Unfallprävention
Silvesterfeuerwerk: Erste Ärzteverbände mahnen zur Vorsicht
Augenärzte und Chirurgen warnen bereits im Vorfeld des Silvesterfeuerwerks vor den Gefahren des unsachgemäßen Hantierens mit Böllern und Raketen. Sie verweisen auf Erfahrungen in Notfallambulanzen.
Veröffentlicht:Berlin/München. Bereits knapp drei Wochen vor dem Jahresende mit dem zu erwartenden Silvesterfeuerwerk warnen erste medizinische Gesellschaften und Berufsverbände vor einem zu laxen Umgang mit Böllern, Raketen & Co. Der Vorverkauf von Feuerwerkskörpern startet am 28. Dezember 2024.
So teilte die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) am Mittwoch mit, sie erwarte an diesem Jahreswechsel erneut Hunderte von schweren Augenverletzungen durch Silvesterfeuerwerk. Die Fachgesellschaft rät zu Vorsichtsmaßnahmen und fordert verstärkte Aufklärung, um die hohen Opferzahlen zu senken. Beim Jahreswechsel 2023/24 hatte es laut der jährlichen DOG-Umfrage 781 feuerwerksbedingte Augenverletzungen gegeben.
40 Prozent der Verletzten sind Kinder und Jugendliche
Wie in den Vorjahren auch, habe es sich 2023/2024 bei rund 60 Prozent der Betroffenen um Unbeteiligte gehandelt, die das Feuerwerk gar nicht selbst gezündet hatten. „Diese Betroffenen waren einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort und wurden völlig unerwartet zum Teil schwer verletzt“, so Gabel-Pfisterer. Nach wie vor besorgniserregend sei mit fast 40 Prozent der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Verletzten, wobei besonders häufig Kinder unter 12 Jahren betroffen sind. „Wie die Kinder an Feuerwerkskörper kommen, sollte hinterfragt werden“, meint die Augenärztin. Einige Kinder verletzen sich an Böllern, die sie am Neujahrstag aufsammeln. „Eltern sollten ihren Nachwuchs rechtzeitig über die Gefahren aufklären, die damit verbunden sind“, rät Professorin Ameli Gabel-Pfisterer, Leitende Oberärztin für Augenheilkunde am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam.
Treffen könne es prinzipiell jeden, der sich außerhalb geschützter Räume aufhalte. „Am vergangenen Jahreswechsel mussten wir zum ersten Mal eine Augenverletzung bei einem Rettungssanitäter, der im Einsatz getroffen wurde, dokumentieren“, berichtet Professor Hansjürgen Agostini, Leitender Oberarzt an der Universitäts-Augenklinik Freiburg. Erneut mussten die Augenärzte und Augenärztinnen verletzte Augen entfernen – mit allen Konsequenzen, die daraus resultieren. „Der Sehverlust, die kosmetische Entstellung und psychische Folgen können zu schweren Beeinträchtigungen und zum Verlust des Arbeitsplatzes führen“, berichtet Agostini.
Chirurgen: Selbst gebastelte Böller stellen die größte Gefahr dar
Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und die Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie (DGH) riefen ebenfalls am Mittwoch in Erinnerung, dass sich an keinem anderen Tag im Jahr so viele Menschen die Hände verletzten wie an Silvester. Besonders unter Alkoholeinfluss missachteten viele die Sicherheitsvorschriften beim Zünden von Böllern und Raketen.
„Patienten mit sehr schwerwiegenden Verletzungen werden am Silvesterabend überwiegend vom Rettungsdienst vorgestellt, während viele Patienten sich selbst erst am Neujahrstag in der Notaufnahme vorstellen. An beiden Tagen verstärken wir unsere Notfall-Teams im Krankenhaus mit erfahrenen Handspezialisten“, sagt DGOU-Präsident Professor Andreas Seekamp.
„Um Sehnen, Gefäße, Nerven und Knochen zu rekonstruieren, sind nicht selten bis zu zehnstündige Operationen notwendig, häufig auch noch weitere Folgeeingriffe“, verdeutlicht DGH-Präsident Professor Michael Sauerbier. Daher seien die OP-Teams um die Jahreswende meist doppelt besetzt. In einfachen Fällen handle es sich um oberflächliche Verbrennungen. Schwerwiegend seien offene Weichteilverletzungen, tiefe Verbrennungen, Verletzung von einem oder mehreren Fingern sowie die Zerstörung der ganzen Hand. Ärztinnen und Ärzte könnten immer wieder beobachten, dass die meisten komplexen Handverletzungen durch selbst gebastelte Böller verursacht werden. „Wir raten dringend, die Hände von nicht-zertifizierten Feuerwerkskörpern zu lassen“, ergänzt Sauerbier.(eb)