Konstruktive Fehlerkultur

„Allwissender Halbgott in weiß ist offenbar aus Sicht der Ärzte passé“

Niedergelassene Ärzte äußern sich positiv zu Zweitmeinungsverfahren. Deren Spektrum wird ausgebaut. 15 weitere Indikationen stehen dabei zur Diskussion. Welche das sind.

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Ein Arzt erklärt etwas einer Frau: Zweitmeinung? (Symbolbild mit Fotomodellen)

Das Einholen einer zweiten medizinischen Meinung kann Patienten bei der Therapieentscheidung helfen, davon ist die Mehrheit der Ärzte überzeugt (Symbolbild mit Fotomodellen).

© contrastwerkstatt / stock.adobe.com

Berlin. Niedergelassene Ärzte stehen Zweitmeinungsverfahren offen gegenüber. Rund 70 Prozent der Ärzte sind der Ansicht, dass ärztliche Zweitmeinungsverfahren komplexe Therapieentscheidungen verbessern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der „Stiftung Gesundheit“, die in diesen Tagen veröffentlicht werden soll.

„Das Bild vom allwissenden Halbgott in weiß ist offenbar aus Sicht der Ärzte passé“, wird Forschungsleiter Professor Konrad Obermann in einer Publikation der Stiftung zitiert. Die Entwicklung spreche dafür, dass sich eine konstruktive Fehlerkultur in der Medizin entwickelt habe.

Zweitmeinungsverfahren müssen von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) genehmigt werden. Seit dem Start der Verfahren im Dezember 2018 bis zum Juni 2020 hat die KBV 1088 Anträge gezählt. 95 davon hatten die KVen nicht genehmigt. Bislang können für sechs Indikationen Zweitmeinungen eingeholt werden. Der Anspruch besteht bei der geplanten Amputation eines diabetischen Fußes, bei der Tonsillektomie, der Hysterektomie, der Schulterarthroskopie und der Implantation einer Knieendoprothese.

GBA prüft 15 Verfahren

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat Anfang dieses Jahres 15 weitere Indikationen für Zweitmeinungsverfahren vorgeschlagen. Über ihre Aufnahme in den Katalog entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss. Mitte Juli hat das Gremium die Ansprüche der gesetzlich Versicherten auf ein Zweitmeinungsverfahren um die Implantation eines Defibrillators, die elektrophysiologische Herzuntersuchung und das Veröden krankhafter Herzmuskelzellen (Ablation) erweitert.

Bislang beteiligen sich erst rund fünf Prozent der Ärzte an den Verfahren. Das Potenzial schätzt Obermann aber ungleich größer ein. 80 Prozent der Ärzte erfüllten ausweislich der Studie „Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit 2021“ die Voraussetzungen, um an Zweitmeinungsverfahren mitzuwirken, hat die Stiftung Gesundheit ermittelt. 70 Prozent seien bereit, entsprechende Verträge mit den Krankenversicherern abzuschließen. (af)

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Kommentare
Claus F. Dieterle 29.07.202120:04 Uhr

Die zulässige Fehlerquote beim Hammerverfahren führt doch nicht zu fehlerlosen Ärzten! Das Zweitmeinungsverfahren ist daher sinnvoll und sollte erweitert werden.

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