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WIdO-Studie

Post-COVID: Weniger Betroffene und kürzere Ausfallzeiten

Die Corona-Pandemie hat in den vergangenen Monaten zu erheblichen Personalausfällen geführt. Zwar ist die Zahl der schweren Verläufe deutlich zurückgegangen, Sorge bereiten aber Patienten mit Post-COVID-Symptomen. Sie sind im Schnitt 30 Tage krank geschrieben.

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Patienten mit Post-COVID-Symptomen brauchen oft lange, bis sie ihre alte Leistungsfähigkeit wieder erreichen.

Patienten mit Post-COVID-Symptomen brauchen oft lange, bis sie ihre alte Leistungsfähigkeit wieder erreichen.

© jirsak/ stock.adobe.com

Seit Beginn der Corona-Pandemie sind knapp 30 Prozent aller durchgehend erwerbstätigen AOK-Versicherten mindestens einmal in Zusammenhang mit einer COVID-Erkrankung in ihren Unternehmen ausgefallen. Bis Dezember 2022 wurde bei knapp einem Prozent der Beschäftigten eine Post-COVID-Erkrankung festgestellt. Das geht aus einer aktuellen Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hervor. Der allgemeine Krankenstand erreichte laut der WIdO-Auswertung 2022 einen historischen Höchstwert.

Etwa 2,3 Millionen der insgesamt 7,7 Millionen durchgehend erwerbstätigen AOK-Versicherten wurden zwischen März 2020 und Dezember 2022 im Zusammenhang mit einer COVID-Erkrankung mindestens einmal arbeitsunfähig geschrieben. 71.651 Beschäftigte waren von einer Post-COVID-Erkrankung betroffen. Nach mehreren Auf- und Abwärtsbewegungen erreichten sowohl akute als auch Post-COVID-Erkrankungen im Frühjahr 2022 ihren vorläufigen Höhepunkt.
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Wenige Patienten haben Post-COVID-Symptome, aber die Betroffenen sind oft lange krank

Zur Analyse der Auswirkungen der verschiedenen Virus-Varianten wurden die AU-Daten von Beschäftigten mit einer AU-Meldung aufgrund einer akuten COVID-Erkrankung sieben Monate lang nachbeobachtet. Dabei zeigte sich, dass zwischen September und Dezember 2021, als die sogenannte Delta-Variante dominierte, bei 2,5 Prozent (n = 5.477) der akut Erkrankten eine Post-COVID-Erkrankung folgte. Damit ist deren Anteil doppelt so hoch wie in der Zeit, in der die Omikron-Variante vorherrschte. Hier folgte bei nur 1,1 Prozent (n = 9.171) aller von Akut-COVID-Betroffenen eine Post-COVID-Erkrankung. Auch die durchschnittliche Länge der Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Post-COVID-Erkrankung ist in der Zeit, in der die Deltavariante vorherrschte, mit durchschnittlich 43,2 Tagen deutlich höher als in dem Zeitraum, in dem die Omikron-Variante vorherrschend war (30,9 Tage).

„Im bisherigen Verlauf der Pandemie sind nur vergleichsweise wenige Beschäftigte wegen Post-COVID krankgeschrieben worden. Diese relativ wenigen Betroffenen haben aber lange AU-Zeiten von durchschnittlich 30 Tagen. Es muss gelingen, diesen Beschäftigten wieder den Weg in den betrieblichen Alltag zu ebnen“, kommentiert Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO, die Ergebnisseder Untersuchung. „Eine gute Nachricht ist, dass sowohl die Zahl der Betroffenen als auch die Schwere der Erkrankung, die aus den Ausfalltagen abgeleitet werden kann, im Verlauf der Pandemie nachgelassen haben“, so Schröder.

Zahlreiche Begleiterkrankungen bei Post-COVID

Bei über acht Prozent aller Post-COVID-Erkrankungen wurde auf der AU-Bescheinigung zusätzlich ein akuter Infekt der oberen Atemwege dokumentiert. Weitere, ebenfalls häufig dokumentierte Komorbiditäten sind vor allem Unwohlsein und Ermüdung (4,7 Prozent), Dyspnoe bzw. Kurzatmigkeit (3,4 Prozent), Husten (knapp zwei Prozent), Neurasthenie (1,5 Prozent) und Kopfschmerzen (1,4 Prozent).

Ältere Beschäftigte fielen länger aus

Die Ergebnisse des WIdO zeigen zudem, dass die Arbeitsunfähigkeitsdauer von Beschäftigten, die von COVID-Erkrankungen betroffen sind, mit zunehmendem Alter deutlich steigt. Das gilt sowohl für Akut- als auch für Post-COVID-Erkrankungen. Während unter 30-jährige Beschäftigte im Mittel 7,18 Tage wegen einer akuten und 16,72 Tage aufgrund einer Post-COVID-Erkrankung arbeitsunfähig geschrieben wurden, fielen Berufstätige ab einem Alter von 60 Jahren durchschnittlich 11,77 Tage bzw. 45,12 Tage aus. Über alle Beschäftigtengruppen hinweg wurden bei akuten COVID-Erkrankungen durchschnittlich neun Ausfalltage verzeichnet, bei Post-COVID-Erkrankungen durchschnittlich 30 Tage.

Viele COVID-Erkrankte in Kinderbetreuung

Wie bereits frühere Auswertungen des WIdO zeigt auch die aktuelle Analyse, dass es in Berufen der Kinderbetreuung und -erziehung im bisherigen Verlauf der Pandemie die meisten akuten COVID-Erkrankungen gab (32.240 Erkrankte je 100.000 Beschäftigte). Bei Post-COVID-Erkrankungen liegen diese mit 1.377 Erkrankten je 100.000 Beschäftigte auf dem zweiten Platz hinter den Beschäftigten in der Ergotherapie mit 1.578 Erkrankten je 100.000 Beschäftigte. Besonders viele Arbeitsausfälle wegen akuter COVID-Diagnosen gab es zudem in Berufen der Sozialverwaltung und -versicherung (31.152 Erkrankte je 100.000 Beschäftigte), der pharmazeutisch-technischen Assistenz (30.886 Erkrankte je 100.000 Beschäftigte) und unter Medizinischen Fachangestellten (30.454 Erkrankte je 100.000 Beschäftigte).

„Es fällt auf, dass die Berufsgruppen, die am stärksten von akuten COVID-Erkrankungen betroffen waren, in der Folge nicht unbedingt die meisten Post-COVID-Ausfälle zu verzeichnen hatten“, so Schröder. „Diese Auffälligkeit ist vermutlich durch Unterschiede zwischen den Berufsgruppen hinsichtlich Altersverteilung, Geschlechtsverteilung und Vorerkrankungen zu erklären.“

Höchster allgemeiner Krankenstand seit 1991

Mit 6,7 Prozent hat der allgemeine Krankenstand im Jahr 2022 den höchsten Stand seit Beginn der gesamtdeutschen Analyse von Daten AOK-versicherter Beschäftigter erreicht. Treiber dieser Entwicklung waren vor allem Atemwegserkrankungen: Während im Jahr davor 20,6 Prozent (n = 3.004.264) aller versicherten Beschäftigten aufgrund von Atemwegserkrankungen arbeitsunfähig waren, hat sich diese Quote 2022 mit 41,6 Prozent (n = 6.293.757) verdoppelt.

Hohe Dunkelziffer bei akuten COVID-Erkrankungen

Nur bei knapp der Hälfte aller durchgängig versicherten Personen mit Post-COVID-Diagnose wurde vorab eine akute COVID-Diagnose dokumentiert (n = 38.723). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass bei der anderen Hälfte keine akute COVID-Erkrankung vorlag. Vielmehr ist zu vermuten, dass falsch-negative Testergebnisse, symptomfreie bzw. nicht detektierte akute COVID-Erkrankungen, Akut-COVID-Erkrankungszeiten von bis zu drei Tagen Arbeitsunfähigkeit und unterschiedliche Dokumentationsgewohnheiten bei den Leistungserbringern zu den vorliegenden Zahlen geführt haben. Ebenfalls auffällig ist, dass die Arbeitsunfähigkeitszeiten der Personen, bei denen vor der Post-COVID-Erkrankung eine akute COVID-Erkrankung dokumentiert wurde, mit durchschnittlich sechs Wochen (37,2 Tage) erheblich länger waren als bei denen ohne vorab dokumentierte akute COVID-Erkrankung (21,4 Tage).

Langzeitfolgen von COVID nach wie vor schwer zu beziffern

Die Abbildung der langfristigen Folgen von COVID-bedingten Erkrankungen auf die Arbeitsfähigkeit wird durch die Verteilung des Krankheitsgeschehens auf viele unterschiedliche Abrechnungsdiagnosen erschwert. So spricht man beispielsweise von „Long COVID“, wenn Beschwerden im Zusammenhang mit einer akuten COVID-Erkrankung länger als 28 Tage andauern, ohne dass dies als eigenständige Abrechnungsdiagnose dokumentiert wird. In den vom WIdO analysierten Daten betrifft dies zwei Prozent (n = 77.017) aller von akuten COVID-Erkrankungen Betroffenen.

Eine andere Erschwernis ist die Beobachtung, dass eine akute COVID-Infektion unterschiedliche Folgeerkrankungen auslösen kann. So ist zum Beispiel das „Chronische Fatiguesyndrom/Myalgische Enzephalopathie“ mit 21.399 Betroffenen und 32,4 beruflichen Fehltagen pro Erkrankungsfall zwischen März 2020 und Dezember 2022 in der Auswertung berücksichtigt worden. Hinzu kommen organspezifische Erkrankungen sowie unterschiedliche psychosomatische und psychiatrische Beschwerden, in denen sich COVID-Spätfolgen äußern können. Legt man des Weiteren die Falldefinition der WHO zugrunde, die unter dem Begriff „Post COVID Condition“ die Symptome Luftnot, Fatigue und kognitive Störungen als wesentlich für die Erkrankung nennt, erschwert das eine realistische Abbildung des Erkrankungsgeschehens auf Basis von Routinedaten abermals.

In den Abrechnungsdaten, die dem WIdO vorliegen, kann es zudem zu einer Untererfassung sowohl von akuten Infektionen als auch von Post-COVID-Erkrankungen kommen, da akute COVID-Infektionen auch unspezifisch als Atemwegsinfekte erfasst werden können. Auch Post-COVID-Erkrankungen lassen sich über eine Vielzahl von Symptomen codieren – zum Beispiel Fatigue (G93, F43, F48), Dyspnoe (R06, J96, F45) oder kognitive Störungen (F06, F07). (eb)

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