Aufklärung
Bundesgerichtshof stärkt Ärzten den Rücken
Der BGH hat ein Leiturteil zum Streit um Inhalte des ärztlichen Aufklärungsgesprächs gefällt. Die Richter urteilen: Im Zweifel sollen die Gerichte den Ärzten eher glauben als den Patienten.
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Ärztliche Aufklärung: Ärzte müssen sich vor Gericht nicht im Detail an den Inhalt erinnern, so der BGH.
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KARLSRUHE. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat Ärzten den Nachweis einer korrekten Aufklärung ihrer Patienten erheblich erleichtert.
Ein solcher Nachweis muss selbst dann möglich sein, wenn es zu bestimmten Gesprächsinhalten keine schriftliche Dokumentation gibt und sich der Arzt an das Gespräch konkret nicht erinnert, heißt es in einem aktuellen Urteil.
Danach sollen die Gerichte einer schlüssigen Darstellung des Arztes eher glauben als der Erinnerung des Patienten.
Dem Kläger war in einer Klinik im Raum Freiburg eine klappentragende Prothese der Aorta ascendens eingesetzt worden. Die Op sollte unter Aufrechterhaltung des Blutkreislaufs mit Hilfe einer Herz-Lungen-Maschine erfolgen.
Während des Eingriffs dehnte sich ein Aneurysma derart aus, dass dies nicht mehr möglich war. Die Op wurde bei abgeschalteter Herz-Lungen-Maschine mit tiefhypothermem Kreislaufstillstand fortgeführt.
Nach der Op litt der Patient unter einer Nervenstörung mit Gangunsicherheit, Schwindel sowie Störungen der Augenmotorik und der Sprache. Nachbehandlungen blieben erfolglos.
Routinemäßiges Aufklärungsgespräch
Der Patient meint, wegen unzureichender Aufklärung müssten Arzt und Klinik hierfür haften. Der schriftliche Aufklärungsbogen habe nur Informationen zur Operation bei laufender Herz-Lungen-Maschine gegeben. Dass es notwendig werden kann, die Maschine abzuschalten, sei auch im Gespräch nicht Thema gewesen.
Dem widersprachen die Ärzte. An das konkrete Gespräch könnten sie sich zwar nicht im Einzelnen erinnern. Diese Situation sei aber routinemäßig immer Bestandteil ihrer Aufklärungsgespräche.
Dem BGH reichte dies aus. Zwar liege die Beweislast für eine korrekte Aufklärung beim Arzt; es sei aber auch zu berücksichtigen, dass Patienten diese Beweislast haftungsrechtlich missbrauchen können. Dabei sei es verständlich, dass sich Ärzte angesichts der Vielzahl ihrer Gespräche nicht an jedes im Detail erinnern können; dies zu verlangen sei überzogen und "unbillig".
Umgekehrt gebe es "vielerlei verständliche Gründe", dass sich Patienten im Nachhinein nicht richtig an solche Gespräche erinnern.
Schriftliche Aufzeichnungen dringend zu empfehlen
"Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, sollte dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist", heißt es daher in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 28. Januar 2014.
Zwar seien schriftliche Aufzeichnungen über die Inhalte des Aufklärungsgesprächs "nützlich und dringend zu empfehlen". Ihr Fehlen dürfe aber nicht dazu führen, dass Ärzte keine Beweismöglichkeit mehr haben.
Selbst wenn ein Arzt keine Formulare benutzt, müsse er "eine faire und reale Chance haben", den notwendigen Beweis zu führen. Gleiches gelte für Aufklärungsinhalte, die über den schriftlich dokumentierten Teil hinausgehen, betonten die Karlsruher Richter. (mwo)
Az.: VI ZR 143/13
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