Die spinnen, die Deutschen

Forscher müssen Studie wegen Asterix umbenennen

Bundesweit sollen in einer Großstudie 200.000 Menschen untersucht werden. Doch die Mitarbeiter in den bundesweiten Studienzentren kämpfen mit ungeahnten Problemen: Die Menschen denken bei dem Namen an Asterix und wollen nicht teilnehmen.

Von Ralf Krüger Veröffentlicht:
Unbeabsichtigte Verwechslung: Potentielle Teilnehmer einer Gesundheitsstudie brachten den Studiennamen mit Asterix-Comics in Verbindung.

Unbeabsichtigte Verwechslung: Potentielle Teilnehmer einer Gesundheitsstudie brachten den Studiennamen mit Asterix-Comics in Verbindung.

© Soeren Stache

HANNOVER. In der Wirtschaft entscheidet der richtige Unternehmensname über Erfolg oder Misserfolg. Nicht viel anders kann es sich auch bei Forschungsprojekten verhalten, wie die Organisatoren von Deutschlands größter Gesundheitsstudie gerade erfahren mussten. Sie sind darauf angewiesen, dass sich potenzielle Probanden melden und mitmachen wollen.

"Wir haben nach den negativen Reaktionen auf unseren Namen Anfang des Jahres die Gesundheitsstudie offiziell umbenannt", sagt Björn Mergarten. Er organisiert die Pressearbeit für die "Nationale Kohorte", die jetzt "Nako-Gesundheitsstudie" heißt.

Er gibt zu: "Die Wissenschaftler haben gar nicht bedacht, dass man den Begriff Kohorte missverstehen kann."

Assoziation mit Militär und Nationalismus

Die "Nationale Kohorte" sorgte gleich doppelt für Verwirrung. Asterix-Lesern ist eine "Kohorte" als militärische Einheit der Römer bekannt – gemeint ist aber eigentlich eine bestimmte Gruppe von Menschen, die über einen längeren Zeitraum beobachtet wird.

Gleichzeitig führte das "National" im Namen zu Spekulationen über den politischen Hintergrund der Initiative.

Die Organisatoren der bundesweiten Studie hinkten zunächst den geplanten Teilnehmerzahlen hinterher. Bisher kommt die 2014 gestartete Studie bundesweiterst auf 65 000 Probanden. "Durch eine Verzögerung beim Start der Studie werden wir nicht, wie ursprünglich geplant, zum 30. April 2018 alle 200 000 Probanden untersucht haben", gibt Mergarten zu.

Er betont aber: "Unseren aktualisierten Zeitplan halten wir jedoch ein und wir befinden uns mit der jetzigen Probandenzahl in der Prognose".

Ziel der Studie: Herausfinden, was Menschen krank macht

Durch die Gesundheitsstudie sollen neue Erkenntnisse gewonnen werden, was Menschen krank macht und wie sie sich vor Krankheiten schützen können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Volkskrankheiten wie Krebs, Diabetes, Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen, aber auch der Infektionsforschung.

Insgesamt sollen bundesweit 200 000 Menschen im Alter von 20 bis 69 Jahren untersucht werden. Auch ihre Ernährungs- und Lebensweisen sollen einfließen. Die Ergebnisse sollen dann Basis von Programmen der Länder und des Bundes sein. Nach 2018 werden die Probanden noch mindestens fünf Jahre begleitet.

Auch im Nako-Studienzentrum Hannover hat man schlechte Erfahrungen mit dem ursprünglichen Namen gemacht. "Die Leute haben angerufen, Mails geschrieben, waren irritiert", sagt Professor Gérard Krause. Viele scheuten vor einer Teilnahme zurück. Ob nur wegen des Namens, blieb dabei offen.

Auswahl per Zufallsprinzip

Mitmachen kann nur, wer vom regionalen Einwohnermeldeamt per Zufall ausgewählt und mit der Bitte um Teilnahme angeschrieben wurde. "Die größte Schwierigkeit der Studie liegt darin, die Probanden von einer Teilnahme zu überzeugen und die recht hohe Schwellenangst", sagt die Leiterin des Studienzentrums Hannover, Yvonne Kemmling.

Die bundesweite Antwortquote auf die Anschreiben liege bisher bei mageren 10 bis 20 Prozent. Hannover ist einer von 18 Standorten, an denen die Untersuchungen seit 2014 stattfinden.

Seit 2014 ließ sich im modernen Nako-Studienzentrum Hannover mit rund 3600 Teilnehmern gut ein Drittel der geplanten 10 000 niedersächsischen Probanden für die Studie untersuchen.

Sie soll in einer zweiten Förderphase bis 2023 finanziert werden. Die Mediziner hoffen, dass sie danach noch 20 Jahre fortgesetzt wird. Geldgeber der Studie sind Bund, Land und die Helmholtz-Stiftung.

Internationale Zusammenarbeit

Aus den Daten ziehen die Forscher Rückschlüsse auf krankheitsverursachende Faktoren und entwickeln Vorsorgemaßnahmen. International sind sie vernetzt mit den Organisatoren ähnlicher Studien.

Eine Beteiligung ist nur den zufällig Ausgewählten möglich, die vom Einwohnermeldeamt angeschrieben werden. Sie ist freiwillig und vertraulich und kann bei Bedenken jederzeit abgebrochen werden. Die Probanden können bei Interesse die Untersuchung als eine Art Frühwarnsystem nutzen, müssen bei konkreten Hinweisen auf Gesundheitsprobleme aber ihren Arzt aufsuchen.

Keine Probleme sehen die Organisatoren wegen der Ähnlichkeit ihres neuen Studien-Namens mit dem Motto der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika. Es lautete "Ke Nako" - übersetzt: "Es wird Zeit..." (dpa)

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Kommentare
Uwe Knop 02.08.201611:57 Uhr

Japanischer Vorname: NAKO


NAKO ? Jetzt denken die Leute, das wäre nur was für Japaner oder Sushi-Esser.

Thomas Georg Schätzler 02.08.201609:42 Uhr

Namenspleiten!?

Musterbeispiel für eine völlig verunglückte Namensgebung war die japanische Mitsubishi Motors Corp. Ihr Pajero als Geländewagen sollte 1983 weltweit vertrieben werden. Der Name war von Leopardus pajeros entlehnt, der in unwegsamen Gebirgszügen Südamerikas lebt.

Die japanische Mitsubishi-Geschäftsführung konnte sich jahrelang nicht erklären, warum in nahezu allen spanischsprachigen Ländern der Pajero kaum verkauft werden konnte. Denn Pajero bedeutet in der spanischen Vulgärsprache „Wichser“. Als ich noch häufiger jedes Jahr auf den Kanarischen Inseln Urlaub machte, grinsten die Einheimischen immer bedeutungsvoll, wenn ein deutscher Zuwanderer stolz den Pajero vor seiner neu erworbene Finca parkte.

Mitsubishi gab ihrem Geländewagen schließlich den Namen Montero, und die Verkaufszahlen stiegen endlich an. Im GB heißt das Modell übrigens "Shogun".

Mangelnde sprachliche und semantische Sensibilität bzw. Uneinsichtigkeit kann man auch dem von der Bundesregierung ernannten "Unabhängigen Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig" unterstellen: Das Motto seiner Kampagne gegen Missbrauch lautet nach wie vor: "Kein Raum für Missbrauch".

Was soll das vom Missbrauch Betroffenen sagen, die hilfesuchend Beratungseinrichtungen aufsuchen wollen? Und deren Eingangstüren Plakate mit dem Motto "Kein Raum für Missbrauch" zieren? Dort müsste es doch eher heißen: "Kein Raum den Tätern"!

Öffentlichkeit, Betroffene, Eltern und Fachkräfte in Kliniken, Kitas, Schulen oder Vereinen wollte der „Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ sensibilisieren, um damit den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt verbessern.
www.kein-raum-fuer-missbrauch.de

Doch mit dem kontraproduktiven Motto "Kein Raum für Missbrauch" wurden die Beratungseinrichtungen plakatiert. Bis heute wundert man sich über die extrem geringe Inanspruchnahme, weil Klienten und Patienten dadurch eher abgeschreckt werden. Viele regionale Initiativen, unter anderem der Verband der Kinder- und Jugendärzte, gehen deshalb wegen dieser Namenspleite eigene Wege.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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