Rauchprävention
Dämpfer für Anti-Dampf-Strategie der GroKo
In einer wissenschaftlichen Evaluation stellen Forscher der abgewählten GroKo ein weniger gutes Zeugnis aus, wenn es um die Prävention des E-Dampfens insbesondere bei Jugendlichen geht.
Veröffentlicht:Berlin. Hat die damalige Bundesregierung mit ihrem zum 1. April 2016 in Kraft getretenen gesetzlichen Verbot des Konsums von E-Zigaretten und E-Shishas für Kinder und Jugendliche das Ziel erreicht, das Risiko dieser Zielgruppe zu reduzieren, in eine Raucherkarriere unter Nutzung konventioneller Tabakverbrennungszigaretten einzusteigen?
In ihrer wissenschaftlichen Evaluation, die dem Bundestag nun als Unterrichtung zugegangen ist, stellt das Team um Dr. Karin Hummel vom Kompetenzzentrum Analyse und Evaluation des DLR Projektträgers der großen Koalition nur in Teilen ein gutes Zeugnis aus. Demnach ist der Konsum von E-Zigaretten im Zeitraum von 2012 bis 2019 zwar gestiegen. Trotzdem könne man daraus nicht schließen, dass die Gesetzgebung diese Trendsteigerung bewirkt habe. Wahrscheinlicher sei, dass andere Faktoren wie Werbung oder die allgemeine Verbreitung der Produkte die Steigerung bewirkt oder zumindest dazu beigetragen hätten, so das Fazit der Wissenschaftler.
E-Dampf attraktiver als Fluppen
Zudem zeigten sich gegenläufige Trends beim Konsum von Tabak- und E-Zigaretten: Laut einer Untersuchung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) habe der Anteil der Jugendlichen, die Tabakzigaretten rauchten, abgenommen (von 27,5 Prozent in 2001 bis auf 5,6 Prozent in 2019). Gleichzeitig sei der Anteil der Jugendlichen, die noch nie Tabak geraucht hätten, gestiegen. Er verdoppelte sich von 40,5 Prozent (2001) auf 85,5 Prozent (2019), so die BZgA. Dem Evaluationsbericht zufolge könnte die sinkende Attraktivität von Tabakzigaretten ein Faktor für den steigenden Konsum von E-Zigaretten sein. Die Nutzung von E-Shishas sei hingegen rückläufig.
Hummels Team gibt der jetzigen Ampel-Koalition noch zehn Handlungsempfehlungen für die Zukunft mit auf den Weg:
Besteuerung von E-Zigaretten deutlich über dem Mehrwertsteuersatz: Studien hätten gezeigt, dass eine Preisanhebung sowohl bei Erwachsenen als auch bei Jugendlichen eine der effektivsten Tabakkontrollmaßnahmen sei. Aus dieser perspektive geht der Fiskus mit dem zum 1. Januar 2022 in Kraft getretenen Tabaksteuermodernisierungsgesetz in die richtige Richtung. So unterliegen nikotinhaltige wie auch -freie Liquids für E-Zigaretten ab dem 1. Juli 2022 erstmals der „Tabaksteuer“. Für Tabakerhitzer, die bisher steuerlich zum Feinschnitt zählten, gilt seit Jahresbeginn eine zusätzliche Steuer, sodass Heat-not-Burn-Produkte jetzt in Höhe von ungefähr 80 Prozent der auf Tabakzigaretten liegenden Steuerlast besteuert werden.
Werbeverbot für E-Zigaretten: Dies sei ein wichtiger Schritt in der Tabakkontrolle in Deutschland und sollte schnellstmöglich und umfassend eingeführt werden. Studien hätten gezeigt, dass das Wahrnehmen von Werbung für Tabak- und E-Zigaretten mit einem erhöhten Risiko zu konsumieren zusammenhingen.
Forschungsintensivierung: „Zu vielen der behandelten Forschungsfragen konnte keine wissenschaftliche Literatur gefunden werden“, heißt es nüchtern im Bericht. Daher müsste die methodologisch hochwertige Forschung zu Tabakfragen in deutschland gefördert werden.
Jugendschutz: Die Umsetzung der neuen Gesetzgebung sollte regelmäßig und umfassend kontrolliert werden. Dies inkludiere auch ein Verbot von Produktbeschreibungen, die Jugendliche in besonderem Maße ansprechen.
Regulierung: Ein Verbot des Zusatzes suchtsteigernder Substanzen in E-Zigaretten und deren Zubehör sei geboten. Bei Tabakzigaretten seien graphische Gesundheitswarnungen effektiver als nur schriftliche Gesundheitswarnungen. Daher könnten ähnliche graphische Gesundheitswarnungen für E-Zigarettenprodukte in Erwägung gezogen werden. Allerdings sei noch unklar, welche Abbildungen als am effektivsten wahrgenommen würden.
Verbraucherschutz: Empfohlen wird ein kontinuierliches Monitoring und Prüfen von Zusatzstoffen und Aromen hinsichtlich einer gesundheitsschädlichen und/oder suchtsteigernden Wirkung.
Verwendungsverbot in Nichtraucherbereichen: Das Nichtraucherschutzgesetz sollte von Tabakzigaretten auf E-Zigaretten ausgeweitet werden, da viele Konsumenten E-Zigaretten gerade an Orten mit Rauchverbot nutzten.
Prävention: Präventive Maßnahmen zum Jugendschutz jenseits von Verboten sollten weiter ausgebaut werden, um einem – wenn auch seltenen – Einstieg in das Tabakrauchen über die E-Zigarette vorzubeugen.