Hausärztetag in Halberstadt
Erfindung aus dem Osten: Im „Geburtsland“ Sachsen-Anhalt ist die HZV ein Erfolg
Von Sachsen-Anhalt aus hat die Hausarztzentrierte Versorgung ihren Weg in die Praxen gefunden. Auf dem 32. Hausärztetag erinnert der Landes-Berufsverband an die Erfolgsgeschichte aus dem Osten.
Veröffentlicht:Halberstadt. 20 Jahre Hausarztzentrierte Versorgung (HZV) in Sachsen-Anhalt: Das Erfolgsmodell war folgerichtig Thema beim 32. Hausärztetag des Berufsverbandes.
Von rund 2,2 Millionen Sachsen-Anhaltern nehmen heute mehr als 800.000 an der HZV teil, 95 Prozent der Hausärzte sind eingeschrieben. Das Programm war eine Erfindung aus Sachsen-Anhalt für Sachsen-Anhalt, erinnerte Uwe Deh. Der Vorstandsvorsitzende der IKK gesund plus, damals noch in AOK-Verantwortung, ergänzte: „Heute ist es die richtige Antwort auf die Fragen nach guter medizinischer Betreuung und Steuerung im Gesundheitsdschungel.“
Skepsis begleitete das Programm am Anfang
AOK und IKK gesund plus auf der einen sowie KV Sachsen-Anhalt und Hausärzteverband auf der anderen Seite hatten 2004 mit der Etablierung der HZV absolutes Neuland betreten. Politischer Rückenwind – Fehlanzeige. „Wir wurden belächelt und von anderen beargwöhnt.“ Auch später wollte kaum jemand zugeben, dass die bundesweite Erfolgsgeschichte der HZV im Osten begonnen hatte. „Vielleicht sollten wir öfter und lauter daran erinnern.“
Bis heute und gegen erhebliche Widerstände ist die KV Vertragspartner innerhalb der HZV. „Die Hausärzte nutzen für Organisation und Abrechnung die sinnvollen KV-Strukturen anstatt ein zweites System zu bemühen“, so Dr. Burkhard John, Hausarzt und damals KV-Vorstand. Dem Programm schlossen sich bald andere Kassen an, es wurde immer weiter entwickelt.
CRP-Test hilft gegen Resistenzen
So wurde die HZV 2018 um den CRP-Schnelltest zur Feststellung einer durch Bakterien verursachten Erkrankung ergänzt. Allein 2022 konnte so bei knapp 70 Prozent der getesteten Patienten auf eine Antibiotikagabe verzichtet werden. Aus Sicht der Partner ein Erfolg im Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen.
Aber auch andere Zahlen sprechen für sich: 25 Prozent der HZV-Teilnehmer sind in DMP eingeschrieben, bei Nicht-HZV-Teilnehmern sind es nur 12 Prozent. Nahezu doppelt so hoch sei auch die Zahl der HZV-Teilnehmer über 35 Jahre, die einen Check-up erhalten.
HZV-Praxen haben viele qualifizierte MFA
Burkhard John verwiesen in diesem Zusammenhang auf die VERAH innerhalb der Hausarztpraxen. Auch auf dieses Pferd hatte Sachsen-Anhalt schon frühzeitig gesetzt. Heute kommen im Bundesland zwischen Arendsee und Zeitz auf 100.000 Versicherte 55 VERAH, bundesweit sind es 23. Gab es 2014 432 qualifizierte Medizinische Fachangestellte, die arztentlastende Aufgaben übernehmen können, sind es heute mit 851 nahezu doppelt so viele.
Gerade in Zeiten schwindender Ressourcen garantiere die Teilnahme am Programm eine qualitativ hochwertige hausärztliche Versorgung, hieß es auf dem Hausärztetag. Wohl auch deshalb setzt die IKK gesund plus seit einiger Zeit zusätzlich auf eine kinderarztzentrierte Versorgung. „Wir möchten, dass bereits Kinder und Jugendliche erfahren, dass eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Bindung gut für sie ist“, so Uwe Deh.
Angesichts der politischen Großwetterlage klagte Verbandsvize Holger Fischer: „Uns ist es unverständlich, weshalb ein generelles Primärarztsystem mit der Hausarztpraxis im Zentrum in Deutschland politisch so schwierig zu etablieren ist. Bekanntermaßen ist allerdings der Noch-Gesundheitsminister Karl Lauterbach nicht nur auf diesem ambulanten Auge blind.“ (zie)