Corona-Pandemie

Schutzmasken: Bundesrechnungshof watscht BMG ab

Zu Beginn der Corona-Pandemie beschaffte das Ministerium Masken und Schutzausrüstung in großer Zahl. Ihr Nutzen in der Pandemie lässt sich wohl nicht ermitteln, befinden die Rechnungsprüfer.

Veröffentlicht:
Milliarden Masken angeschafft, der Nutzen im Kampf gegen die Pandemie blieb überschaubar. Der Bundesrechnungshof rüffelt das Bundesgesundheitsministerium.

Milliarden Masken angeschafft, der Nutzen im Kampf gegen die Pandemie blieb überschaubar. Der Bundesrechnungshof rüffelt das Bundesgesundheitsministerium.

© PixelboxStockFootage / stock.adobe.com

Berlin. Die panische Beschaffung großer Mengen von Schutzmasken zu Beginn der Pandemie belasten das Bundesgesundheitsministerium dauerhaft. Von den 5,7 Milliarden Masken, die im Jahr 2020 auf Lager gelegt wurden, sind 1,2 Milliarden bereits ungenutzt vernichtet. Weitere 1,7 Milliarden Masken stehen zur Vernichtung an.

Darauf verweist der Bundesrechnungshof in einer aktuellen Analyse im Auftrag des Haushaltsausschusses des Bundestags. Laut Bundesrechnungshof haben die Beschaffungsmengen den Bedarf „massiv“ überstiegen. Einschließlich der Ausgaben für Schutzausrüstung belief sich die Rechnung des Ministeriums sogar auf 6,7 Milliarden Euro. Damit steht das BMG erneut im Zentrum einer Bewertung durch die Rechnungsprüfer: Erst vor wenigen Tagen hatte die Behörde die Modalitäten bei der Vergabe des Auftrags für eine Corona-Impfkampagne gerügt.

Immer noch 800 Millionen Masken im Depot

Aus dem jüngsten Bericht geht hervor, dass es den Prüfern nicht gelang, zu ermitteln, wie viele der eingekauften Masken überhaupt für die Bekämpfung der Pandemie eingesetzt wurden. Feststellen konnten sie aber, dass deren Anschaffung allein 5,9 Milliarden Euro verschlungen hat. Dazu kommen 460 Millionen Euro für die andauernde Verwaltung der noch verwendbaren rund 800 Millionen Masken. 2020 stand der CDU-Politiker Jens Spahn an der Spitze des Ministeriums.

Die Prüfer fällen ein vernichtendes Urteil über die Dokumentation der Beschaffungsvorgänge im BMG: Diese beantworte wesentliche Fragen im Zusammenhang mit der Ausrüstungsbeschaffung nicht und vermöge weder die grundsätzlichen Entscheidungen noch die einzelnen Beschaffungen hinreichend zu begründen.

Ratlose Rechnungsprüfer vor BMG-Verschlusssachen

Ratlos stehen sie vor der Tatsache, dass im BMG „immer weiter“ neue Beschaffungsentscheidungen zum Import von Schutzmasken getroffen worden seien, obwohl bereits am 5. Mai 2020 vom Haushaltsausschuss ein Beschaffungsstopp ausgerufen worden war.

Das Ministerium wiederum rekurriert in seiner Stellungnahme darauf, dass eine Vielzahl von Vorgängen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Masken und Schutzausrüstung Verschlusssachen und nur für den Dienstgebrauch nutzbar seien. Tatsächlich sei aber „jede Transaktion im Einzelnen vollständig dokumentiert“.

Hausaufgabe: Lagerbestände „sinnvoll nutzen“

Die Rechnungsprüfer schreiben dem BMG mit dem Bericht ins Stammbuch, die Erfahrungen mit der Beschaffung und Verteilung von Masken und Schutzausrüstung kritisch aufzuarbeiten und für künftige Krisen nutzbar zu machen. Zudem sollen die verbliebenen Lagerbestände „sinnvoll“ genutzt werden.

Das Fazit der Prüfer beim Bundesrechnungshof fällt eindeutig aus: „Eine zentrale Beschaffung und Vorhaltung von Schutzausrüstung durch den Bund hat sich als ineffizient und unwirtschaftlich erwiesen“, heißt es in dem Bericht. Die Bundesebene sei fachlich und logistisch am weitesten entfernt vom tatsächlichen Bedarf und sei zudem für eine Versorgung vor Ort nicht zuständig.

Haushälterin: Kooperation hat nicht funktioniert

Der Bericht des Bundesrechnungshofes werfe Fragen auf, die „dringend und transparent“ aufgearbeitet werden müssten, kommentierte die Grünen-Abgeordnete Dr. Paula Piechotta den Bericht. „Die Bundesregierung war in Corona-Zeiten oft nicht ausreichend in der Lage, die Beschaffung unter Berücksichtigung der Krisen-Bedingungen wirtschaftlich und mit adäquaten Bestellmengen zu realisieren“, kritisierte die Haushaltsexpertin. Die Kooperation zwischen Bund, Ländern, Kommunen und Gesundheitseinrichtungen habe zu oft nur schlecht bis gar nicht funktioniert.

Als Lösung schlägt Piechotta vor, im Falle einer weiteren Krise die Länder stärker in die Mitverantwortung zu nehmen sowie Preisverhandlungen und Mengenkalkulationen nicht beim Bund selbst anzusiedeln. (af)

Mehr zum Thema

Auseinandersetzung im Tarifkonflikt

Klinik-Ärzte in Neuruppin ein Tag lang im Warnstreik

Gemeindenotfallsanitäter und Surveillance-System in außerklinischer Intensivpflege

Innovationsausschuss vergibt Prüfaufträge

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Kommentare
Booster mit überlegener Ak-Aktivität

© Springer Medizin Verlag GmbH

COVID-19

Booster mit überlegener Ak-Aktivität

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Moderna Germany GmbH, München
Ein Medikament unter vielen, das wenigen hilft? 2400 Wirkstoff-Kandidaten in der EU haben den Orphan-Drug-Status.

© artisteer / Getty Images / iStock

Wirkstoff-Kandidaten mit Orphan-Drug-Status

Orphan Drugs – Risiken für ein Modell

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)

Vielfach indiziert

Impfung gegen Pertussis nicht vergessen!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Im Vordergrund Savanne und eine Giraffe, im Hintergrund der Kilimandscharo.

© espiegle / stock.adobe.com

Erhöhtes Thromboserisiko

Fallbericht: Lungenembolie bei einem Hobby-Bergsteiger

Die Autorinnen und Autoren resümieren, dass eine chronische Lebererkrankungen ein Risikofaktor für einen schweren Verlauf einer akuten Pankreatitis ist. Sie betonen aber, dass für eine endgültige Schlussfolgerungen die Fallzahlen teils zu gering und die Konfidenzintervalle zu weit sind.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Mehr Komplikationen, höhere Sterblichkeit

Akute Pankreatitis plus CLD – eine unheilvolle Kombination

Einweg-E-Zigaretten

© Moritz Frankenberg / dpa

Vaping

Konsum von fruchtigen E-Zigaretten im Trend