern, zielen zwar in die richtige Richtung. Ein Volltreffer sind sie aber noch nicht, bemängelt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte.

Raimund SchmidVon Raimund Schmid und Helmut LaschetHelmut Laschet Veröffentlicht:
Junge Erwachsene sind eine wichtige Zielgruppe, bei der Impflücken geschlossen werden müssen.

Junge Erwachsene sind eine wichtige Zielgruppe, bei der Impflücken geschlossen werden müssen.

© Matthias Ernert

BERLIN. Die aktuellen Veränderungen des kurz vor der Verabschiedung stehenden Präventionsgesetzes gehen nach Auffassung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) zwar in die richtige Richtung, lassen aber weiter viele Fragen offen.

So zeigte sich Hartmann im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" enttäuscht darüber, dass sich die Koalition zu der vom BVKJ und dem Deutschen Ärztetag eingeforderten Impfpflicht für Kinder in öffentlich betreuten Gemeinschaftseinrichtungen nicht durchringen konnte.

Auch der vorgesehene Ausschluss nicht geimpfter Kinder, Lehrer und Erzieher aus Kindergärten und Schulen bei Ausbruch neuer Masernwellen oder anderer Infektionskrankheiten wollte Hartmann nicht überbewerten.

Eine solche Aussperrung nicht Geimpfter sei auch heute nach dem Infektionsschutzgesetz schon möglich und ist auch bereits in Berlin, Dresden und Nordrhein-Westfalen praktiziert worden. Das Präventionsgesetz untermauere diese Maßnahmen lediglich nochmals.

Verschärfte Beratungspflicht

Dagegen begrüßt Hartmann, dass die im Präventionsgesetz vorgesehene Beratungspflicht nun verschärft worden ist. Bei einer Erstaufnahme in die Kita darf die Beratung zum vollständigen altersgemäßen Impfschutz nicht all zu lange zurückliegen.

Ansonsten würden Sanktionen greifen, indem Gesundheitsämter Eltern zum Beispiel vorladen dürfen.

Wenn Eltern dann alle bisher versäumten Impfungen tatsächlich verbindlich nachholen müssen, sei dies, so Hartmann "eine bessere Lösung als bisher". Geklärt werden müsse aber noch, wer die Impfberatungen überhaupt vornehmen darf und ob bekanntermaßen impfkritische Ärzte davon ausgeschlossen werden können.

Die KBV begrüßte am Montag, dass die Bereitstellung von Impfausweisvordrucken künftig als Kassenleistung vorgesehen ist (Paragraf 20i SGB V).

Damit sollen, so heißt es in der Begründung des entsprechenden Änderungsantrags, bislang existierende Erschwernisse für Ärzte und Patienten beseitigt werden; für beide Seiten solle ein möglichst niedrigschwelliger Zugang zu Schutzimpfungsleistungen gewährleistet werden.

Ärzte werden nicht eingebunden

Insgesamt stellen Ärzte 1 bis 1,5 Millionen neue Impfausweise für Neugeborene, Migranten und verloren gegangene Dokumente aus. Für die GKV werden Mehrkosten von etwa einer Million Euro erwartet.

Ungeachtet der Verbesserungen kritisiert die KBV aber, dass die Ärzteschaft immer noch unzureichend in eine umfassende Impfstrategie eingebunden werde.

Eher grundsätzliche Kritik kommt von der Bundestagsfraktion der Grünen. Sie bewertet die Koalitionspläne als eine "Impfpflicht durch die Hintertür", so die gesundheitspolitische Sprecherin Kordula Schulz-Asche.

Die Regelung, dass Eltern vor der Erstaufnahme ihres Kindes in eine Kita oder Schule einen schriftlichen Nachweis über die Impfberatung erbringen müsse, schieße über das Ziel hinaus.

Ungeklärt bleibe, wie bei Kindern verfahren werden solle, die aufgrund einer Immunschwäche nicht geimpft werden können.

Das eigentliche Problem werde jedoch nicht gelöst: Die Impfquote für die erste Masernimpfung bei einzuschulenden Kindern sei von 2000 bis 2013 von 91 auf 96,7 Prozent gestiegen, die für die Zweitimpfung von 65,7 Prozent (2004 auf 92,4 Prozent.

Die Impfbereitschaft bei Kindern habe deutlich zugenommen. Impflücken existierten vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Hier sei Aufklärung statt Zwang notwendig.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Da lachen ja die Hühner

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