Geschlechtsänderung schon ab 16

Geplantes Transgender-Gesetz beunruhigt Spaniens Ärzte

Geschlechtsänderungen sollen in Spanien erheblich erleichtert werden – und schon ab 16 Jahren ohne Zustimmung der Eltern möglich sein. Ärzte und Psychologen sind besorgt.

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Die spanische Regierung von Pedro Sanchez plant, Geschlechtsänderungen zu erleichtern.

Die spanische Regierung von Pedro Sanchez plant, Geschlechtsänderungen zu erleichtern.

© Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa

Madrid. Spanien steht kurz davor, eines der progressivsten Transgender-Gesetze Europas zu verabschieden.

Bereits 16-Jährige sollen unbürokratisch, ohne Erlaubnis ihrer Erziehungsberechtigten sowie ohne ärztliche Betreuung und psychologische Gutachten, ihre Geschlechtszugehörigkeit ändern können.

Für eine Geschlechtsänderung sollen laut der Gesetzesinitiative der linken Minderheitsregierung von Ministerpräsidenten Pedro Sánchez nur zwei amtliche Erklärungen im Abstand von drei Monaten nötig sein. Dann wird der neue Personalausweis ausgestellt. Den Plänen zufolge entfallen auch sämtliche medizinische Diagnosen und eine Hormonbehandlung, die bisher vorgeschrieben sind.

Für Minderjährige zwischen 14 und 16 Jahren ist lediglich die Zustimmung beider Sorgeberechtigten notwendig. Bei Jugendlichen zwischen 12 bis 14 Jahren bedarf es einer richterlichen Erlaubnis.

Ärzteschaft: Ein ideologisches Gesetz

Die Gesetzesinitiative trifft auf großen Widerstand. Nicht nur bei den Oppositionsparteien. Auch Spaniens Mediziner- und Psychologenverbände betrachten das geplante Gesetz äußerst skeptisch.

Es handle sich um eine Regelung, die „nach ideologischen und nicht nach wissenschaftlichen Kriterien“ aufgestellt wurde und „vielen Menschen viel Schmerz und Bedauern bringen kann,“ sagte Luisa González, Vizepräsidentin des Madrider Ärztekollegiums. Es bedürfe einer ärztlichen und psychologischen Analyse und Begleitung, um gerade bei Minderjährigen festzustellen, ob eine echte Geschlechtsdysphorie vorliegt“.

Gefahr vorschneller Hormonbehandlungen

Den gleichen Tenor schlägt auch die Spanische Vereinigung für Psychiatrie von Kindern und Jugendlichen (Aepnya) an. Víctor Pérez, Präsident der Spanischen Gesellschaft für Psychiatrie, befürchtet durch die Normalisierung und bürokratische Vereinfachung von Geschlechtsumwandlungen und Hormonbehandlungen zudem eine Lawine von Jugendlichen, die glauben, das dies eine sofortige Lösung für ihre vor allem sozialen Probleme mit der Transsexualität sein könnten.

Mediziner verweisen auf die negativen und folgenschweren Auswirkungen einer vorschnellen und irreversiblen Hormonbehandlung oder gar Geschlechtsumwandlung bei Minderjährigen. Das Transgender-Selbstbestimmungsgesetz soll spätestens am 18. November dem Parlament vorgelegt werden und noch vor Jahresende endgültig verabschiedet werden. (mame)

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Kommentare
Kai Becker 27.10.202216:54 Uhr

Hauptfrage: Was genau daran geht Ärzt:innen an? Das in Spanien geplante Gesetz regelt, wie das in D geplante Selbstbestimmungsgesetz, ausschliesslich die Änderung des Registereintrags beim Standesamt. Sonst nichts.

Keinerlei Bezug oder Änderung bei ärztlichen Maßnahmen, Pflichten oder Leitlinien. Keine daraus resultierenden Rechte, nichts.

Einziger Effekt: Personen ab 16 Jahren können dann Vornamen und Gendermarker in offiziellen Dokumenten so ändern, dass sie besser damit klar kommen. Zum Beispiel dass Name und Anrede besser zum präsentierten Auftreten passen.

Und sollten sie tatsächlich feststellen, dass dies nicht gut war, kann der Eintrag (und alle Papiere) irgendwann wieder zurück geändert werden. Rückstandsfrei, folgenlos und vor allem aus medizinischer Sicht völlig ohne Belang. Es ist ein Eintrag in Datenbanken und Papieren.

Der Konsens der psychologischen und psychiatrischen Fachverbände ist ziemlich einhellig, dass Namen und Personenstand zu ändern für Menschen mit Genderdysphorie eine einfache, sinnvolle und hilfreiche Maßnahme ist, gerade auch um die Richtigkeit des Weges festzustellen, für deren Beschränkung es keine belegbaren Gründe gibt.

Wie viele Menschen betrifft das? Ca 1-3% der Bevölkerung (s. Epidemiologie in der S3 Leitlinie Transgeschlechtlichkeit).
Wie viele "bereuen" die Entscheidung irgendwann? Ca 1% davon.
Warum? 80% der "Regretter", weil ihr Umfeld ihre Transition nicht unterstützt und sie durch sozialen Druck zurück treibt.

Aber aus welcher fachlichen Perspektive könnten Ärzt:innen besorgt sein?
Von rein verwaltungstechnischen Einträgen, die sie überhaupt nicht betreffen?

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