Telekonsil

Der direkte Draht zum Neurologen soll Zeit sparen

Erste Kassen unterstützen die Pädiater in puncto neurologischem Telekonsil. Das Angebot soll bald auf weitere Facharztgruppen ausgeweitet werden.

Von Nina Nöthling Veröffentlicht:
Das Telekonsil soll rasche neurologische Befunde durch Fachkollegen ermöglichen.

Das Telekonsil soll rasche neurologische Befunde durch Fachkollegen ermöglichen.

© Photosani / fotolia.com

KÖLN. So viel Begeisterung löst die Digitalisierung selten bei Ärzten aus: Als "schwer beeindruckend" und "großartig" bezeichneten Neurologen und Psychiater das Konzept eines Telekonsils, das auf dem Neurologen- und Psychiatertag in Köln vorgestellt wurde. Bisher ist das System nur für Pädiater und Gynäkologen verfügbar, doch die Berufsverbände arbeiten zurzeit an einem neurologischen Konsil, berichtete Sean Monks von der Monks-Ärzte-im-Netz GmbH. Das ZNS-Konsil basiere auf dem vor einem Jahr implementierten System für Kinderärzte "PädExpert", kündigte Monks an. Ein Modul für Depressionen gebe es bereits.

Mithilfe des Telekonsils können niedergelassene Hausärzte einen Spezialisten konsultieren, ohne dass der Patient selbst beim Facharzt vorstellig werden muss. Dabei ermöglicht das System beiden Ärzten, auf dieselben Dokumente zuzugreifen, etwa auf Patienteninformationen und Testergebnisse. Das sei ein Grund gewesen, weshalb Krankenkassen bereit waren, die Leistungen extra zu vergüten, so Monks. "Sie hoffen, dass dadurch Doppeluntersuchungen wegfallen."

Sowohl der Anfragende als auch der Spezialist können 50 Euro für eine Anfrage über die Plattform abrechnen. Bisher haben die Barmer und die AOK Bayern einen exklusiven Vertrag mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Ab Juli 2017 sollen weitere Krankenkassen folgen. "Es stehen sehr viele Kassen in der Pipeline", versichert Monks.

Fallakte dient als gemeinsame Basis

So funktioniert PädExpert: Anhand eines leitliniengerechten Anamnesebogens beschreibt der Arzt die vorliegenden Symptome und erstellt eine Fallakte. Diese wird dann an den Facharzt weitergeleitet. Der Spezialist könne sowohl eine Diagnose stellen als auch eine Therapiebegleitung festlegen, heißt es. Die Fragebögen wurden von Experten entwickelt, so Monks Kollege Daniel Schlosser. "Sie bestimmen, welche Informationen sie brauchen." Wichtig dabei ist, dass der Kinderarzt jederzeit entscheiden kann, ob er den Patienten selbst sehen muss, wenn ein Fall zu komplex für die Telemedizin ist. Monks: "Telemedizin kann im Moment nur ein Add-on sein."

Expertenantwort binnen 24 Stunden

Der anfragende Arzt kann anhand einer Liste auswählen, welchen Spezialisten er in diesem Fall hinzuziehen möchte. Die Aufnahme von Experten in das Portal erfolgt durch den Verband. Die zugelassenen Fachärzte sind nach Postleitzahlen geordnet. "Wir wollen, dass die regionalen Netze, die jetzt schon entstehen, auch dort abgebildet werden", so Monks.

Wie sehr ein solches Angebot den Bedürfnissen von Ärzten und Patienten entgegenkommt, verdeutlichte die begeisterte Reaktion eines Arztes aus Bayern. Dort müssten Patienten bis zu sechs Monate auf einen Termin beim Psychiater warten, berichtete er. Durch ein Telekonsil lassen sich Anbieter-Angaben zufolge die durchschnittlichen Diagnosezeiten deutlich reduzieren. Spezialisten antworten in dem System auf Anfragen binnen 24 Stunden.

Ein besonders Merkmal des Telekonsils ist die hohe Sicherheit. Die Patientendaten werden über drei verschiedene Server geleitet. Auf dem ersten Server ist nur der Name gespeichert, mit einer Verschlüsselung auf dem Niveau des US-Geheimdienstes NSA. Der zweite Server enthält die medizinischen Daten. Über den dritten Server werden alle Testergebnisse wie Blutbilder und Röntgenaufnahmen geleitet – "also alle Dokumente, auf denen Name und Daten gemeinsam aufgeführt sind", erläutert Monks. Deshalb werden die Daten auch sofort nach der Übermittlung gelöscht. "Wenn ein Hacker diesen Server knackt, findet er einfach nichts". Auch bei den anderen beiden Servern hat er keine Bedenken. "Selbst wenn ein Hacker die Daten beider Systeme in die Finger bekäme, ist es unmöglich, den Namen mit den medizinischen Daten zusammenzubringen." Doch trotz all dieser Sicherheitsmaßnahmen sei das System noch nicht zertifiziert. Die EU-Datenschutzgrundverordnung tritt erst im Mai 2018 in Kraft. "Vorher kann niemand zertifiziert werden".

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