Sektorübergreifende Patientenakte im Nordosten

"Wir setzen um, worüber anderswo nur gesprochen wird"

Warum arbeitet die AOK am Aufbau eines digitalen Gesundheitsnetzwerkes und wo liegen die Vorteile für teilnehmende Ärzte? Darüber sprachen wir mit Christian Klose, Leiter des bundesweiten AOK-Projektes.

Von Peter Willenborg Veröffentlicht:
Leitet das digitale AOK-Gesundheitsnetzwerk: Christian Klose.

Leitet das digitale AOK-Gesundheitsnetzwerk: Christian Klose.

© AOK-BV

Ärzte Zeitung: Worum geht es beim AOK-Gesundheitsnetzwerk?

Christian Klose: Wir bauen Schritt für Schritt ein bundesweites Portal zum digitalen Austausch von Gesundheitsdaten zwischen Patienten, niedergelassenen Ärzten und Kliniken auf. Die Vernetzung erfolgt über Schnittstellen zu den Software-Systemen der Arztpraxen und Kliniken.

Zur Übertragung der Daten nutzen wir das sichere Netzwerk der Kassenärztlichen Vereinigung. Das heißt, die teilnehmenden Ärzte brauchen keine zusätzliche Software, es ist alles schon da. Sie müssen auch keine Daten doppelt erfassen, sondern können direkt in ihrem gewohnten System auf das Netzwerk zugreifen.

Ist das nicht eine Konkurrenzveranstaltung zur Telematikinfrastruktur?

Klose: Nein, im Gegenteil. Wir wollen mit unserem Gesundheitsnetzwerk ein Teil der digitalen Vernetzung im deutschen Gesundheitswesen sein. Daher achten wir streng darauf, dass alles, was wir entwickeln, anschlussfähig ist – auch an die Telematikinfrastruktur.

Warum macht die AOK das? Sind Sie an den Daten der Patienten interessiert?

Klose: Der Gedanke ist angesichts der Diskussion über Facebook vielleicht naheliegend, aber er ist falsch: Die AOK wird gar keinen Zugriff auf die medizinischen Daten der Patienten haben. Diese Daten können nur die Versicherten selbst und – nach entsprechender Freigabe durch den Patienten – die teilnehmenden Ärzte und Kliniken einsehen.

Anders als gewinnorientierte Unternehmen haben wir kein Interesse an der Sammlung und kommerziellen Verwertung der Patientendaten. Was wir wollen, ist eine bessere Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den Akteuren im ambulanten und stationären Bereich durch den digitalen Austausch der Daten.

Was haben Ärzte davon, am Gesundheitsnetzwerk teilzunehmen?

Klose: Der größte Vorteil liegt darin, dass sie schnell und unkompliziert auf Diagnosen, Befunde oder Medikationspläne ihrer Kollegen zugreifen können – über Sektorengrenzen und medizinische Disziplinen hinweg.

Wir setzen hier endlich mal um, worüber anderswo schon seit Jahren gesprochen wird: Eine bessere Vernetzung, die helfen kann, beispielsweise die Arzneimitteltherapiesicherheit zu erhöhen oder Schnittstellenprobleme bei der Krankenhaus-Entlassung zu verhindern.

Wie wollen Sie sicherstellen, dass die sensiblen Daten der Patienten nicht an Unbefugte gelangen können?

Klose: Das Besondere an unserem Gesundheitsnetzwerk ist die dezentrale Datenspeicherung. Die Daten und Befunde der Ärzte und Kliniken bleiben beim jeweiligen Erfasser, also auf dem Server der Klinik oder der Arztpraxis.

Im digitalen Gesundheitsnetzwerk wird nur eine Art Link gesetzt, über den dann die Patienten oder die teilnehmenden Ärzte die Daten und Dokumente abrufen können. Diese Architektur hat den Vorteil, dass es keine zentrale Angriffsfläche für Datenhacker gibt.

Sie sprechen von einem bundesweiten Projekt – wie soll es denn nach dem Start in Mecklenburg-Vorpommern weitergehen?

Im Laufe des Jahres starten weitere Umsetzungsschritte auch in anderen Bundesländern – je nach den regionalen Gegebenheiten mit verschiedenen Partnern und weiteren Anwendungen. Diese regionalen Entwicklungen sind technisch unter dem Dach des digitalen Gesundheitsnetzwerkes miteinander vernetzt.

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