Corona

„Querdenker“ rufen auf, Gesundheitsämter lahmzulegen

Die angespannte Situation in Gesundheitsämtern wird durch wortgleiche Anfragen zusätzlich belastet, die offenbar aus der „Querdenker“-Szene stammen. Die Ämter finden das gar nicht witzig.

Von Dirk Schnack Veröffentlicht:
Eine Mitarbeiterin eines Gesundheitsamtes zeigt am Bildschirm, wie einzelne Corona-Fälle verfolgt werden: Die Nachverfolgung bindet viele Ressourcen.

Eine Mitarbeiterin eines Gesundheitsamtes zeigt am Bildschirm, wie einzelne Corona-Fälle verfolgt werden: Die Nachverfolgung bindet viele Ressourcen.

© dpa

Kiel. Die seit Monaten anhaltende Überlastung der Gesundheitsämter in Deutschland wird offensichtlich von Corona-Leugnern bewusst verschärft. Auf einschlägigen Portalen werden Standardanfragen an die Gesundheitsämter angeboten, mit deren Beantwortung das Personal zusätzlich zu den ohnehin belastenden Aufgaben beschäftigt wird. Die Portale haben Verbindung zur Querdenker-Szene.

Im Norden sind die Gesundheitsämter in der Landeshauptstadt Kiel und des Kreises Rendsburg-Eckernförde von solchen wortgleichen Anfragen betroffen. Inhalt und Aufbau dieser Anfragen sind stets gleich.

Portale bieten auch Hilfe bei Befreiung von der Maskenpflicht

Dennoch müssen die Ämter jede Anfrage beantworten, da die Absender unterschiedlich sind. Die Fragesteller laden sich die Anschreiben auf einschlägigen Portalen herunter. Diese bieten auch Unterstützung bei der Befreiung von der Maskenpflicht, bei Protesten gegen Maßnahmen zur Corona-Eindämmung in den Schulen und Ähnliches.

Im Impressum solcher Seiten finden sich Menschen, die der Querdenker-Szene nahe stehen und auf entsprechenden Veranstaltungen auftreten. Auf diesen Seiten wird auch darüber aufgeklärt, dass die Ämter gesetzlich gehalten sind, solche Anfragen zu beantworten.

Das Gesundheitsamt der Stadt Kiel hat innerhalb kurzer Zeit mehr als 20 solcher Standardfragen bekommen, wie es auf Nachfrage der „Ärzte Zeitung“ bestätigte. Es nennt auch den Link zu einem einschlägigen Portal, das die wortgleichen Anschreiben zur Verfügung stellt. Eine Veröffentlichung dieses Links würde nach Befürchtung der Stadt Kiel zu noch mehr Anfragen führen.

„Ein erheblicher zusätzlicher Aufwand“

„Offensichtlich wurde hier versucht, das Gesundheitsamt lahmzulegen“, sagte eine Sprecherin der Stadt Kiel auf Anfrage. Nach ihren Angaben wurde jede der wortgleichen Anfragen auf Basis des Informationszugangsgesetzes des Landes Schleswig-Holstein beantwortet und vorher mit dem Justiziar abgeglichen. „Das war ein erheblicher zusätzlicher Aufwand zur ohnehin großen Arbeitsbelastung des Gesundheitsamtes“, so die Sprecherin.

Hauptschwerpunkte der Arbeit seien derzeit die Kontaktnachverfolgung und die Betreuung der Menschen in Quarantäne. Im Kieler Gesundheitsamt arbeiteten vor der Pandemie 90 Beschäftigte, derzeit sind es 120. Ab dieser Woche kommen weitere Helfer der Bundeswehr hinzu.

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