Präziser als Pap-Test

Hund erschnüffelt Krebs an Damenbinden

Hunde können Zervixkarzinome offenbar besser erkennen als jedes andere nichtinvasive Verfahren. Dazu müssen sie nur an Damenbinden schnüffeln. Sensitivität und Spezifität liegen deutlich über 90 Prozent.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Beagle zählen zu den Hundesrassen mit einem besonders guten Geruchssinn. Dieser lässt sich offenabr nicht nur zum Erspüren von Drogen, sondern auch Krebserkrankungen nutzen.

Beagle zählen zu den Hundesrassen mit einem besonders guten Geruchssinn. Dieser lässt sich offenabr nicht nur zum Erspüren von Drogen, sondern auch Krebserkrankungen nutzen.

© Monika Wisniewska / Fotolia

MEXIKO-STADT. Dass Hunde eine gute Nase haben und sogar Tumoren erschnüffeln, ist hinreichend bekannt. Die Treffsicherheit eines mexikanischen Beagles ist jedoch erstaunlich. Mit schier unglaublicher Präzision kann er durch Schnüffeln an einmal getragenen Damenbinden ein Zervixkarzinom erkennen.

Die Sensitivität ist offenbar weitaus höher als beim Pap-Test, die Spezifität besser als bei einer HPV-Untersuchung. Das "Hundescreening" könnte folglich eine Option für Entwicklungsländer mit begrenzten medizinischen Ressourcen sein.

So seien die üblichen Verfahren wie Pap-Test und Kolposkopie in vielen Ländern und Regionen nicht verfügbar, oder es dauere mehrere Wochen, bis die Testresultate vorliegen, berichten Forscher um Dr. Héctor Guerrero-Flores vom Mexikanischen Institut für Soziale Sicherheit in Mexiko-Stadt in der Fachzeitschrift "BMC Cancer".

Drogenfahnder zum Krebsschnüffler umgeschult

Das Team um Guerrero-Flores hat in Zusammenarbeit mit mehreren mexikanischen Kliniken ein weniger aufwendiges alternatives Verfahren gesucht. Letztlich sind sie dabei auf den Hund gekommen.

Sie haben Berichte über den Einsatz von Hunden bei der Krebsdiagnose ausgewertet und sind davon ausgegangen, dass sich Zervixkarzinome besonders gut für den Nachweis per Hundenase eignen sollten, da Proben mit zervikalem und vaginalem Ausfluss über Damenbinden einfach und nichtinvasiv zu erhalten sind.

Um ihre Hypothese zu prüfen, engagierten sie einen drei Jahre alten männlichen Beagle, der bereits als Drogenfahnder eine gute Nase bewiesen hatte, aber – wie die Forscher betonen – noch keine Erfahrungen in einem akademischen oder medizinischen Umfeld sammeln konnte. Der Hund ließ sich jedoch problemlos für die längere Ausbildung zum Krebsschnüffler begeistern.

Während des Trainings wurden ihm zunächst frische Biopsieproben von Zervixkarzinomen als Referenz vorgesetzt. Es dauerte etwa vier Monate, bis er diese zweifelsfrei erkennen konnte. Dazu wurden die Proben in gleich aussehende kleine Boxen mit einer kleinen Öffnung gelegt.

Als Kontrollen dienten Kolposkopie-Proben von Frauen ohne Befund. Glaubte der Hund, die Box mit der Karzinomprobe erkannt zu haben, lief er darauf zu und blieb davor sitzen. Lag er richtig, gab es natürlich eine Belohnung.

Als die Forscher mit der Trefferquote zufrieden waren, verwendeten sie Zervixabstriche von gesunden Frauen und solchen mit Zervixkarzinomen. Auch hier hatte der Rüde irgendwann keine Probleme, die Proben der Erkrankten herauszufinden.

Anschließend verdünnten sie die Abstriche immer weiter und gingen letztlich zu speziellen parfümfreien medizinischen Binden über, die über Nacht von Frauen getragen wurden. Nach dem Beschnüffeln von 270 Binden – 100 davon stammten von Krebspatientinnen – klappte auch das.

Nase besser als Gaschromatografie

Schließlich begann das eigentliche Experiment. Das Team um Guerrero-Flores setzte dem Beagle knapp 900 Zervixabstriche und 500 Damenbinden vor die Nase. Jede Probe stammte von einer anderen Frau, bei etwa 150 von ihnen konnten die Forscher per Kolposkopie einen Tumor nachweisen, bei den übrigen war ein Zervixkarzinom ausgeschlossen worden.

Wie sich zeigte, gelang es dem Rüden, 92,8% der positiven Abstriche und 96,4% der Binden von Erkrankten richtig zu erkennen (Sensitivität). Gleichzeitig schlug er bei 99,1% der negativen Abstriche und 99,6% der Binden von Gesunden nicht an (Spezifität).

Ein falscher Alarm war folglich äußerst selten. Bezogen auf die Prävalenz von Zervixkarzinomen in Mexiko (13,1/100.000) ergeben sich daraus positiv prädiktive Werte von 94,0% für Abstriche und von 97,0% für Binden sowie negativ prädiktive Werte von jeweils 98,9 und 99,5%.

Die Sensitivität liegt danach über der des Pap-Tests (50–70%), die Spezifität ist höher als bei einer HPV-Untersuchung (rund 60%).

Die Forscher um Guerrero-Flores haben einige der Binden auch gaschromatographisch und massenspektrometrisch auf volatile Substanzen hin untersucht. Dabei fanden sie durchaus einige Unterschiede. So setzen die Binden von krebskranken Frauen vermehrt Dibutylphthalat frei, die von Gesunden einige andere aromatische Verbindungen.

Die Wissenschaftler bezweifeln jedoch, dass sich damit die Differenzen vollständig erklären lassen. Sie gehen davon aus, dass Hundenasen noch immer um Größenordnungen empfindlicher sind als die besten Messinstrumente.

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