Praxismanagement

Coronavirus lässt Arbeitsschutzanforderungen steigen

Der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat das neuartige Coronavirus vorläufig der Risikogruppe 3 nach Biostoffverordnung zugeordnet. Damit steigen die Anforderungen an den Arbeitsschutz in Arztpraxen.

Von Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Für den Ernstfall gut gerüstet? Für Praxisteams gibt es eine Vielzahl an Schutzmaßnahmen, sollten Patienten mit Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion in die Praxis kommen.

Für den Ernstfall gut gerüstet? Für Praxisteams gibt es eine Vielzahl an Schutzmaßnahmen, sollten Patienten mit Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion in die Praxis kommen.

© Dung / stock.adobe.com

Dortmund. Spätestens die Fälle eines positiv auf das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) getesteten Dermatologen der Uniklinik Erlangen sowie eines ebenfalls betroffenen Pädiaters am Uniklinikum Eppendorf zeigen, dass das Virus nicht nur eine virtuelle, sondern eine reale Bedrohungssituation für Mitarbeiter im Gesundheitswesen darstellt. Somit sind spätestens jetzt Praxischefs als Arbeitgeber dazu aufgerufen, die Arbeitsschutzsituation in den Praxisräumen in puncto potenzieller SARS-CoV-2-Infektionen zu hinterfragen.

Wie die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) mitteilt, habe der bei ihr angesiedelte Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) SARS-CoV-2 „auf Grundlage der vorhanden epidemiologischen Daten aus präventiver Sicht vorläufig in die Risikogruppe 3 nach Biostoffverordnung“ (BioStoffV) eingestuft. Damit gelten sie als „Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich“, besagt die BioStoffV.

Auch Laboratorien betroffen

Der ABAS, der das Bundesarbeitsministerium in allen Fragen des Arbeitsschutzes zu biologischen Arbeitsstoffen berät, hebt ausdrücklich das SARS-CoV-2-Expositionspotenzial in Praxen hervor. „Berufsbedingte Kontakte mit SARS-CoV-2 können in Deutschland beim Auftreten von Fällen durch Kontakt mit infizierten Patienten in der Arztpraxis, im Krankenhaus oder beim Transport von infizierten Patienten zum Beispiel im Flugzeug und im Krankenwagen stattfinden. Weiterhin kann ein berufsbedingter Kontakt in Laboratorien erfolgen, in denen Verdachtsproben auf Erreger untersucht werden“, führt der ABAS aus.

Die BAUA erinnert Praxischefs und andere Arbeitgeber daran, dass für Beschäftigte, die durch ihre berufliche Tätigkeit mit Infektionserregern in Kontakt kommen können, die BioStoffV gilt, deren Arbeitsschutzbestimmungen in den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) branchen- und themenspezifisch konkretisiert werden. Die TRBA 250 und TRBA 100 regeln die Maßnahmen zum Schutz Beschäftigter vor Infektionen im Gesundheitswesen und der Wohlfahrtspflege sowie in Laboratorien.

Gefährdungsbeurteilung im Blick

Da SARS-CoV-2 nach bisherigem Wissen durch die Inhalation von Aerosolen sowie durch den Kontakt mit Schleimhäuten (Nase, Mund, Augen) übertragen werden könne, sollten Praxisteams laut BAUA schon bei Patienten mit Verdacht einer SARS-CoV-2-Infektion konkrete Schutzmaßnahmen ergreifen.

Die Gefährdungsbeurteilung obliege dem Arbeitgeber mit „entsprechender Fachexpertise“. Hinweise zur Gefährdungsbeurteilung erhalten Praxischefs in der TRBA 400 „Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen“.

Zu den konkreten Sicherheitsmaßnahmen in der Praxis gehören laut BAUA:

  • Der Patient sollte einen Mund-Nase-Schutz tragen.
  • Den Beschäftigten sind neben ausreichend Kitteln, Handschuhen, einer Schutzbrille, partikelfiltrierende Halbmasken mindestens der Klasse FFP2 oder FFP3 – beispielsweise für Tätigkeiten an Patienten, die stark husten oder zum Husten provoziert werden – in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen. Auf das korrekte Tragen und Ablegen der Schutzkleidung ist zu achten.
  • Ein Hygieneplan zur Vermeidung einer Verschleppung ist aufzustellen.
  • Zutrittsbeschränkungen sind festzulegen.
  • Patienten sind in Isolierzimmern oder Einzelzimmern unterzubringen, die idealerweise durch einen Vorraum oder einen Schleusenbereich von den übrigen Arbeitsbereichen abgetrennt sind.
  • Raumlufttechnische Anlagen sind abzustellen, sofern durch diese luftgetragene Erreger auf andere Räume übertragen werden können.
  • Abfälle, die mit Sekreten oder Exkrementen von Patienten mit SARS-CoV-2 kontaminiert sind, sind nach Abfallschlüssel (AS) 180103 des Merkblattes der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen aus öffentlichen und privaten Einrichtungen des Gesundheitsdienstes zu entsorgen.

Abfallsäcke mit Biohazard-Symbol

„Alle Abfälle des AS 180103“, heißt es dort, „sind unmittelbar am Ort ihres Anfallens in reißfesten, feuchtig-keitsbeständigen und dichten Behältnissen (z. B. bauartgeprüfte Gefahrgutverpackung) zu sammeln und ohne Umfüllen oder Sortieren in geeigneten, sicher verschlossenen Behältnissen (ggf. Säcke in Kombination mit Rücklaufbehältern) zur zentralen Sammelstelle zu befördern.“

Infektiöse Abfälle gebrauchter Spitzen und scharfer medizinischer Instrumente wie Kanülen, Skalpelle und Gegenstände mit ähnlichem Risiko für Schnitt- oder Stichverletzungen müssen laut LAGA „in stich- und bruchfesten Einwegbehältnissen gesammelt, fest verschlossen, sicher vor unbefugtem Zugriff bereitgestellt, transportiert und entsorgt werden“, wobei die Anforderungen an die Abfallbehältnisse nach Nr. 4.2.5. TRBA 250 zu berücksichtigen seien. Zudem sei eine Kennzeichnung aller Behältnisse mit „Biohazard“-Symbol erforderlich sowie gegebenenfalls durch eine Desinfektion der Außenseite eine Kontamination der Sammelgefäße zu vermeiden. „Die Behältnisse sollen nicht zu groß sein, um eine sichere Handhabung zu gewährleisten“, heißt es ergänzend im LAGA-Merkblatt.

Die Crux mit den Verdachtsfällen

Im Praxisalltag wird sicher früher oder später die Frage aufkommen, ob alle Verdachtsfälle unter den Patienten auf eine SARS-CoV-2-Infektion detektiert werden können. Denn nach aktueller Kenntnis – auch darauf weist die BAUA nachdrücklich hin – kann die Infektion sowohl völlig symptomlos verlaufen als auch zur Erkrankung mit Husten oder grippeähnlichen Symptomen führen.
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