Folgen der Corona-Pandemie

Wirtschaftsweisen: „Autarkiepolitik bei Arzneien nicht sinnvoll“

In ihrem Jahresgutachten analysieren die Wirtschaftsweisen auch Vorgänge im europäischen Gesundheitsmarkt während der Coronavirus-Pandemie. Nicht alles ist dabei gut gelaufen.

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Berlin. Bei den Maßnahmen zur Eindämmung der ersten Corona-Welle haben sich die Politiker zu Beginn teilweise in ihren Mitteln vergriffen. So setzen sich die Wirtschaftsweisen in ihrem Gutachten, das der Bundeskanzlerin übergeben worden ist, kritisch damit auseinander, wie die Versorgung mit Medizinprodukten und Arzneimitteln organisiert wurde.

„Entgegen dem Geist des gemeinsamen Binnenmarktes“ seien im Februar/März 234 neue nicht-tarifäre Handelsbeschränkungen für Medizinprodukte eingeführt worden, die erst im Sommer wieder aufgehoben wurden, nachdem die EU-Kommission Ausfuhren aus dem Binnenmarkt in Drittstaaten unter Genehmigungsvorbehalt gestellt hatte.

Stärkere Position auf dem Weltmarkt

Eine Neuorganisation der Lagerhaltung auf europäischer Ebene könnte einen deutlichen Mehrwert generieren, ohne die Vorteile internationaler Arbeitsteilung aufzugeben, glaubt der Rat. Gemeinsame europäische Beschaffungsmaßnahmen können Zugang zu einer größeren Anzahl an Lieferanten ermöglichen und zu einem gleich verteilten Zugang der Mitgliedsstaaten beitragen. Mit dem Joint Procurement Agreement existiere bereits ein Instrument, dessen Schwäche – die Freiwilligkeit – aber in der Corona-Krise offenbar geworden sei.

Besondere Bedeutung werde die Beschaffung von Impfstoffen haben. Eine gemeinsame europäische Strategie der EU könne ihr eine stärkere Position auf dem Weltmarkt verschaffen. Die bereits jetzt gegebenen Abnahmegarantien – noch vor der im Moment ungewissen Zulassung von Impfstoffen – verlagere Investitionsrisiken der Hersteller auf die EU. Ein gemeinsames und koordiniertes Vorgehen sei jedoch „insgesamt wünschenswert“ um Skaleneffekte zu erzielen.

„Autarkiepolitik bei Arzneien nicht sinnvoll“

Eine Rückverlagerung der Arzneimittelproduktion aus asiatischen Ländern nach Deutschland oder in die EU, wie von den Gesundheitsministern am 16. Juli angekündigt, hält der Rat für wenig zielführend. Eine Umstrukturierung europäischer Wertschöpfungsketten hin zu einer stärkeren Nationalisierung dürfte mit „erheblichen Effizienzverlusten“ einhergehen.

Eine europäische Autarkiepolitik im Pharmasektor könne die Versorgungssicherheit in Krisenzeiten nicht hinreichend gewährleisten. Zielführend wäre es hingegen, die Zulieferungen weiter über Länder, Regionen und Kontinente zu streuen. (HL)

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