Ruf nach „moralischer Revolte“

Prominente warnen vor Entwertung des Lebens alter Menschen

Veröffentlicht:
Alte Menschen dürfen  „nie als eine Last oder, schlimmer noch, als unnütz betrachtet werden“, appellieren Prominente. Der Appell sei entstanden, um dem Schmerz und der großen Sorge über die zu vielen Todesfälle bei alten Menschen in diesen Monaten Ausdruck zu verleihen.

Alte Menschen dürfen „nie als eine Last oder, schlimmer noch, als unnütz betrachtet werden“, appellieren Prominente. Der Appell sei entstanden, um dem Schmerz und der großen Sorge über die zu vielen Todesfälle bei alten Menschen in diesen Monaten Ausdruck zu verleihen.

© thodonal / stock.adobe.com

Frankfurt. Prominente aus Politik, Gesellschaft, Kirche und Wissenschaft rufen in einem internationalen Appell dazu auf, das Leben alter Menschen in der Corona-Krise nicht abzuwerten – und wünschen sich eine „moralische Revolte“. „Alle notwendigen Energien müssen investiert werden, um die größte Zahl an Leben zu retten und den Zugang zur Behandlung für alle zu ermöglichen“, heißt es in dem Appell, der in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag) als Anzeige veröffentlicht und neben anderen von dem Philosophen und Soziologen Jürgen Habermas unterzeichnet wurde.

„ ... menschlich und rechtlich inakzeptabel“

„Der Wert des Lebens muss gleich für alle bleiben. Wer das zerbrechliche und schwache Leben der Älteren abwertet, bereitet einer Entwertung jeden Lebens den Weg“, heißt es. Ziel müsse es auch sein, wegzukommen von der „Institutionalisierung alter Menschen“. Zu den zahlreichen Erstunterzeichnern des Appells gehören der ehemalige Präsident der EU-Kommission Romano Prodi, die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sowie der Erzbischof im norditalienischen Bologna, Kardinal Matteo Zuppi.

In vielen Ländern tauche „ein gefährliches Modell“ auf, das sich für ein selektives Gesundheitswesen ausspreche, in dem das Leben alter Menschen als zweitrangig betrachtet werde. „Ihre größere Verletzlichkeit, das fortgeschrittene Alter und die möglicherweise vorliegenden weiteren bei ihnen bestehenden Erkrankungen sollen danach eine Form der Auswahl zugunsten der Jüngeren und Gesünderen rechtfertigen.“ Sich resigniert damit abzufinden, sei menschlich und rechtlich inakzeptabel, heißt es in dem Appell. „Die demokratische und humanitäre Ethik sind darauf gegründet, keinen Unterschied zwischen Menschen zu machen, auch nicht aufgrund des Alters.“

„ ... die besonders Verletzlichen nie als eine Last betrachten!“

Die Unterzeichner warnen vor einer Spaltung der Gesellschaft in Altersgruppen: In allen Kulturen finde sich weiterhin der Gedanke, dass die Generation alter Menschen ein Kapital sei. „Zu akzeptieren, dass ihr ein anderer Wert zukäme, zerreißt das soziale Netz der Solidarität zwischen den Generationen und spaltet die gesamte Gesellschaft. Wir dürfen die Generation nicht sterben lassen, die gegen die Diktaturen gekämpft, sich um den Wiederaufbau nach dem Krieg gemüht und Europa aufgebaut hat.“

Der Appell sei entstanden, um dem Schmerz und der großen Sorge über die zu vielen Todesfälle bei alten Menschen in diesen Monaten Ausdruck zu verleihen, heißt es darin. Es brauche „eine moralische Revolte, damit bei der Behandlung alter Menschen ein Richtungswechsel erfolgt und damit vor allem die besonders Verletzlichen nie als eine Last oder, schlimmer noch, als unnütz betrachtet werden“. (dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
Kommentare
Abb. 1: Eszopiclon verbesserte signifikant beide polysomnographisch bestimmten primären Endpunkte: Schlaflatenz (a) und Schlafeffizienz (b)bei älteren Patienten mit chronischer primärer Insomnie (jeweils p0,05)

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziet nach [20]

Behandlungsbedürftige Schlafstörungen bei älteren Menschen

Schlafstörungen können typische Altersprozesse triggern und verstärken

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: HENNIG Arzneimittel GmbH & Co. KG, Flörsheim
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Porträt

Felix Michl: Unternehmer, Jurist und Medizinstudent

Kommentar zur Entscheidung des Bundesrats

Klinikreform – ein Fall fürs Lehrbuch

Lesetipps
Arzt injiziert einem älteren männlichen Patienten in der Klinik eine Influenza-Impfung.

© InsideCreativeHouse / stock.adobe.com

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!