Frauen über 65

Gefäßkrankheiten schüren Depression

Fast jede fünfte Frau im Alter über 65 ist in einer US-Studie binnen 20 Jahren an einer Depression erkrankt. Betroffene hatten oft weitere Krankheiten und lebten zudem meist ungesund.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Werden alte Frauen gegen Depressionen nicht bei den ersten Zeichen frühzeitig behandelt, dann haben sie eine schlechte Prognose.

Werden alte Frauen gegen Depressionen nicht bei den ersten Zeichen frühzeitig behandelt, dann haben sie eine schlechte Prognose.

© Alexey Klementiev / photos.com

SAN FRANCISCO. Bisher gibt es kaum Untersuchungen zum Verlauf depressiver Symptome bei Frauen im hohen Alter.

Den Verlauf der Erkrankungen in dieser Bevölkerungsgruppe haben jetzt erstmals US-Psychiater und Neurologen systematisch erfasst.

Wissenschaftler um die Epidemiologin Dr. Amy L. Byers von der Universität von Kalifornien in San Francisco wählten für ihre Analyse fast 7300 Frauen einer laufenden prospektiven Kohortenstudie (1988 bis 2009) aus (Arch Gen Psychiatry. 2012; 69: 1073).

Fast jede fünfte Frau mit Symptomen

Depressionsrisiko alter Frauen nach der US-Studie

16-fach erhöht bei Bewegungs-Einschränkungen

8-fach erhöht bei Rauchen

7-fach erhöht bei Einsamkeit

2,5- bis 3-fach erhöht bei Diabetes, Adipositas oder Herzinfarkt

Die Teilnehmerinnen waren mindestens 65 und höchstens 95 Jahre alt. Mithilfe der Geriatrischen Depressionsskala (GDS; Kurzform mit nur 15 Items) wurden sie psychometrisch beurteilt, und zwar nach 2, 6, 10, 16 und 20 Jahren.

Ein Score von mindestens 6 galt als Hinweis auf eine Depression. Je nach Schweregrad der Symptomatik konnten die Wissenschaftler die Patienten vier Gruppen zuordnen.

Die beiden Gruppen mit der schwersten Symptomatik hatten im Verlauf der Studie zunehmend depressive Symptome oder sogar anhaltend schwere Symptome. Diese beiden Gruppen machten zusammen 18,2 Prozent aller Studienteilnehmerinnen aus, 3,4 Prozent befanden sich in der Gruppe mit den stärksten Symptomen.

Die Wahrscheinlichkeit, im Verlauf von 20 Jahren in einer dieser beiden Gruppen zu landen, war je nach Einflussfaktor unterschiedlich hoch.

In der statistischen Auswertung berücksichtigt wurden Rauchen zu Studienbeginn, Bewegungsmangel, wenig soziale Kontakte, körperliche Einschränkungen, Herzinfarkt sowie Diabetes und Adipositas.

Das höchste Risiko für eine anhaltend schwere depressive Symptomatik hatten mit einer Odds Ratio (OR) von 16,43 jene Frauen, die körperlich beeinträchtigt waren, gefolgt von Frauen, die rauchten (OR = 7,97), die nur ein kleines soziales Netz (OR = 6,75), Diabetes (OR = 3,03), Adipositas (OR = 2,90) oder einen Herzinfarkt (OR = 2,41) hatten.

Die Studie bestätige, dass sich auch bei alten Frauen die Symptomatik deutlich verschlechtere, wenn nicht frühzeitig bei den ersten Zeichen für eine depressive Erkrankung gegengesteuert werde, so die Wissenschaftler. Dazu gehöre, die negativen Einflussfaktoren, soweit es geht, zu beseitigen.

Gefäßkranke besonders betroffen

Nach Ansicht von Byers und ihren Kollegen stützen die Studiendaten die Evidenz im Zusammenhang mit der "Vascular-Depression-Hypothese", nach der Gefäßerkrankungen und entsprechende Risikofaktoren die Schwere der Depression sowie die Chronifizierung bis ins hohe Alter begünstigen.

Weil bei Frauen nach der Menopause das Risiko für Gefäßerkrankungen erhöht ist, könnte bei ihnen die Wahrscheinlichkeit für Depressionen im hohen Alter vergrößert sein oder sich eine bereits vorhandene prämenopausale Depression nach Einsetzen der Gefäßerkrankung verschlimmern.

Die Wissenschaftler betonen, dass sich ihre Ergebnisse nicht verallgemeinern ließen. Unklar sei deshalb, wie das Ergebnis gewesen wäre, wenn die Frauen etwa weniger Erkrankungen gehabt hätten.

Zudem können Byers und ihre Kollegen keine Angaben über Depressionen in der Anamnese machen und deshalb nicht sagen, ob die Ergebnisse der psychometrischen Beurteilungen in der Studie Folgen von depressiven Phasen noch vor Studienbeginn waren.

Quelle: www.springermedizin.de

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Gebrechlich zur Depression

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Baby Blues

Postpartale Depression: Sport hilft, aber erst ab moderater Intensität

Mikrobiom

Enges Wechselspiel von Psyche und Darm

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!

Lesetipps
Im Vordergrund Savanne und eine Giraffe, im Hintergrund der Kilimandscharo.

© espiegle / stock.adobe.com

Erhöhtes Thromboserisiko

Fallbericht: Lungenembolie bei einem Hobby-Bergsteiger