Anti-Korruptionsgesetz

Marburger Bund kritisiert dünne Formulierungen

Das geplante Gesetz zum Kampf gegen Korruption im Gesundheitswesen ist in vielen Punkten ungenügend, kritisiert der Marburger Bund. Manche Formulierungen könnten Ärzte verunsichern.

Veröffentlicht:

BERLIN. Der Marburger Bund (MB) sieht Probleme in der Ausgestaltung der strafrechtlichen Regeln im geplanten Korruptionsbekämpfungsgesetz.

Das geht aus einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung hervor, die der Ärzteverband vor Ostern ins Netz gestellt hat.

Der neue Paragraf 299a, der die Strafbarkeit von Korruption für Angehörige von Gesundheitsberufen regeln soll, sei nicht detailliert genug begründet, arbeite mit unbestimmten Rechtsbegriffen, ohne durch Beispiele zu Konkretisierung beizutragen, kritisiert der MB.

Ausweichstrategien zu erwarten

"Nicht nur Juristen, sondern auch die Akteure im Gesundheitswesen selbst müssen einschätzen können, ob sie sich mit einer bestimmten Verhaltensweise strafbar machen können oder nicht - und dies, ohne sich in jedem Einzelfall vorher rechtlich beraten zu lassen", heißt es in dem Papier.

Seit vielen Jahren würden gerade auch vom Gesetzgeber kooperative Verhaltensweisen im Gesundheitswesen gefördert und fänden daher auch zunehmend statt.

"Wenn sich nun einzelne Akteure bei einer Zusammenarbeit künftig nicht mehr sicher sein können, ob diese strafrechtlich relevant ist, wird sie entweder gar nicht (mehr) stattfinden, oder es sind bei korruptiven Vorhaben Ausweichstrategien zu erwarten", heißt es weiter in der Stellungnahme.

Einladung zum Kongress ein "Vorteil"?

Besonders verunsichern dürften den potenziellen Täterkreis auch die sehr dünnen Ausführungen zu der Frage, ob beispielsweise Einladungen zu Kongressen oder die Teilnahme an vergüteten Anwendungsbeobachtungen zu den "Vorteilen" im Sinne von Paragraf 299a StGB zählen können, so der MB weiter.

Auch die Ausführungen zu den sogenannten Zuweiserfällen seien "ungenügend": Es werde im Gesetz und in der Begründung "kein konkreter Anhaltspunkt dafür gegeben, wo legitime Zusammenarbeit endet und strafbares Verhalten beginnt".

Grundsätzlich begrüßt der Marburger Bund die Gesetzesinitiative gegen Korruption im Gesundheitswesen. (ger)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 07.04.201507:10 Uhr

Teile und Herrsche?

Der Marburger Bund (MB) kritisiert in seiner aktuellen Stellungnahme nicht nur die Bundesregierung beim geplanten Korruptions-Bekämpfungsgesetz im Gesundheitswesen mit der strafrechtlichen Ausgestaltung spezieller Regelungen in einem neuen Paragraf 299a StGB (Strafgesetzbuch): Die Straftatbestände seien willkürlich gewählt, ohne Konkretisierung, die Begründungen ungenau und die verwendeten Rechtsbegriffe unverständlich.

Sondern den aktuellen Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) nimmt der MB auch zum Anlass, die Ärzteschaft zu spalten: Er befürchtet ein erhöhtes Strafbarkeitsrisiko für Krankenhausärzte, obwohl dieses bereits durch allgemein gültige StGB-Regelungen nach § 299 - Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr - Bestand hat. Dass "durch ein- und dieselbe Handlung gleich mehrere Tatbestände parallel" erfüllt werden können, ist eine juristische Tautologie.

Eine mögliche Ungleichstellung ambulant und/oder stationär tätiger Ärztinnen und Ärzte bezüglich Vorteilsnahme und -gewährung soll ja gerade durch den geplanten § 299a auch bei Vertragsärzten/-innen unterbunden und nicht neu geschaffen werden.

Weder Marburger Bund (MB), die Bundesärztekammer (BÄK) noch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) haben allerdings bisher begriffen, dass dieser Gesetzentwurf eines geplanten Korruptions-­Bekämpfungsgesetzes keine Klarheit schafft, sondern einseitig nur und ausschließlich alle freiberuflich im Gesundheitswesen Tätigen pönalisieren will. Alle anderen freiberuflich Arbeitenden wie Architekten, Anwälte, Notare, Ingenieure, Handwerkskammer-Betriebe, Vertreter, Händler und Agenturen, aber auch Abgeordnete, Sportler, Mitglieder von Industrie- und Handelskammern werden vom durchaus berechtigten Kampf gegen Korruption mit den vorliegenden Gesetzentwürfen ausdrücklich a u s g e n o m m e n.

Der geplante § 299a StGB ist unverhältnismäßig, benachteiligt und bestraft einseitig isolierte Berufsgruppen und exkludiert bzw. exkulpiert andere Branchen. Er ist eine moderne Form der Hexenjagd gegen das Gesundheitswesen und wird deshalb in dieser Form keinen verfassungsrechtlichen Bestand haben.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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