Gesetzliche Krankenversicherung

Raffelhüschen: Bis zu 2000 Euro Selbstbeteiligung für Kassenpatienten

Den Krankenkassen droht ein Rekord-Defizit. Der Ökonom Raffelhüschen wirbt deshalb für eine höhere Selbstbeteiligung. Doch davon will Gesundheitsminister Lauterbach nichts hören.

Veröffentlicht: | aktualisiert:
Bernd Raffelhüschen, Wirtschaftswissenschaftler und Professor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, schlägt eine gestaffelte Selbstbeteiligung für GKV-Versicherte vor.

Bernd Raffelhüschen, Wirtschaftswissenschaftler und Professor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, schlägt eine gestaffelte Selbstbeteiligung für GKV-Versicherte vor.

© Gregor Fischer / dpa

Berlin. Zur Finanzierung des Gesundheitswesens plädiert der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen dafür, dass gesetzlich Krankenversicherte jährlich bis zu 2000 Euro Selbstbeteiligung zahlen.

„Wir können uns das System nicht mehr leisten“, sagte der Freiburger Ökonomie-Professor der „Bild“-Zeitung. „Patienten müssen künftig mehr aus eigener Tasche dazu bezahlen.“

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erteilte dem Vorstoß jedoch eine klare Absage. „Für Uniprofessoren wie Herrn Raffelhüschen oder mich wären diese Vorschläge bezahlbar“, twitterte Lauterbach. „Für die große Mehrheit der Bevölkerung geht das nicht.“

Der Ökonom Raffelhüschen, der neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit an der Universität Freiburg früher im Aufsichtsrat des Versicherungskonzerns Ergo saß, will eine gestaffelte Selbstbeteiligung mit staatlichem Sozialausgleich.

Ohne ein Gegensteuern werde der Beitragssatz bis zum Jahr 2035 auf bis zu 22 Prozent vom Bruttolohn steigen, warnte Raffelhüschen. Zurzeit liegt er – inklusive Zusatzbeitrag – im Schnitt bei knapp 16 Prozent.

Nach dem Arztbesuch soll die Rechnung kommen

Nach den Plänen des Wirtschaftswissenschaftlers sollen Patienten nach dem Arztbesuch künftig eine Rechnung erhalten und diese an die Krankenkasse weiterreichen, „die dann einen Großteil der Kosten übernimmt“.

Für die Eigenbeteiligung der Patienten soll es mehrere Stufen geben, die „insgesamt bei 1500 oder 2000 Euro pro Jahr“ gedeckelt werden. Gleichzeitig ist ein Sozialausgleich vorgesehen. „Die Zuschüsse zum Beispiel für Geringverdiener müssen aus dem Bundeshaushalt kommen.“

In Deutschland werden rund 73 Millionen Versicherte von einer der 96 Krankenkassen versorgt – das entspricht etwa 90 Prozent der Bevölkerung. Für das laufende Jahr wird in der Gesetzlichen Krankenversicherung ein Defizit von 17 Milliarden Euro erwartet – nach den Worten von Lauterbach ist das ein historisches Ausmaß. Raffelhüschens Pläne sind für den Minister trotzdem keine Option: „Der Vorschlag wird nicht kommen.“ (dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Peter Friemelt 22.02.202318:05 Uhr

2000 Euro Selbstbeteiligung bei bis zu über 9000 Euro Beirag?
Versicherte und Patienten in der GKV leisten jährlich bis über 9.000 Euro Beitrag, das ist schon eine ganz schön erhebliche Selbstbeteiligung. Sinnvoller fände ich die Beitragsbemessungsgrenze ganz abzuschaffen und die Bürgerversicherung einzuführen. Auch die Sinnhaftigkeit mancher GKV-Leistungen könnte überprüft werden. Die bessere Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung wäre ein weiterer Punkt um evtl. Geldmangel in der GKV zu lindern.
Peter Friemelt, Patientenberater

Hans Christoph antwortete am 21.04.202312:22 Uhr

Hall Herr Friemelt, danke für die " freimütige " Meinungsäußerung, die wir vom PRO Senioren PAKT voll inhaltlich unterstützen. Die Einführung der für ALLE Erwerbstätigen verpflichtenden BÜRGERVERSICHERUNG gehört zu unseren
Kernforderungen. Die Bürgerversicherung hat sich in anderen europäischen Ländern bereits gut bewährt. Am Rande erwähnt, die Präsidentin der DRV , der Präsident des Bundesozialgerichtes, Gewerkschaftsvertreter, selbst der Bundesarbeitsminister Heil, votieren für die dringliche Einführung der für ALLE Erwerbstätigen verpflichtenden BÜRGERVERSICHERUNG ; natürlich auch für Beamte, Ärzte, Architekten, Zahnärzte.
Wir nennen dies Solidarität ..... Wer jedoch durch ungesunde Lebensweise, darunter verstehen wir starkes Rauchen,
riskante Hobbies, wie Skifahren, unbändiges Essen, Drachenfliegen, die Solidargemeinschaft durch massive Kosten
unnötig belastet muss mit einem Eigenanteil rechnen !

PRO Senioren PAKT

Sonderberichte zum Thema
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Insgesamt lässt sich auf jeden Fall sagen, dass die Kosten an vielen Stellen schneller gestiegen sind als der Orientierungswert.

© Leafart - stock.adobe.com

Praxismanagement

So bekommen Sie steigende Praxiskosten in den Griff

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: apoBank
Bulle und Bär: Wer wird im Anlagejahr 2024 die Oberhand behalten? Zuletzt waren angesichts der Kurssteigerungen die Bullen auf der stärkeren Seite.

© peterschreiber.media / stock.adobe.com

Jahresausblick Geld und Vermögen

Geldanlage: Comeback des klassischen gemischten Portfolios

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: apoBank
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025