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Wie wird Deutschland fit für den EU-Datenraum?

Deutschland liegt in Sachen digitales Gesundheitswesen weit zurück – und jetzt auch noch eine europäische Vernetzung? Im besten Fall werden die EU-Pläne zu einem Katalysator, der den stotternden deutschen Motor auf Trab bringt.

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Wie wird Deutschland fit für den EU-Datenraum?

© blackred / Getty Images / iStock

Keine einfache politische Situation: Die Ampel-Koalition arbeitet an einer Digitalstrategie für das deutsche Gesundheitswesen und will in Sachen elektronische Patientenakte (ePA) mit einem Opt-out-Verfahren neue Pflöcke in den Boden rammen. Außerdem sollen Gesundheitsdaten stärker genutzt werden, dazu sieht der Koalitionsvertrag ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) vor. Wie passt das zu den Plänen der EU-Kommission, in den EU-Mitgliedsstaaten einen europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) zu errichten?

Gesundheitsdatennutzungsgesetz in Arbeit

Vielleicht besser, als es auf den ersten Blick scheint: „Wir können nicht warten, bis der EHDS ausverhandelt ist und dann erst die nationale Umsetzung vorantreiben“, sagte Nick Schneider vom Bundesgesundheitsministerium (BMG). Das GDNG werde vielmehr den nationalen Knotenpunkt für den Datenzugang im Rahmen des EHDS implementieren und die nationalen Rahmenbedingungen, notfalls schrittweise, so weiterentwickeln, dass der EHDS-Verordnung Genüge getan werde.

Tatsächlich würden wichtige Teilkomponenten für den EHDS in Deutschland bereits umgesetzt, so Schneider. Das neue Forschungsdatenzentrum, das beim BfArM angesiedelt ist, führt bereits heute Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammen – überwiegend abrechnungsrelevante Daten allerdings. An einer leistungsfähigen Versorgungsdateninfrastruktur für „echte“ Patientendaten arbeitet in Deutschland unter anderem die Medizininformatik-Initiative (MI-I). Sie zielt auf eine universitätsmedizinübergreifende Forschung und wurde in den letzten Jahren mit bisher über 300 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Deutsches Forschungsdatenportal gestartet

Der Geschäftsführer der Technik- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF), Sebastian C. Semler, informierte im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Public Health and Data Sharing“ über die jüngsten Fortschritte bei der MI-I. Die MI-I besteht aus vier Konsortien mit jeweils sieben bis zehn universitären Standorten, wobei jede Universitätsklinik in Deutschland in einem der vier Konsortien vertreten ist. Kernelement sind so genannte Datenintegrationszentren (DIZ). Sie extrahieren Daten aus den jeweiligen primären IT-Systemen und machen sie am Standort, im Konsortium und schließlich konsortiumsübergreifend für die Forschung verfügbar.

Damit die Daten nicht nur verfügbar, sondern auch digital auswertbar sind, hat sich die MI-I auf einen standortübergreifenden Kerndatensatz geeinigt, der kontinuierlich erweitert wird. Außerdem gibt es ein gemeinsames Forschungsdatenportal Gesundheit (FDPG), das im Oktober 2022 in den Pilotbetrieb ging. Herzstück der MI-I sei außerdem der Broad Consent, so Semler, also eine breite Einverständniserklärung zur Datennutzung für einwilligungsbasierte Forschung über einen unmittelbaren Projektkontext hinaus. Der Broad Consent wird auf dem FDPG flankiert von einem Transparenzportal, das datenspendenden Patienten künftig Einblick in die mit den eigenen Daten unterstützte Forschung geben und so Transparenz über die Datennutzung schaffen soll.

Neues Mindset in Deutschland ist nötig

Dass einige der Funktionalitäten, die im Rahmen der MI-I entwickelt wurden, unmittelbar nützlich für die Umsetzung des EHDS in Deutschland sind, liegt auf der Hand. Trotzdem sei die Einbindung der MI-I Architektur in einen europäischen Kontext kein Selbstläufer, so Semler. Insbesondere die Bündelung der Daten und die Harmonisierung der Metadaten seien herausfordernd: „Wir schauen mit Interesse auf Finnland, wo die Gesundheits- und Sozialdatenbehörde FINDATA eine Reihe von Datenpools über ein Zugangsportal zusammenschließt und glauben, dass wir uns dort einiges abschauen können.“

Politisch erwartet Nick Schneider vom BMG mit Blick auf die bisher zögerliche Datennutzung in Deutschland handfeste Vorteile der EHDS-Verordnung. Dadurch, dass das EU-Recht bei dieser Form der europäischen Gesetzgebung Anwendungsvorrang habe, lasse es sich möglicherweise nutzen, um einige der praktischen Probleme in Sachen Datennutzung zu lösen, mit denen Deutschland schon seit Jahren kämpfe. Insgesamt sieht Schneider dringenden Bedarf nach einem neuen Mindset in Deutschland, das sich wegbewegen müsse vom alten Datenschutzkonzept hin zu einem von der DSGVO intendierten, risikobasierten Ansatz. Die deutschen Aufsichtsbehörden, so Schneider, seien noch zu stark getrieben von der Angst vor Datenmissbrauch. Birgit Bauer, Projektmanagerin bei Data Saves Lives, drückte es so aus: „Wir müssen aufhören, Daten als rohe Eier zu behandeln.“


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