Arzt und Patient
Bessere Kommunikation, höhere Therapietreue
Der väterliche Ratschlag des Arztes ist immer weniger gefragt. Stattdessen soll die Kommunikation auf Augenhöhe erfolgen. Das hat für beide Seiten viele Vorteile.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. "Partizipative Entscheidungsfindung" - der Begriff ist so sperrig wie seine Anforderungen hoch. Der Arzt soll nach dem Willen des Patientenrechtegesetzes (BGB §630a-h), das seit Februar 2013 gültig ist, Werte und Präferenz des Patienten bezüglich Aufklärung, Diagnose und Therapie eruieren und berücksichtigen.
Alle infrage kommenden diagnostischen Optionen und Behandlungsmöglichkeiten sollen mit ihren Vor- und Nachteilen erklärt werden. Der Arzt muss darlegen, warum er selbst eine bestimmte Maßnahme vorschlägt und für sinnvoll erachtet.
"Dazu fehlt in der Praxis die Zeit" ist ein häufig genannter Grund, warum Ärzte glauben, das so nicht umsetzen zu können. Dazu kommt die Befürchtung, damit Tür und Tor für langwierige Diskussionen zu öffnen und die Erfahrung, dass lange nicht alle Patienten an der Entscheidungsfindung mitwirken wollen.
Was die Patienten im Einzelfall wünschen, kann aber kaum vorhergesagt werden. Besser ist es, die Wünsche des Patienten zu erfragen, sagt Professor Hermann Faller, Medizinpsychologe an der Uni Würzburg im Gespräch mit Springer Medizin.
Eine handfeste Evidenz spricht für eine Sprechstunde (Nomen est Omen) mit einer patientenorientierten Kommunikation und partizipativen Entscheidungsfindung:
- Die partizipative Entscheidungsfindung (Shared Decision Making), kann rasch und effektiv zur Einigung auf Therapieziele führen. Nach einer Metaanalyse war dies insbesondere bei chronischen Erkrankungen der Fall.
- Eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation führt zu höherer Adhärenz. Nach einer Metaanalyse auf der Basis von 106 Studien halten sich Patienten mehr als doppelt so häufig an die Therapieempfehlungen des Arztes, wenn dieser ein guter Kommunikator ist. Hatten die behandelnden Ärzte an einer Fortbildung zum Thema Kommunikation teilgenommen, fiel die Adhärenz noch besser aus (Med Care 2009; 47: 826).
- Eine empathische Kommunikation kann Komplikationen verringern. Patienten mit Diabetes entwickelten signifikant seltener metabolische Komplikationen, wenn der behandelnde Arzt hohe Empathiewerte zeigte (Acad Med 2012; 87: 1243).
- Eine partnerschaftliche Kommunikation macht Patienten zufriedener. Die stärkere Einbindung der Patienten in Entscheidungen reduziert Konflikte und führt zur höheren Zufriedenheit der Patienten mit dem Arzt (BMC Health Serv Res. 2013; 13: 231).
- Eine patientenorientierte Kommunikation kann Haftungsfälle verhindern. Eine amerikanische Studie belegte, dass Ärzte, die häufig nicht verfügbar sind, die Bedenken von Patienten und Angehörigen nicht wahrnehmen, wenig Informationen bieten und kein Verständnis für die Perspektive von Patientenund Angehörigen zeigen, häufiger mit Haftungsfragen konfrontiert sindals patientenorientiert kommunizierende Ärzte.
Das Zeitargument gegen eine gemeinsame Entscheidungsfindung wird so auf längere Sicht entkräftet. Was initial an Gesprächszeit investiert wird, kann sich langfristig rechnen, weil Patienten zufriedener und therapietreuer sind, weniger Komplikationen entwickeln.
Mit einer guten Kommunikationsstrategie müssen Arzt-Patienten-Gespräche auch nicht länger dauern, denn die Zeit für Gespräche wird besser genutzt. Der Arzt erhält rascher wichtige Informationen, der Patient genau die, die er benötigt, sodass er nicht häufiger und zeitraubend nachfragen muss.
Der informierte Patient, der bei entsprechender Aufklärung gleichberechtigt mit dem Arzt die Entscheidungen fällt, ist aber ein kaum zu erreichendes Ideal.
Eine Asymmetrie wird im Arzt-Patientenverhältnis immer bleiben, allein schon deswegen, weil der Patient krank ist, weil er kein Experte ist und weil er emotional belastet istund Hilfe braucht.
Umso wichtiger ist es, sich im Gespräch immer wieder in die Patientensicht hineinzuversetzen. (fk)
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