Schulungsprogramm GeDiMuK
Schwangerschaft mit Diabetes will gelernt sein
Gestationsdiabetes einfach erklären, für Diabetesberater und Patientinnen: Das war die Intention eines Arztes aus Baden-Württemberg. Mit viel Engagement ist ihm ein bundesweit erfolgreiches Schulungsprogramm gelungen.
Veröffentlicht:Erdmannhausen. Deutschland, das Land der Dichter und Denker, der Entwickler und Ideengeber? Ein Land, in dem auch aus Steinen, die im Weg liegen, Großes entstehen kann? Ganz so einfach ist es nicht, wie Dr. Joachim Kieferle, Facharzt für Allgemeinmedizin und Diabetologie, erfahren durfte.
Der Arzt aus Erdmannhausen, einer kleinen Gemeinde im Landkreis Ludwigsburg in Baden-Württemberg, weiß, wovon er spricht. Kieferle hat es 2010 geschafft, mit einem selbst entwickelten Schulungsprogramm für Frauen mit Gestationsdiabetes (GDM) an den Markt zu gehen, das sich mittlerweile bei Diabetesberatern etabliert hat: GeDiMuK – ein Akronym für Gestations-Diabetesschulung für Mutter und Kind. Mit dem Programm zählte Kieferle auch zu den Top-10-Bewerbern um den Erfolgs-Rezept Praxis-Preis 2018, der von Apontis Pharma und Springer Medizin/Ärzte Zeitung seit 2011 jährlich ausgelobt wird.
GDM verständlich erklärt
Bis zur Etablierung von GeDiMuK musste Kieferle, alleiniger Autor des Schulungsprogramms, viel Zeit, Arbeit und Mühe investieren. „In Deutschland wird es Leuten wie mir nicht leicht gemacht, innovative Programme zu entwickeln und zertifizieren zu lassen“, kritisiert der Arzt im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“. „Leute wie mir“ meint in diesem Fall Einzelpersonen, die, in welchem Bereich auch immer, Versorgungslücken erkennen und diese mit ihren Ideen schließen wollen – auf eigenes Risiko, ohne viel Erfahrung, ohne großes Unternehmen im Rücken.
Die Idee für ein Schulungsprogramm für Gestationsdiabetikerinnen kam Kieferle 2006 – seine tägliche Arbeit führte ihm diese Versorgungslücke immer wieder vor Augen. Die Diabetologische Schwerpunktpraxis im Reichenbachweg in Erdmannhausen zählt nach Angaben Kieferles zu einer der größeren in der Region. Rund 500 Patientinnen mit Gestationsdiabetes behandelt der Arzt hier jährlich, das Einzugsgebiet ist enorm. Etwa 60 Gynäkologen weisen ihm Patientinnen mit diagnostizierter GDM zu, bei anderen Patientinnen stellt Kieferle selbst die Erstdiagnose.
GeDiMuK unterstützt Beraterinnen
Für Frauen mit GDM habe es bis zu GeDiMuK weltweit kein angemessenes Schulungsprogramm gegeben. Wichtig war dem Diabetologen, dass GeDiMuK leicht verständlich ist, damit auch Frauen mit schwachem Bildungshintergrund oder geringen Sprachkenntnissen Zugang zu der wichtigen GDM-Thematik bekommen. Auf dem Deutschen Diabetes Kongress stellte Kieferle erstmals das Konzept für GeDiMuK vor. Vor rund 40 Kollegen warb er um Unterstützung für sein Programm, das seinerzeit „weltweit einmalig“ war.
Zwei Kollegen sagten zunächst ihre Mitarbeit zu, wie sich Kieferle erinnert. „Im letzten Moment sind jedoch beide wieder abgesprungen. „Die vorherrschende Meinung seinerzeit war, dass es keine Diabetes-Schulungsprogramme braucht“, erinnert sich Kieferle zurück. So stand der Arzt wieder allein auf weiter Flur, seine Idee aber sollte darunter nicht leiden. 2010 schließlich wurde die Erstauflage von GeDiMuK veröffentlicht, bei dessen Ausarbeitung dem Autor seine Frau und in seiner Diabetologischen Schwerpunktpraxis arbeitende Beraterinnen unterstützen.
Inzwischen gibt es aufgrund der hohen Nachfragen bereits vier Auflagen des Schulungsprogramms, die basierend auf dem Feedback mit dem Programm arbeitender Diabetesberaterinnen ständig aktualisiert werden.
Die fünfte Auflage wird laut Kieferle 2020 erscheinen. Interessierte Praxen können das GeDiMuK-Paket, bestehend aus einer Powerpoint-Präsentation, PDF und einem Schulungsordner mit Patientenhandout, über die Website erwerben. Mit dazu gehört außerdem eine Schulung für Diabetesberaterinnen, die Kieferle persönlich leitet. Etwa fünf bis zehn solcher Schulungen bietet er über das Jahr verteilt wochenends an.
Verschiedene Themenkomplexe
In den Schulungen geht es zunächst um die Aufklärung über GDM, und was die Erkrankung für Mutter und Kind bedeutet. Weitere Themenblöcke beschäftigen sich mit der Blutzucker-Selbstkontrolle, Insulinabgabe als Ergänzung und die Zeit während und nach der Geburt. Abbildungen und Grafiken erklären wichtige Inhalte einfach und einprägsam.
Nach Auskunft Kieferles gibt es derzeit bereits über 2500 GeDiMuK-Anwender. Damit zähle das Schulungsprogramm zu einem der am meisten verbreiteten Programme im deutschsprachigen Raum. Die Konzeption einer GeDiMuK-App hat Kieferle wieder eingestellt. „Das ist für einen alleine zu teuer und zu umständlich“, so der Diabetologe. Für GDM-Patientinnen hat sich Kieferles Durchsetzungswille am Ende auf jeden Fall gelohnt.
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