Köhler-Gehalt: KBV wählt die Konfrontation

Der Streit um das 350.000-Euro-Jahresgehalt von KBV-Chef Dr. Andreas Köhler wird voraussichtlich erst vor Gericht entschieden. Die KBV sieht sich im Recht - und beruft sich auf ein Gutachten.

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Das Gehalt von KBV-Chef Dr. Andreas Köhler sorgt für Streit.

Das Gehalt von KBV-Chef Dr. Andreas Köhler sorgt für Streit.

© dpa

BERLIN (jvb/sun/dpa). Der Streit um die Vorstandsgehälter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wird wahrscheinlich vor Gericht ausgetragen. Bundesgesundheitsministerium und KBV hatten sich bis zum Ablauf der Frist am vergangenen Freitag nicht über die Höhe des Gehaltes einigen können.

Das Ministerium könne jetzt einen Verpflichtungsbescheid gegen die KBV erlassen, sagte einer Sprecherin des Ministeriums der "Ärzte Zeitung". Gegen diesen kann die KBV klagen.

Bahr: Vorstandsgehälter nicht wirtschaftlich

Das wird wahrscheinlich eintreten, denn die KBV sieht sich im Recht. Kern des Disputs ist das Gehalt von KBV-Chef Dr. Andreas Köhler in Höhe von 350.000 Euro.

Die Vergütung entspreche nicht dem Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebot, sagte Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) dem "heute-journal".

"Die Regelung der Arbeitsverträge mit dem Vorstand ist eine Angelegenheit der Selbstverwaltung", konterte Hans-Jochen Weidhaas, Vorsitzender der Vertreterversammlung der KBV, "das Gebot der Wirtschaftlichkeit ist nicht verletzt worden".

Noch am Donnerstag sei man dem BMG bei einem Treffen im Ministerium „in wesentlichen Punkten entgegengekommen, außer bei der Gehaltshöhe“, sagte Weidhaas der "Ärzte Zeitung".

KBV rechnet sich vor Gericht gute Chancen aus

Zu den Kompromissvorschlägen wollte sich die KBV aber nicht weiter äußern. Sollte der Streit tatsächlich vor Gericht ausgetragen werden, könnte er zugunsten der KBV ausfallen.

Das geht zumindest aus einem von der KBV beauftragten Gutachten des Sozialrechtlers Professor Thorsten Kingreen der Universität Regensburg hervor, das der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

"Ein Verpflichtungsbescheid des BMG wäre rechtswidrig, weil es an einer Rechtsverletzung fehlt", heißt es im Gutachten. Daraus geht auch hervor, dass sich das BMG auf ein Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) von 2000 stützen will.

Es wolle daraus den anerkannten Bewertungsmaßstab entnehmen, anhand dessen sich die Vorstandsgehälter von KBV und Krankenkassen vergleichen lassen sollen.

Urteil verkennt wichtige Unterschiede zwischen Kassen und KBV

Dies trifft nach Ansicht von Sozialrechtler Kingreen aber nicht zu. Als Gründe führt er an, das BSG-Urteil verkenne zentrale Unterschiede zwischen Kassen und KBV: Die Vertragsärzte hätten bei der Wahl ihrer Vertreter eine größere Einflussmöglichkeit, sie könnten selbst Vorschläge machen.

Kassenmitglieder wählten Listen, deren Zusammensetzung sie nicht beeinflussen könnten. Folglich könne die Vertreterversammlung der KBV nicht mit der der Kassen gleichgesetzt werden.

Auch die Herkunft der Mittel für die Vorstandsgehälter unterscheide sich. Während es sich bei Kassen um öffentliche Mittel, die Beiträge der Versicherten, handele, stamme das Geld für die KBV-Spitze von niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten.

Zudem setze das Urteil die Vergütung einer Landes-KV mit der der bundesweiten Spitzenverbände in Bezug. Folglich sei die Vergleichsgröße für die KBV offen.

Ehrenamtlicher ist nicht gleich hauptamtlicher Vorstand

Darüber hinaus könne man einen ehrenamtlichen KV-Vorstand, wie im Urteil, nicht mit einem hauptamtlich tätigen Vorstand der KBV vergleichen. Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit werde die Vergütung des Gesamtvorstandes betrachtet.

In der KBV verteile sich das Gesamtvolumen nur auf zwei Personen und nicht auf drei, wie es gesetzlich möglich wäre. Wären es drei Personen, "hätte das BMG keine Beanstandung ausgesprochen", schreibt Kingreen.

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Kommentare
Dr. Jürgen Schmidt 25.03.201213:07 Uhr

Relationen

Seit Jahren werden die Vorstandsgehälter der KV-Vorsitzenden veröffentlicht. Jedermann weiß, dass diese incl Zusatzleistungen zwischen 200 T€ und 250 T€ liegen und niemand regt sich darüber auf.
Nun hat sich der KBV-Chef nach oben abgesetzt, 300 T€ mehr hätte man ihm wohl zugebilligen können. Schlielich ist der Job aufreibend, arbeitsintensiv unter Einschluss vieler Wochenenden und kann nicht ein Leben lang ausgeübt werden.
Ist das Gehalt von 350 T€ wirklich zu hoch?
Über Summen dieser Größenordnung können gut beschäftigte Radiologen und große Laborärzte nur müde lächeln.

Dr. Bodo Krocker 24.03.201216:58 Uhr

hauptamtliche KV-Vorstände zurück zur Realität des selbstständigen Kassenarztes

Mich treibt eigentlich die Frage um, ob die Herren aus den hauptamtlichen KV-KBV-Vorständen die ärztlichen Kommentare zu ihren Gehaltsvorstellungen wohl lesen, akzeptieren und darüber nachdenken. Unsere Kollegen aus den Vertreterversammlungen dürften sich in ihrer knappen Freizeit vielleicht auch einmal mit diesen ärztlichen Auffassungen beschäftigen.
KV-Funktionäre leiten kein Wirtschaftsunternehmen, sondern eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die zwangsweise Selbstständige vereint. Über ihre Leistungen oder Nichtleistungen ist in der Vertreterversammlung und in Ärztezusammenkünften in Wahlzeiten zu reden.
Meine Honorarvorstellungen für diese Tätigkeit sind:
Berechnungsgrundlage ist die Fachgruppe, der der Funktionär zuzuordnen ist. Von der mittleren Jahreseinnahmesumme der betreffenden Fachgruppe eines selbständigen Praxisinhabers werden 60 % (konkret nach Fachgruppe) Betriebskosten abgezogen. Die sich ergebende Summe wird als Funktionärsbonus um 20% (KBV 30%) aufgestockt. Die Gewinne (nicht ev. Verluste!) aus der Praxistätigkeit werden gegengerechnet.Falls ein Praxisvertreter beschäftigt wird, tragen sich seine Kosten aus der Praxiseinnahme. Altersversorgung und Übergangsaufwandsentschädigung durch die KV/KBV bei Verlust der Funktion werden abgeschafft. Der Wohnsitz des Funktionärs ist während der hauptamtlichen Tätigkeit für die KV der Sitz der KV/KBV. Umzugskosten werden einmalig übernommen. Für die tätigkeitsbedingten Mobilitätsfragen werden Bahnreise 2.Klasse und km-Gelder 0,30 €/km erstattet. Hotelkosten bei Dienstfahrten dürfen 75,00 €/Nacht nicht überschreiten (Erstattungsgrenze). Pendlerkosten können in der Steuererklärung geltend gemacht werden. Beamtenrechtliche Versorgungsstrukturen im Alter bzw. nach Ausscheiden aus der Funktion gehören grundsätzlich abgeschafft. Kosten für juristische Auseinandersetzungen im persönlichen Interesse (z.B. um Vergütungsfragen) einschließlich der erforderlichen Gutachten und Rechtsbeistandskosten trägt der Funktionär aus seiner Privatschatulle ohne steuerliche Absetzbarkeit. Weitere Einnahmequellen (Nebentätigkeiten) bedürfen vorab der Genehmiguung durch die Vertreterversammlung. Sitzungsgelder u.ä. entfallen bei hauptamtlicher Tätigkeit, die von einem mit dem Gehalt vergüteten Wochenarbeitsstundenvolumen von mindestens 55-60 h/Woche (s. Berechnungsgrundlagen für Kassenärzte!) ausgeht.
Weitere Details gern auf Anfrage.

MR Dr. B. Krocker, Cottbus
(DrBK@gmx.net)

Dr. Dieter Löhmann 24.03.201213:41 Uhr

Einfach nur frech

Meinen Vorrednern kann ich mich in jeder Hinsicht anschließen. Wo leben wir eigentlich, wenn die Chefs "unserer" KV sich ungeniert wie in einem Selbstbedienungsladen die Taschen voll machen können? Allerdings passen sie gut in die Reihe Wulf, Ackermann, Krankenkassenbosse. Schamgefühl wahrscheinlich gleich Null. Leistung? Alle paar Jahre eine noch blödsinnigere Abrechnung, überbordende Bürokratie, sinnlose neue Chipkarten inklusive Lesegeräte , Ärzte als kostenlose Geldeintreiber für Krankenkassen, die Liste der Blödheiten ist endlos, und wir sind machtlos?

Dr. Robin Chanda 24.03.201207:46 Uhr

Warum regt sich ausgerechnet Herr Bahr auf.....

Herr Köhler macht seinen Job doch hervorragend. Der Staat spart durch sein Verhandlungsgeschick mit den Krankenkassen doch sicher mehrere Milliarden im Jahr ein. Und wer so erfolgreich dabei hilft, das Geld der Krankenkassenmitglieder dem versorgenden Gesundheitssystem vorzuenthalten, der sollte doch auch anständig bezahlt werden ! Das kann doch auch nur im Interesse von Herrn Bahr sein ! Oder ?

Dr. jens wasserberg 24.03.201207:39 Uhr

Dieses Engagement der KBV würde man sich eigentlich für ärztliche Interessen erwarten

Bisher war die KBV wenig kämpferisch, wenn es um die Interessen der Ärzteschaft ging. Mehr war nicht drin, hieß es da regelmäßig. Zwangssparen für gefälschte Kassenzahlen, Regresse für Medikamente und vieles mehr wurde von der KBV kritikarm durchgewunken. Aber wenn es um eine 35% Gehaltserhöhung des KBV-Chef gehen soll, dann wird man plötzlich ungeahnt kämpferisch und sieht die Autonomie der Ärzteschaft in Gefahr. Wie wäre es mit einer Urabstimmung aller Ärzte über die Leistungsbilanz von Herrn Köhler ?
Falls Herr Köhler glauben sollte, dass die Ärzteschaft ihn bei seinem persönlichen Bereicherungsfeldzug gegen das BMG im Namen der ärztlichen Selbstbestimmung unterstützen würde, dürfte er sich getäuscht haben

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