Kommentar zur KBV-VV
Blamage abgewendet - bis zum nächsten Mal?
Wie lange hält der Burgfrieden? Diese Frage darf man getrost stellen, nachdem die Delegierten der KBV-Vertreterversammlung am Montagabend nach wochenlanger Schlammschlacht noch so gerade die Kurve gekriegt haben. Gesundheitsminister Gröhes Kommentar am Tag danach in Frankfurt: Niederlassungsanreize seien sinnvoller als Abwahlanträge - wohl wahr.
Die indirekten Rücktrittsforderungen gegen den KBVVorstand sind vorerst vom Tisch. Was bleibt, ist ein massiv gestörtes Vertrauensverhältnis in die Führungsgremien der KBV. Das ist das Ergebnis eines jahrelang andauernden Streits, der sich längst nicht mehr nur an Personen entzündet. Es sind die Stellvertreterkriege, in denen es um Macht, um Einfluss und um Honoraranteile geht.
In diesen Tagen ist deutlich geworden, wie es um die Spitzenorganisation der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten bestellt ist, wie tief der Riss zwischen Haus- und Fachärzten, zwischen Kollektivvertraglern und Selektivvertraglern, zwischen Kostenerstattungs-Befürwortern und Sachleistungssystem-Vertretern ist.
Das wird sich nicht so schnell kitten lassen, wenn überhaupt. Die Fragen, die Gassen stellt, sind wohl eher rhetorischer Natur: "Ist die ärztliche Selbstverwaltung nach wie vor die erste Adresse, die Versorgungsprobleme offen anspricht? Ist Sie in der Lage, gemeinsame Lösungen zu präsentieren?" In diesem Zustand sicherlich nicht.
Man muss davon ausgehen, dass diejenigen, die aus strategischen Gründen eine Schwächung der Körperschaft betreiben, weiterhin Oberwasser bekommen. Das Schwadronieren von Solidarität und Zusammenhalt wird schnell verpuffen.
Spätestens mit der Umsetzung der Parität im KV-System werden die Fronten erneut aufeinanderprallen, die alten Konflikte mit noch größerer Wucht aufbrechen. Hier könnte der KBV-Chef recht behalten: Die Parität wird ein weiterer Schritt sein, "uns selbst zu zerpflücken und handlungsunfähig zu machen".
Und von alledem soll an diesem geschichtsträchtigen Ort in der Frankfurter Paulskirche gestern nicht die Rede sein? Nein, weil es um die großen Themen geht: um Freiberuflichkeit als Garant für die Unabhängigkeit des Patienten-Arzt-Verhältnisses und zur Sicherung von Patientenrechten.
Es geht um Verantwortung, die unteilbar ist. Wohl wahr, doch denken alle so? Das Ganze wird garniert mit viel Kritik an den Gesetzplänen der großen Koalition. Und dafür gibt‘s Applaus.
Aber wäre nicht auch ein Wort an die Adresse der eigenen Fraktion angebracht gewesen? Zumal der Chef der Bundesärztekammer am Montag höchst persönlich die unsägliche Diskussion um den KBV-Vorstand verfolgt hatte. Diese Zurückhaltung ist nur schwer zu verstehen.