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Verordnung bei Hypertonie

Single Pills – leitliniengemäß und wirtschaftlich

Die START-Studie zeigt, dass nur ein Drittel aller Patienten, die bei arterieller Hypertonie für eine Single Pill infrage kommen, diese auch erhalten. Das hat auch mit teils irrationalen Ängsten zu tun.

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Ein Arzneimittel mit flexiblen Dosierungen für mehrere Wirkstoffe – die Verordnung von Single Pills ist in der Gesamtbetrachtung wirtschaftlich, hat die START-Studie gezeigt.

Ein Arzneimittel mit flexiblen Dosierungen für mehrere Wirkstoffe – die Verordnung von Single Pills ist in der Gesamtbetrachtung wirtschaftlich, hat die START-Studie gezeigt.

© johannesspreter / stock.adobe.com

Hypertoniepatienten werden im Wesentlichen von niedergelassenen Ärzten versorgt. Die sind bekanntlich angehalten, nicht nur leitliniengemäß, sondern auch wirtschaftlich zu verordnen. Und weil die Wirtschaftlichkeit der Therapie regelmäßig überprüft wird, fühlen sich viele Ärztinnen und Ärzte von den Finanzwächtern des ambulanten Gesundheitswesens, den Körperschaften der Selbstverwaltung, latent bedroht.

„Viele haben das Bild der Steuerfahndung aus dem letzten Tatort im Hinterkopf, auch wenn das nicht der Realität entspricht“, sagte Dr. Georg Lübben von der AAC Praxisberatung beim Round Table.

Nicht zuletzt mit der Abgrenzung der unterschiedlichen Prüfinstrumente täten sich Ärzte oft schwer, so Lübben. Vergleichsweise wenig aufwändige und recht häufige Kontrollen wie die Prüfung einzelner Verordnungen oder die Prüfung auf Einhaltung der Mindestsprechstundenzeit führen in der Konsequenz zu einem diffusen „Bedrohungsgefühl“. Ergebnis: Es wird auch dort Regressgefahr gewittert, wo diese gar nicht besteht.

Dr. Georg Lübben, AAC Praxisberatung

Dr. Georg Lübben, AAC Praxisberatung

© Karl-Hendrik Tittel

Tatsächlich spielten „große“ Wirtschaftlichkeitsprüfungen in der Praxis heute so gut wie keine Rolle mehr, so Lübben. So sei etwa in Nordrhein die Zahl der eingeleiteten Prüfungen auf Richtgrößen und auf Durchschnittswerte im Bereich Arzneimittel zwischen 2011 und 2018 von 125 auf 12 gesunken, und die Zahl der tatsächlichen Regresse sank von acht auf null.

Die Verordnung von Single Pills ist für Lübben ein gutes Beispiel für irrationale Wirtschaftlichkeitsängste. Da Single Pills Generika sind, können sie dazu beitragen, die entsprechenden Rahmenvorgaben der Selbstverwaltung zu erfüllen.

Sie würden aber dennoch von vielen als potenziell „gefährlich“ wahrgenommen, weil sie vom Preis her etwas höher liegen als lose Kombinationen. Völlig zu Unrecht, wie Lübben betonte: „Von wenigen Ausnahmen abgesehen wird der Einsatz von Single Pills in der Hypertonietherapie heute in Deutschland nicht mehr über Wirtschaftlichkeitsziele gesteuert.“

Die Regressangst ist ein Gespenst. Hinter dem Einsatz von Single Pills stehen Leitlinien und Evidenz. Und mit der START- Studie haben wir auch den Beleg, dass Single Pills bei Hypertonie-Patienten der losen Kombination überlegen sind.

Dr. Georg Lübben, Arzt und Vorstand der AAC Praxisberatung

Insgesamt sei deswegen klar zu konstatieren, dass einer leitliniengerechten Therapie von Hypertoniepatienten mit Single Pills in der Regel keinerlei Wirtschaftlichkeitsargumente entgegenstünden: „Die leitliniengerechte Therapie gegen Regressangst ist Aufklärung“, so Lübben.

Ziele für Single Pill in der Hypertonie

  • Wirtschaftlichkeitsziele: In den meisten KVen gibt es keine Quoten oder Limitierungen für Single Pill bei Rabattverträgen bzw. Generikastatus.
  • Ausnahmen: Nur in Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein gibt es noch Wirtschaftlichkeitsziele. In diesen KVen ist die Zielerfüllung aber nicht das alleinige Kriterium für die Wirtschaftlichkeit der Verordnungen. Wer das Kostenziel einhält, für den haben die Wirtschaftlichkeitsziele keine Bedeutung.
  • Mindestquoten für die Verordnung von Single Pills sind bisher noch nicht vereinbart worden.

Johann Fischaleck, ehemals Teamleiter Arzneimittel bei der KV Bayerns, sieht das ähnlich. Eine Steuerung nach Kosten werde zumindest in Bayern schon seit mehreren Jahren nicht mehr praktiziert. Stattdessen gebe es eine Wirkstoffvereinbarung mit Generikaquoten bzw. Leitsubstanzquoten, die mit der Verordnung von Single Pills nicht interferierten. Definitiv käme niemand in der bayerischen KV auf die Idee, einen Arzt zu nötigen, in diesem Kontext aus Kostengründen von einer Single Pill in die Auseinzelung zurückzugehen.

Johann Fischaleck, Fachapotheker

Johann Fischaleck, Fachapotheker

© privat

Im Fall der Single Pills hält Fischaleck das Kostenargument ohnehin für nicht anwendbar. Die START-Studie habe gezeigt, dass de facto in der Gesamtbetrachtung inklusive Behandlungen im Krankenhaus, Arzneimittel, ambulante Behandlung und Heil-/ Hilfsmittel damit Kosten gespart werden könnten.

Hier stelle sich dann die Frage, ob Krankenkassen und KVen nicht stärker aktiv werden sollten, mit dem Ziel, den Anteil der Patienten, die Single Pills erhalten, nicht nur aus Gründen der Leitlinientreue, sondern auch aus ökonomischen Gründen zu erhöhen. Umgesetzt werden könnte dies Fischaleck zufolge beispielsweise über Hausarztverträge oder andere Selektivverträge, die den Einsatz der Single Pills incentivieren. Allerdings müsse dann damit auch ein stärkeres Controlling des Patienten verbunden sein.

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Die START-Studie hat mich fasziniert: Zum ersten Mal eine Studie, die nicht nur gezeigt hat, die Adhärenz ist besser, sondern auch die Outcomes. Und dieser Beleg hat bisher gefehlt.

Johann Fischaleck, Fachapotheker für klinische Pharmazie und langjähriger Referent Vertragspolitik der KV Bayerns

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