"Hausarzt - wäre das ein attraktiver Beruf für mich?"
Abiturienten in Sachsen assistieren für einen Tag in Hausarztpraxen. Zu "Doktorspielen" beim Hausarzt waren sie eingeladen - eine ungewöhnliche Werbeaktion für einen Beruf, der für viele junge Menschen wenig attraktiv scheint.
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Ein Beruf, der Spaß macht? Elftklässlerin Marie Luise Otto (links) beobachtet Dr. Michael Nitschke-Bertaud bei seiner Arbeit.
© Foto: Trautmann
DRESDEN. An der Rezeption ist morgens der Andrang groß. Der Arzt und die Praxismitarbeiterinnen haben alle Hände voll zu tun, um den Ansturm zu bewältigen. Mittendrin beobachtet Marie Luise Otto den Trubel. Die Schülerin aus der 11. Klasse begleitete Praxisinhaber Dr. Michael Nitschke-Bertaud für einen Tag bei seiner Arbeit in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis im Dresdner Norden.
Das Arbeitspensum des hausärztlichen Internisten und Kardiologen beeindruckt sie. "Natürlich kenne ich Praxen aus Sicht einer Patientin. Doch bei der praktischen Arbeit mit so vielen Menschen hinter die Kulissen schauen zu dürfen, ist toll", sagt die zierliche Schülerin. Die 16-Jährige möchte Medizin studieren und hat sich im Internet dazu informiert. Bei Nitschke-Bertaud schnuppert sie erstmals in den Praxisalltag.
Eine Patientin zeigt sich wegen der Impfung gegen die Schweinegrippe unschlüssig. "Herr Doktor, Sie kennen meinen Gesundheitszustand genau. Empfehlen Sie mir die Impfung?", fragt sie. "Es spricht bei Ihren Werten nichts dagegen", erklärt der Doktor. Nach einigem Hin und Her wegen der Sorge um Nebenwirkungen beschließt sie, sich zunächst mit ihrem Ehemann zu beraten. Derzeitiger Alltag in jeder Praxis.
Später erläutert der Arzt der Schülerin geduldig das Messen von Blutdruck, das Spritzen oder wie ein Echo-Kardiogramm funktioniert. Sie hat eine Verschwiegenheitserklärung abgegeben und hört den Gesprächen zwischen Arzt und Patienten zu. Nach der Vormittagssprechstunde begleitet sie ihren "Doktorvater" dann in die Zweigstelle zur nächsten Arbeitsrunde am Nachmittag.
Der Hausarzt hält den Mehraufwand durch die Hospitation der Abiturienten für vertretbar und notwendig: "Wenn wir uns als Ärzteschaft nicht selbst um den Nachwuchs bemühen, brauchen wir uns nicht wundern, wenn keiner kommt", begründet er sein Engagement. Die "Abiturienten für Doktorspiele gesucht"- Initiative des sächsischen Hausärzteverbandes soll das Bild des Arztberufes zurecht rücken und bringt Schülern die Realität nahe. "Die beste Nachwuchsförderung nützt allerdings nichts, wenn sich die Rahmenbedingungen unseres Berufes nicht ändern", sagt der Arzt.
Marie Luise Otto will sich für eine Laufbahn als Hausärztin noch nicht festlegen. Eines weiß sie aber nach diesem spannenden Tag viel besser als vorher: "Der Arztberuf ist breit gefächert, er ist trotz der hohen Arbeitsbelastung genau das Richtige für mich."