Nach Anschobers Rücktritt
Hausarzt wird Gesundheitsminister in Österreich
Ein Vorreiter der hausärztlichen Primärversorgung wird Gesundheitsminister der Republik Österreich. In Wien bereibt Dr. Wolfgang Mückstein eine Ordination, die 50 Stunden in der Woche geöffnet hat.
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Hausarzt und neuer Gesundheitsminister der Republik Österreich: Dr. med. univ. Wolfgang Mückstein am Dienstag in Wien.
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Wien. Der Hausarzt Dr. Wolfgang Mückstein wird neuer Gesundheitsminister in Österreich. Das teilte Vizekanzler Werner Kogler am Dienstag in Wien mit, nachdem Amtsinhaber Rudolf Anschober (alle Grüne) aus gesundheitlichen Gründen überraschend zurückgetreten war.
Anschober war seit der Erstauflage der „türkis-grünen“ Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Januar 2020 Gesundheitsminister. Er soll den Angaben zufolge in der vergangenen Woche einen zweiten Kreislaufkollaps erlitten haben.
Pionier der Primärversorgung
Grünen-Chef Kogler nannte den Posten des Gesundheitsministers eine „Herkulesaufgabe“. Mückstein sei ein Mann der Praxis, der hautnah miterlebt habe, wie sich die Pandemie auswirke. Der neue Minister selbst sagte: „Wir haben sehr stark die Kollateralschäden wahrgenommen.“
Der 46-jährige Mückstein betreibt im 6. Wiener Gemeindebezirk Mariahilf eine Gemeinschaftspraxis (in Österreich Gruppenpraxis). In der Republik gilt er als einer der Vorreiter für die sogenannten Primärversorgungszentren unter hausärztlicher Leitung.
Mückstein hatte von Mitte der 1990er Jahre an der MedUni Wien Medizin studiert und ist Arzt für Allgemeinmedizin. In Österreich gibt es bislang keine Facharzt-Weiterbildung in der Allgemeinmedizin.
Bürokratische Hemmnisse
Das sogenannte „PHC Medizin Mariahilf“, das im Frühjahr 2015 aus der Gruppenpraxis hervorging, war Wiens erstes Primärversorgungszentrum (PVZ). In der großen Fußgängerzone Mariahilfer Straße im Westen der Gemeinde hat es an 50 Stunden in der Woche und 52 Wochen im Jahr geöffnet.
Die PVZ gelten als Reformprojekt, waren in den letzten Jahren jedoch nur schleppend angelaufen. Auch Widerstände innerhalb der Ärztekammern und eine zuletzt ungenügende Finanzierung gelten als Gründe dafür. In den PVZ müssen nach den Vorgaben in der Republik auch weitere Gesundheits- und Sozialberufe tätig sein.
Um ein PVZ zu gründen, müssen sich Ärzte mit Kassenvertrag, die gemeinsam eine Gruppenpraxis betreiben, auf eine Ausschreibung bewerben. In der Regel werden von der Sozialversicherung und dem zuständigen Land zuvor Finanzierungsvereinbarungen dafür geschlossen und die Rahmenbedingungen für die Ausschreibung festgelegt. (nös)