Hauptperson fehlt
Datennutzung: Patientenperspektive kommt oft zu kurz
Beim Thema Gesundheitsdatenräume und Forschungsplattformen sind Patienten oft unterrepräsentiert. Auch der digitalen Forschung zu Gesundheitsdaten mangelt es oft (noch) am Patientenblickwinkel.
Veröffentlicht:Was fehlt Ihnen bei den Diskussionen um Forschungsdatenräume im Gesundheitswesen aus Patientensicht? Bei dieser Frage muss Birgit Bauer, Projektmanagerin bei Data Saves Lives und selbst Multiple Sklerose Patientin, nicht lange nachdenken: „Wir würden gerne mehr mitreden. Wir wollen verstehen, warum welche Entscheidungen wie getroffen werden. Dazu braucht es ein Mitbestimmungsrecht und Einbindung in die entsprechenden Gremien.“
Der Aufbau eines Forschungsdatenraums für Gesundheitsdaten ist auf europäischer Ebene derzeit im Zusammenhang mit dem Entwurf der EU-Kommission für einen europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) Thema. In Deutschland läuft auf nationaler Ebene eine überlappende Diskussion im Hinblick auf ein noch in dieser Legislatur geplantes Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG). Beides seien sehr gute Initiativen, für die es höchste Zeit sei, so Bauer. Allerdings mangele es dabei nicht nur an Patienteneinbindung, sondern auch stark an Verständlichkeit: „Wir brauchen mehr Informationen, damit die Menschen verstehen, warum das wichtig ist und warum das grundsätzlich nichts Böses ist.“
Zu wenig Patientenperspektive in der Kommunikation – das ist das eine. Aber auch in der Forschung selbst komme die Patientensicht oft noch zu kurz, sagte Prof. Dr. Matthias Rose von der Charité Berlin. Rose, der lange Jahre im Bereich Patient Reported Outcome Measures (PRO oder PROM) geforscht hat, ist an der Charité u.a. zuständig für das Projekt Health Outcomes Observatory oder „H2O“.
Im europäischen H2O Projekt, gefördert zur Hälfte öffentlich und zur Hälfte von der pharmazeutischen Industrie, arbeitet Rose mit anderen Wissenschaftlern an einer Standardisierung der PRO-Messungen, damit diese in der klinischen Forschung besser genutzt werden können. Es soll zum Beispiel einfacher werden, digitale Dokumentations-Tools einzusetzen oder überhaupt erst einmal zu konzipieren. Solche Tools stellen die von Patienten im Rahmen klinischer Studien oder Register erfassten Daten, zum Beispiel Lebensqualitätsdaten, digital zur Verfügung und machen sie damit für die Forschung zugänglich.
Ziel des H2O-Projekts ist es, eine Art modulares System zu etablieren, das es den Leitern klinischer Studien ermöglicht, die jeweils sinnvollen Instrumente auszuwählen – im Wissen, dass die erhobenen Daten dann auch mit anderswo erhobenen PRO interoperabel und ggf. gemeinsam auswertbar sind. Aktuell werden dazu unter anderem die Indikationen Lungenkrebs, Mammakarzinom, Diabetes mellitus Typ 1 und 2, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa bearbeitet. Weitere sollen folgen.