Prävention

Der Arzt soll Lotse werden

Der Ärztetag hat die Bundesregierung aufgefordert, den Fokus beim geplanten Präventionsgesetz stärker auf die Möglichkeiten der ärztlichen Prävention zu richten.

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Stimmen für den Arzt als Präventionslotsen: Delegierte beim Ärztetag in Düsseldorf.

Stimmen für den Arzt als Präventionslotsen: Delegierte beim Ärztetag in Düsseldorf.

© Rolfes

DÜSSELDORF. "Hausärzte sind prädestiniert für Prävention", sagt Bayerns Kammerpräsident Dr. Max Kaplan. Ärzte sind für ihre Patienten wichtige Ansprechpartner - und das nicht nur in Krankheits-, sondern auch in Gesundheitsfragen. Sie können alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen gut erreichen und ihre Beratung ist nachhaltig wirksam.

Genau deshalb forderte der 117. Ärztetag am Donnerstag in Düsseldorf, dass das im Koalitionsvertrag von Union und SPD festgeklopfte Präventionsgesetz die Rolle der ärztliche Prävention stärken muss.

Die Delegierten bemängeln, dass es Ärzten bisher an einem gesetzlichen Auftrag fehlt, um Patienten primärpräventiv zu beurteilen und zu beraten. Primärprävention ist bisher ausschließlich Sache der Kassen, und ärztliche Prävention beschränkt sich auf Schutzimpfungen. Der EBM sieht bisher auch keine eigene Abrechnungsziffer für eine präventive Beratung vor.

"Ärzte können Präventionslotsen sein", hieß es in Düsseldorf. Neben der geplanten Stärkung der Prävention und Gesundheitsförderung in Lebenswelten müsse das neue Gesetz die Rolle des Arztes bei der Verhaltenprävention stärker berücksichtigen.

Die bestehenden Früherkennungsuntersuchungen für Kinder-, Jugendliche und Erwachsene sollten erweitert werden: Feste Bestandteile dieser Untersuchungen müsse auch ärztliche Beratung sein, in der Risiko- und Belastungsfaktoren mit dem Patienten erörtert werden, so die Delegierten.

Ausdrücklich unterstützten sie die Aufforderung des Präsidenten der Bundesärztekammer Professor Frank Ulrich Montgomery, der im Vorfeld des Ärztetags gefordert hatte, in Deutschland angebotenen Früherkennungs-Screenings auf den Prüfstand zu stellen. Nötig sei eine wissenschaftliche Analyse aller Statistiken, die es zu den Vorsorgeuntersuchungen gebe, hatte der BÄK-Chef klargestellt.

Auch Nordrheins Kammerchef Rudolf Henke machte deutlich, dass bei Präventionsmaßnahmen auf Wirksamkeitsanalysen nicht verzichtet werden könne. "Dafür müssen wir uns einsetzen, wenn wir erreichen wollen, dass unsere Leistungen auch adäquat vergütet werden", sagte Henke. (fuh)

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Kommentare
Dr. Christoph Schay 31.05.201410:41 Uhr

Prävention!!!

Dann freue ich mich auf die viele sinnvolle Zeit die ich "Gutes und gesundes" kochend in Kindergärten verbringe, über die Sportstunden in den Schulen, den Seminaren "Rauch frei" in den örtlichen Betrieben, der Rückenschule im Rathaus und noch vieles vieles mehr, was ich mit links neben meiner hausärztlichen Tätigkeit, der Gesellschaft an Prävention anbieten kann. Natürlich werden die Grundlagen des gesunden Lebens von allen Beteiligten freudig umgesetzt und wir leben in naher Zukunft wieder im Paradies.
Funktionäre in Düsseldorf. Steht da nicht die längste Theke am Rhein?. Mein Verständnis für die Aufträge, die ärztliche Körperschaften an die große Koalition richten tendiert rasend schnell gegen Null.

Dr. Ralf Schrader 30.05.201416:28 Uhr

Gesundheit und Krankheit

Krankheit ist ein medizinischer, Gesundheit ein kultureller Begriff. Folglich lernt man im Medizinstudium viel über Krankheit, aber nichts über Gesundheit. Von wenigen trivialen Ausnahmen abgesehen, ist Prävention keine ärztliche Aufgabe.

Dr. Thomas Georg Schätzler 30.05.201414:55 Uhr

Sollen Krankenwagen etwa zu "Gesundheitswagen" mutieren?

Mit "Prävention als integraler Bestandteil ärztlicher Tätigkeit", so Dr. Rudolf Henke vom BÄK-Vorstand, hat sich der 117. Deutsche Ärztetag in Düsseldorf wohl präventiv einen Bären aufbinden lassen.

Das aktuell beliebte Ärzte-"Bashing" und -"Dissen", bzw. die beklagte unzureichende "Fehlerkultur" in der Medizin bei Beratung, Untersuchung, weiterführender (Differenzial-)Diagnostik, Therapie und Palliation von behandelbaren K r a n k h e i t e n reichen den Delegierten wohl nicht aus: Sie wollen das zur K e r n k o m p e t e n z der Ärztinnen und Ärzte in Klinik und Praxis gehörende Krankheits-Versorgungsmanagement, das eh'' schon nicht immer reibungslos funktioniert, noch mit ebenso allgemein wie unverbindlichen Präventionsregularien toppen.

Die nichtmedizinischen Humanwissenschaften warten nur darauf, dass die Prävention a l l e i n in den Händen von Ärzten sich als stumpfes Schwert erweist: Medizinerinnen und Mediziner beschäftigen sich von ihrer berufsspezifischen Sozialisation her professionell und schwerpunktmäßig mit Anatomie, (Patho-) Physiologie, Biochemie, mit der Nosologie von Krankheiten, der Krankheitsepidemiologie und mit krankheitsspezifischen Therapien.

Unsere beruflichen Entwicklungen in (Grundlagen-) Forschung, Wissenschaft und angewandter Medizin auf den Gebieten der Psychiatrie, Psychosomatik und Somatik mit ambulant/stationärer Versorgungspraxis in Kliniken auf Stationen und Funktionsabteilungen, in der Niederlassung als Haus-, Fach- und Spezialarzt haben im Wesentlichen nur ein gemeinsames Ziel: Erkennung, Untersuchung, Diagnostik, Therapie und Palliation von präformierten K r a n k h e i t e n prozess- und ergebnisqualitätsmäßig zu etablieren, zu optimieren und möglichst weitgehend fehler-, schaden- und nebenwirkungsfrei zu gestalten.

Dass wir dabei p r i m ä r über eine wie auch immer geartete Expertise der Primärprävention verfügen könnten, ist eine ebenso populäre wie irrige Annahme. Populär deshalb, weil es zum einen viele Kolleginnen und Kollegen s e l b s t sind, die in omnipotenter Verkennung der eigenen Begrenztheit ärztlich diagnostisch-therapeutischer Fähigkeiten meinen, die Verhütung und Verhinderung von Krankheiten selbst, sozusagen als präventiologisches „Abfallprodukt“, auch noch „mit links“ erledigen zu können.

Zum anderen gibt es schätzungsweise 30.000 bekannte Krankheitsentitäten, und täglich werden mehr bekannt ("Von den ca. 30.000 bekannten Krankheiten werden über 7.000 zu den ''Seltenen Erkrankungen'' gezählt" - http://www.bmbf.de/de/1109.php -). Davon ist nur ein Bruchteil primär-präventiv verhinderbar.

Mit dem schon semantisch schiefen Blickwinkel der „Gesundheits“-Forscher, der „Gesundheits“-Politiker, der „Gesundheits“ und „Ernährungs“-Experten, der „Präventologen“, aber auch der professionellen „Gesundbeter“, „Heilpraktiker“, „Alternativ-“ und „Geistheiler“ wird deutlich, dass es diesen Damen und Herren unterschiedlichster Profession und Provenienz überhaupt nicht um Krankheit geht. Sondern in erster Linie darum, wie sie selbst mit ihrer existenziellen Angst vor Krankheit, Siechtum, Sterben und Tod umgehen, um damit Geld, Macht und Einfluss erringen zu können.

In Wahrheit sind Geburt, Leben und Vergänglichkeit eine Legierung von Gesundheit und Krankheit. Pathologische Prozesse sind „unsterblich“ mit lebendigen Manifestationen emulgiert. Krankheit und Zerfall sind dem Leben ebenso immanent wie Freude, Glück, Lust, Ekstase, Wahnsinn, Genuss, Kommunikation, soziale und individuelle Identität, Sinnstiftung und kulturelle Reflexion. Von daher mahne ich zu Zurückhaltung in der Präventionsdebatte. Noch niemand wurde präventiv "geheilt", weil man Krankenwagen zu "Gesundheitswagen" mutieren ließ.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Uta Krugmann 30.05.201411:32 Uhr

Überforderung?

Guten Tag,
ich erlaube mir eine Befürchtung zur Diskussion zu stellen:
Völlig unabhängig von der vorhandenen fachlichen Qualifikation würde ich die Aufgabe des Gesundheitslotsens für einen "normal" praktizierenden Arzt als innere Überforderung sehen. Die Anforderung, Krankheiten zu erkennen und zu behandeln ist groß genug. Das individuell passende für den Gesundheitssuchenden zu finden ist für sich ein großes Gebiet, das einer anderen Grund-Denkungsweise bedarf.
Sollte der Lotse und der praktizierende Arzt ein und dieselbe Person sein, würde sie der legendären "eierlegenden Wollmilchsau" gleichen, und die gibt es bekanntlicher Weise nicht.
Wenn der Lotse nicht nur besser Igelleistungen verkaufen soll, sondern wirklich individuell, interdisziplinär weiterhelfen, soll er Berater/ Coach sein, seine Erfahrung einbringen und dafür entsprechend entlohnt werden. Eigene Angebote außerhalb der Beratung liefen der guten Idee m.E. zu wieder.
Der Gesundheitslotse wäre sicher auch ein gutes Tätigkeitsfeld für ältere, erfahrene Ärzte, die nicht mehr tätig sind, aber gerne weiterhin aktiv dabei bleiben wollen.
(:-) Uta Krugmann

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