Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband

Desinformation und falsche Heilsversprechen

Wie lässt sich Fake News in der Medizin auf die Schliche kommen?

Auf einem Fachkongress zum Thema Fake News in der Medizin diskutierten Experten über falsche Heilsversprechen im Internet. Ein Fazit: Gegen Desinformation schützt vor allem die Gesundheitskompetenz der Bürger.

Von Frank Brunner Veröffentlicht:
Studien belegen, dass rund die Hälfte der Bundesbürgerinnen und -bürger Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen hat.

Studien belegen, dass rund die Hälfte der Bundesbürgerinnen und -bürger Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen hat.

© Daren Woodward / stock.adobe.com

Schlafend jünger werden. Oder zumindest nicht älter. Wer träumt nicht davon? Dass dieses Wunder funktioniert, behaupteten Anzeigen verschiedener Unternehmen. Interessenten müssten nur ein spezielles „Anti-Aging-Kissen“ kaufen, das „gegen Zellalterung“ wirke, so das Versprechen. Das angebliche Geheimnis des Wunderpolsters: Ein mit Vitamin E behandelter Inletstoff, der über Nacht wie ein Jungbrunnen wirke. Belege für die These: Keine.

Von dieser vergleichsweise harmlosen Irreführung berichtete der Gesundheitsjournalist Martin Rücker auf der kürzlich stattgefundenen Fachtagung des AOK-Bundesverbandes zum Thema Desinformation und falsche Heilsversprechen. Mehr als 130 Teilnehmer aus Medien, Verbraucherschutzorganisationen und Selbsthilfeverbänden diskutierten im Januar 2025 über Gesundheitswerbung im Internet.

Profilbilder von echten Ärzten geklaut

Rückert zufolge werden die Methoden immer ausgeklügelter. So entwickelten Firmen mit Sitz im Ausland, also für deutsche oder europäische Behörden nicht erreichbar, suchmaschinenoptimierte Internetseiten, auf denen vermeintlich seriöse Ärzte scheinbar wissenschaftliche Untersuchungen präsentierten. Teilweise habe es sich tatsächlich um anerkannte Mediziner gehandelt, „deren Profilbilder und Lebensläufe einfach geklaut wurden, um in ihrem guten Namen Werbetexte zu verfassen“, so Rückert.

Ein weiteres Phänomen seien sogenannte wissenschaftliche Tagungen, die durchaus fachlich und seriös wirkten. „Die Initiatoren solcher Kongresse sind beispielsweise die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln, die angeblich in der Lage sind, Long Covid zu heilen“, kritisierte Rücker. Eine andere Strategie sei es, Werbung in seriösen Medien zu platzieren und den Anzeigen in diesem Umfeld Glaubwürdigkeit zu verleihen. Vor allem Menschen mit seltenen oder chronischen Erkrankungen und einer langen Leidensgeschichte sind Ziel solcher Kampagnen.

In Deutschland zeigten mehrere Studien, an denen auch die AOK beteiligt war, dass über die Hälfte der Bevölkerung – insbesondere Ältere, chronisch Kranke und Menschen mit niedrigem Bildungsstand – Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen haben, so Ruth Zaunbrecher, Referentin in der Abteilung Prävention des AOK-Bundesverbandes. Studien bewiesen zudem, dass mangelhafte Gesundheitskompetenz nicht nur zu schlechterer Gesundheitsvorsorge, sondern auch zu mehr Krankenhausaufenthalten und längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten sowie zu deutlich verkürzter Lebenserwartung führen kann.

Seriöse Angebote besser promoten

Eine Strategie gegen Fake News sei, die Gesundheitskompetenz der Bürger zu stärken, sagt Stefan Schwartze, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten. Man müsse Menschen in die Lage zu versetzen, seriöse Gesundheitsinformationen selbstständig zu finden, zu verstehen und richtig zu bewerten. „Die Politik kann hier mit gezielten Aufklärungskampagnen und Bildungsangeboten einen Beitrag leisten.“

Ein zweiter Ansatz, so Schwartze, sei es, die seriösen Angebote besser zu promoten oder selbst Angebote zu kreieren. Ein Beispiel dafür sei das Portal gesund.bund.de. Orientierung biete zudem die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD), die künftig unabhängige und neutrale Beratung bieten soll.

Dr. Martin Danner von der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Selbsthilfe forderte: „Von kommerziellen Anbietern kommende Informationen dürfen nicht einfach ohne tiefgehende Überprüfung in Selbsthilfemedien veröffentlicht werden, selbst wenn sie noch so fachlich korrekt erscheinen.“ Danner weiter: „Wenn in einem Beitrag etwa die Wirkung eines neuen Medikamentes völlig korrekt beschrieben wird, kann es trotzdem sein, dass auf eine relevante Nebenwirkung nicht hingewiesen wurde. Dann ist die Nachricht zwar nicht falsch, aber trotzdem eine Desinformation.“ Den Verantwortlichen in Selbsthilfeorganisationen müsse klar sein, dass Vertrauenswürdigkeit ihr allergrößtes Pfund ist.

Beispiel Patientenuniversität

Hannah Leichsenring, Vertreterin der Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB), stellte das 2024 gestartete Projekt der Patienten Universität Brandenburg vor. Ziel der Kooperation zwischen MHB und der Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung Gesundheit Berlin-Brandenburg: Mit Veranstaltungen und einer Webseite die Gesundheitskompetenz der Bürger im ländlichen Raum zu stärken und sie dadurch zu befähigen, sich vor unseriösen und gesundheitsschädlichen Informationen und Angeboten besser schützen zu können.

„Die Patienten Universität versteht sich als Lernort, an dem sich Interessierte mit Gesundheitsfragen aller Art auseinandersetzen, Fachwissen austauschen, Ansätze ausprobieren und gemeinsam Lösungen erarbeiten können“, so Leichsenring.

Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, betonte die Rolle der AOKs: „Wir wollen Menschen mit chronischen Erkrankungen dabei unterstützen, ihre Betroffenenkompetenz zu verbessern und nicht Fehlmeldungen und falschen Heilsversprechen aufzusitzen“, sagte Reimann. Ein Weg dahin sei die Versichertenkommunikation auf aok.de Dort biete die AOK „verlässliche, fachgeprüfte Inhalte zu Gesundheitsthemen, auf die alle vertrauen können.“

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