Krankenhaus-Report: Auf die Erfahrung kommt es an
Transparenz und Erfahrung: Wenn es um die Sicherheit von Patienten geht, spielen diese beiden Faktoren eine herausragende Rolle. Das ist eine Erkenntnis, die der Krankenhaus-Report 2014 untermauert.
Veröffentlicht:BERLIN. Am Beispiel der Hüftendoprothetik zeigt der diesjährige Krankenhaus-Report unter anderem deutliche Unterschiede bei der Ergebnisqualität in deutschen Krankenhäusern. Basis für die Analyse ist das Verfahren "Qualitätssicherung mit Routinedaten" (QSR) des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
Neben der externen gesetzlichen Qualitätssicherung bietet das QSR-Verfahren eine ergänzende Methode zur Schaffung von mehr Qualitätstransparenz für Patienten und Ärzte, betont Jürgen Klauber, WIdO-Geschäftsführer und Mitherausgeber des Krankenhaus-Reports.
Das QSR-Verfahren, das mit Experten aus Klinik und Wissenschaft kontinuierlich weiterentwickelt wird, setzt auf die Analyse von Langzeitergebnissen. Der ansonsten auf den Krankenhausaufenthalt begrenzte Blick wird substanziell ergänzt und das Krankenhaus erhält Qualitätsinformationen, die es sonst nicht hat.
Der Krankenhaus-Report erläutert das am Beispiel des planbaren Hüftgelenkersatzes bei Arthrose, für den Daten von AOK-Patienten aus den Jahren 2009 bis 2011 ausgewertet wurden. Es stellte sich heraus, dass die Patienten in erheblichem Umfang von Komplikationen betroffen waren.
Bis zu einem Jahr nach dem Eingriff kam es bei 7,4 Prozent der Patienten zu mindestens einem solchen Ereignis. Bei vier Prozent der Patienten wurde eine Revision vorgenommen.
Außerdem zeigten sich deutliche Unterschiede bei der Ergebnisqualität zwischen den einzelnen Kliniken. Für das Viertel der Kliniken mit den niedrigsten Revisionsraten betrug diese maximal 2,6 Prozent. Beim Viertel der Kliniken mit den höchsten Revisionsraten lag sie bei mindestens 5,7 Prozent, also mehr als doppelt so hoch.
Diese Unterschiede blieben auch dann bestehen, wenn die unterschiedliche Fallschwere der einbezogenen Patienten berücksichtigt wurde. Das Zehntel der Kliniken mit dem schlechtesten Ergebnis lag die beobachtete Revisionsrate nach der Risikoadjustierung um mindestens 93 Prozent über dem zu erwartenden Wert.
Viele Operationen - weniger Revisionen
In der Spitzengruppe unterschritt dagegen das Zehntel der besten Kliniken die für das jeweilige Haus erwartete Revisionsrate um mindestens 56 Prozent. Klauber: "Beim Gelenkersatz hängen derartige Qualitätsunterschiede stark damit zusammen, wie häufig eine Operation an einer Klinik durchgeführt wird. Vieles spricht dafür, dass mit steigender Erfahrung und Routine bessere Ergebnisse erzielt werden."
Nach der aktuellen Analyse im Krankenhaus-Report gibt es große Unterschiede darin, wie häufig ein planbarer Hüftgelenkersatz in den einzelnen Häusern vorgenommen wird. Sortiert man die Kliniken nach der Fallzahl und unterteilt sie in fünf gleich große Klassen, so zeigt sich: Während im Fünftel der Häuser mit den wenigsten Eingriffen ein Haus auf maximal 44 Operationen pro Jahr kommt, führt das Fünftel der Krankenhäuser mit den meisten Operationen mindestens 201 Operationen jährlich aus.
Auf Basis einer risikoadjustierten Analyse, die den Fallschweremix der Häuser berücksichtigt, zeigt sich weiter: Das Fünftel der Kliniken mit den wenigsten Eingriffen weist im Vergleich zum Fünftel mit den meisten Behandlungen eine um 37 Prozent höhere Revisionsrate auf.
Vergleicht man entsprechend das zweite und dritte Fünftel mit dem Fünftel mit den meisten Behandlungen, so betragen die Risikoerhöhungen 23 beziehungsweise 17 Prozent. Für planbare Hüftgelenk-Operationen kann der Krankhaus-Report 2014 den Zusammenhang zwischen Menge und Ergebnis also deutlich belegen.
Viele Kliniken nutzen die QSR-Indikatoren bereits, um ihre Behandlungsqualität im Rahmen des klinikinternen QM zu verbessern. Das gilt etwa für die rund 200 deutschen Kliniken der Initiative Qualitätsmedizin (IQM).
"Nur wenn Qualitätsprobleme bekannt sind, können im Klinikbetrieb Initiativen ergriffen werden, um Fehler zu vermeiden", sagt Klauber. Würden Auffälligkeiten wie beispielsweise ein gehäuftes Auftreten von Komplikationen festgestellt, könne das Krankenhaus diesen mit eigenen Analysen nachgehen und im Rahmen des klinikinternen QM gegensteuern.
>Die Patienten stehen im Mittelpunkt
Der Krankenhaus-Report liefert nicht nur Qualitätsdaten zur Behandlung in Kliniken. Er zeigt auch auf, wo Berichtssysteme in Klinik und Praxis ansetzen könnten.
Ob Hygiene, Infektionsvermeidung, Checklisten im OP oder Seitenmarkierungen - mit dem Thema "Patientensicherheit" steht ein vielfältiger Komplex im Mittelpunkt des aktuellen Krankenhaus-Reports.
Der im Schattauer-Verlag erscheinende Report zeigt unter anderem Spielräume für Verbesserungen auf, informiert über Möglichkeiten von Berichts- und Lernsystemen und über Trainingsprogramme für Notfallsituationen ebenso wie über Haftungsfragen und statistische Krankenhausdaten.
Denn Qualitätstransparenz, ein offener Umgang mit Fehlern und eine Krankenhausplanung, die sich am Bedarf der Patienten orientiert, sind entscheidende Voraussetzungen für die Patientensicherheit.
Von "Arzneimitteltherapiesicherheit im Krankenhaus" über "Der Regress von Medizinprodukteschäden" und "Sicherheitskultur und Berichts- und Lernsysteme" bis zu "Fehlermanagement durch Notfallsimulationstraining für geburtshilfliche Teams" lauten die Überschriften für die Beiträge namhafter Autoren.
Sie zeigen darin unter anderem auf, wie Abläufe optimiert werden und was Krankenhausverantwortliche auch aus anderen Branchen lernen können. Zudem informiert der Report darüber, welch wichtigen Beitrag zur Patientensicherheit das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) und das Deutsche Aortenklappenregister leisten können und wie wichtig es ist, dass Patienten und ihre Ärzte die Behandlungsqualität einer Klinik kennen.
Der Krankenhaus-Report wird jährlich vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) gemeinsam mit Max Geraeds von der Universität Witten/Herdecke und Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen herausgegeben. (Taina Ebert-Rall)
Krankenhaus-Report 2014: Klauber/Geraeds/Friedrich/Wasen (Hersg.); ISBN 978-3-7945-2972-8