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Interview mit Prof. Dr. Bernhard Schwaab

„Die Adhärenz schlägt alles, wenn wir Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen behandeln.“

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Frage : Was sind Ihre wichtigsten Botschaften an Kollegen und Kolleginnen, die Angst haben, das Single Pill-Konzept umzusetzen?

Interview mit Prof. Dr. Bernhard Schwaab

© DGPR

Schwaab: Die wichtigste Botschaft ist, dass der Patient seine Medikamente nimmt. Meine Standardaussage dazu ist immer: Die Adhärenz schlägt alles, wenn wir Patientinnen und Patienten chronisch behandeln. Es ist ja in der Regel eine lebenslange Therapie und dann ist das Allesentscheidende, dass der Patient die Medikation zuverlässig eingenommen hat. Das ist mit einer Single Pill, also mehreren Wirkstoffe in einer Tablette, in allen Studien besser gelungen.

Frage: Sie haben im Symposium beim DGK-Kongress 2023 ausgeführt, dass die Sorgen in Bezug auf Budget und Regress leicht auszuräumen sind. Könnten sie das grad noch einmal auf den Punkt bringen?

Schwaab: Ich kann die Angst vor einer Prüfung durch die Kostenträger bzw. vor einem Regress gut verstehen. Auf der anderen Seite muss man sagen, dass es Möglichkeiten gibt, in der Akte des Patienten zu kodieren, dass die Adhärenz problematisch ist. Dafür gibt es spezielle ICD-Ziffern. Ist dokumentiert, dass die Adhärenz des Patienten ein Problem darstellt, rechtfertigt das die Verschreibung von Kombinationspräparaten. Zudem werden in die Arzneimittelkataloge zunehmend Kombinationspräparate aufgenommen. Das A und O ist, dass man die Therapie begründen und im Zweifel bei einer Prüfung belegen kann, warum der Patient ein Kombinationspräparat braucht.

Frage: Die Compliance scheint in der Klinik ein geringeres Problem zu sein bzw. verstärkt im häuslichen Umfeld nach abgeschlossener Einstellung auf die Therapie aufzutreten. Was können Sie bzw. Kliniker, die Patientinnen und Patienten wieder in den niedergelassenen Bereich entlassen, tun, um den Compliance- und Prognosevorteil einer Single-Pill-Therapie im Anschluss an den Klinikaufenthalt sicherzustellen?

Schwaab: Wir müssen sowohl in der Primär-, als auch der Sekundärprävention dafür Sorge tragen, dass die Patienten ihre Medikamente nehmen. Dabei ist ein Punkt, die Zahl der Tabletten zu reduzieren. Der zweite Punkt ist, dass wir uns die Zeit nehmen, den Patienten zu erklären, wofür, warum oder wogegen die Medikamente eingenommen werden müssen. Das kostet Zeit, und die ist in unserem Beruf knapp. Zeit wird bescheiden oder gar nicht vergütet. Daher wäre in meinen Augen ein Ansatzpunkt, dies endlich in unseren Vergütungsverordnungen angemessen zu berücksichtigen.

Frage: Was muss noch passieren?

Schwaab: Wenn in Studien, wie der im Symposium vorgestellten START-Studie, die auf Krankenkassendaten beruht, nachgewiesen wird, dass durch die Verwendung von Single-Pill-Präparaten im Gesundheitssystem Geld gespart wird, dann sollten spätestens jetzt die Kostenträger und alle, die an der Vergütung beteiligt sind, aufwachen und sehen: Wir investieren zunächst vielleicht ein paar Cent mehr in ein wenig teurere Kombinationspräparate. Am Ende sparen wir aber sehr viel mehr Geld, weil wir schwere Erkrankungen und dadurch stationäre Behandlungstage vermeiden. Auf der Seite der Patienten – die immer noch das höchste Gut sein sollten – reduzieren wir schwere Komplikationen wie Herzinfarkte, Schlaganfälle und die Mortalität. Also, gewinnen eigentlich alle! Da wird es in meinen Augen einen Umdenkprozess geben. Wir würden uns wünschen, es ginge schneller, aber das System ist träge. Aber der Weg geht in die richtige Richtung. Davon bin ich fest überzeugt. Auch bei den Kostenträgern.

Quelle: Das Interview wurde geführt bei der 89. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK) vom 12. - 15. April 2023 in Mannheim.
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