IQTIG

Kliniken und Krankenkassen als Schrittmacher für Qualität

Mit dem IQTIG wird die Qualitätssicherung in den Kliniken nicht neu erfunden. Treiber für innovative Messverfahren sind vielmehr die Kliniken selbst - sowie die Kassen. Und das soll auch in Zukunft so bleiben, wie sich auf dem QMR-Kongress in Potsdam zeigte.

Von Peter Willenborg Veröffentlicht:

POTSDAM. Das neue Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) kann aus Sicht der Politik bei der Entwicklung von Verfahren zur Messung und Darstellung von Behandlungsqualität im Krankenhaus auf den Vorarbeiten des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) und der Initiative Qualitätsmedizin (IQM) aufbauen.

"Das Institut muss nicht bei Null anfangen, es kann aus den Erfahrungen von WIdO und IQM wichtige Erkenntnisse für die Nutzung von Routinedaten ziehen", sagte Annette Widmann-Mauz, Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, beim 4. Kongress zur Qualitätsmessung und zum Qualitätsmanagement mit Routinedaten (QMR-Kongress) in Potsdam.

Die bereits entwickelten Indikatoren und Verfahren zur Nutzung von Routinedaten hätten "Schrittmacherfunktion", müssten aber durch weitere Informationen wie zum Beispiel Patientenbefragungen ergänzt werden.

Der schnelle Draht zu Experten

In Potsdam stellte der AOK-Bundesverband gemeinsam mit der Initiative Qualitätsmedizin und der Technischen Universität Berlin Verfahren zur Verbesserung der Behandlungsqualität im Krankenhaus vor, die bereits erfolgreich im Einsatz sind.

"Der QMR-Kongress zeigt, dass Kliniken und Krankenkassen in den vergangenen Jahren innovative Instrumente zur Messung und wirksame Verfahren zur Verbesserung der Qualität in Kliniken entwickelt haben", sagte Francesco De Meo, Präsident der Initiative Qualitätsmedizin (IQM) und Vorsitzender der Geschäftsführung bei den Helios-Kliniken.

So verbinden Peer-Review-Verfahren die Qualitätsmessung auf Basis von Routinedaten mit der praktischen Erfahrung der behandelnden Ärzte und der Expertise unabhängiger Experten. "Mit diesen Verfahren lässt sich die Qualität der Behandlung im Krankenhaus nachweislich verbessern", betonte De Meo.

Uwe Deh, Geschäftsführender Vorstand des AOK-Bundesverbandes, sprach sich dafür aus, bei Maßnahmen zur Qualitätssicherung weiter auf den Ideenaustausch und Innovationen aus der Praxis zu setzen.

"Vor der Vorstellung, eine Art `Zentraleinheit Qualitätsmessung´ könnte alle anderen Aktivitäten komplett ersetzen, kann ich nur warnen.", so Deh. "Auch in Zukunft muss es möglich sein, dass Kliniken und Krankenkassen solche Innovationen entwickeln und vorantreiben.".

In diesem Sinne äußerte sich auch der Leiter des neuen Qualitätsinstituts, Christoph Veit: Er stellte auf dem QMR-Kongress klar, dass es auch in Zukunft eine "vielfältige Qualitäts-Berichterstattung" geben müsse. Das IQTIG erhebe "keinen Alleinanspruch".

Langzeit-Betrachtung wird möglich

Besonders im Fokus stand auf dem Kongress das Verfahren zur "Qualitätssicherung mit Routinedaten" (QSR) des Wissenschaftlichen Instituts der AOK: "QSR ist ein bislang einzigartiges Verfahren, das auf Basis von Routinedaten eine Langzeit-Betrachtung von Behandlungsergebnissen über den eigentlichen Krankenhausaufenthalt hinaus erlaubt", sagte Deh.

Die AOK stellt den Kliniken die QSR-Ergebnisse in Form von detaillierten Berichten zur Verfügung, die bereits von zahlreichen Kliniken für ihr internes QM genutzt werden. Darüber hinaus werden Qualitätsinformationen für ausgewählte Leistungsbereiche auch im AOK-Krankenhausnavigator veröffentlicht. Hier finden Patienten und einweisende Ärzte Orientierung.

Ein weiteres Thema des Kongresses waren die routinedatenbasierten Qualitätsindikatoren, die schon seit 2008 von den über 350 Mitgliedskliniken der Initiative Qualitätsmedizin genutzt werden.

Die IQM-Kliniken verbinden diese Qualitätsmessung konsequent mit ihrem Qualitätsmanagement. Die sogenannten G-IQI- Indikatoren werden von der IQM zusammen mit der TU Berlin weiterentwickelt.

"Die Krankenhäuser brauchen zeitnah und aufwandsarm messbare Qualitätsindikatoren wie G-IQI sowie auch die Langzeitindikatoren des QSR-Verfahrens, um Schwachstellen erkennen und mithilfe von Peer-Review-Verfahren beseitigen zu können.

Daneben kann nachweisbare Qualität in Zukunft auch Bestandteil des Vergütungssystems der Kliniken werden", sagt der Leiter des Fachgebiets Strukturentwicklung und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen an der TU Berlin, Professor Thomas Mansky.

Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, warnte auf einer Podiumsdiskussion auf dem Kongresses davor, das neue Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen mit Erwartungen zu überfrachten. "Das IQTIG kann nicht alles machen", sagte Stroppe.

Es brauche auch "Ideen und Zuarbeit aus anderen Bereichen".Watsche für Qualitätsmängel?Es sei ein wichtiger Schritt, dass Qualität mit dem Krankenhaus-Strukturgesetz künftig Bestandteil der Krankenhausplanung werden solle, betonte der Staatssekretär.

"Dürfen den Ländern keine bundesweiten Qualitätsstandards vorschreiben"

Ein Land könne zwar beschließen, dass sich seine Kliniken nicht an die bundesweiten Qualitätskriterien halten müssten. "Aber das Land muss dann sehr genau argumentieren", so Stroppe. "Kliniken, die keine gute Qualität erbringen, müssen die Chance haben, sich zu verbessern."

Allerdings müsse sich dauerhaft schlechte Qualität auch auf die Landesplanung auswirken und zur Schließung der entsprechenden Abteilungen führen können.

Auf die Frage, warum es in den Verhandlungen von Bund und Ländern nicht gelungen sei, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu erlassenden Qualitätsstandards für die Krankenhausplanung der Länder bundesweit verbindlich vorzuschreiben, verwies Matthias Gruhl, Leiter des Amtes für Gesundheit beim Hamburger Senat, auf die Hoheit der Länder bei der Krankenhausplanung: "Wir dürfen den Ländern gar keine bundesweiten Qualitätsstandards für ihre Planung vorschreiben. Sonst hätten wir die Verfassung ändern müssen."

Jedes Land werde sich aber künftig gut überlegen, ob es wissenschaftlich belegte und methodisch fundierte Qualitätsindikatoren einfach übergehen könne, sagte Gruhl, der an den Verhandlungen von Bund und Ländern beteiligt war.AOK-Vorstand Deh sprach sich dafür aus, dass die Sektorengrenzen bei der Betrachtung der Qualität der medizinischen Versorgung überwunden werden: "Ich habe noch keinen Patienten getroffen, der sich in Sektoren aufteilen ließe."

Große Einigkeit herrschte auf dem Podium in der Einschätzung, dass die ambulante Versorgung künftig stärker in die Qualitätsmessung und Qualitätsberichterstattung einbezogen werden müsse. "Das wird auch ein Megathema für die nächste Legislaturperiode", so die Prognose von Gruhl.

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