Schnelltest-Boom
Diagnostikabranche absolviert Ausnahmejahr
Das Geschäft der mittelständisch geprägten Diagnostikaindustrie hat 2021 insbesondere vom Schnelltest-Boom profitiert. Dieses Jahr stehen die Zeichen auf Normalisierung.
Veröffentlicht:
Testen was das Zeug hält: Corona-Schnelltests wurden den Diagnostikaherstellern 2021 gewissermaßen aus den Händen gerissen.
© picture alliance / Eibner-Pressefoto | Fleig
Berlin. Die bundesdeutschen Diagnostikahersteller haben im zweiten Jahr der Pandemie außerordentlich gute Einnahmen erzielt. Mit 6,3 Milliarden Euro (+106 Prozent) verbuchte die Branche einen Rekordumsatz, der sich aller Voraussicht nach nicht so schnell wird wiederholen lassen. 65 Prozent der Erlöse (4,1 Milliarden Euro, +366 Prozent) entfielen den Angaben zufolge auf Corona-Diagnostik (Vorjahr: 0,9 Milliarden Euro). Wachstumstreiber seien vor allem Antigenschnelltests gewesen, die für 90 Prozent der pandemiebedingten Diagnostika-Verkäufe gesorgt hätten (Rest: Labortests).
Die Zahlen veröffentlichte der Verband der Diagnostika-Industrie (VDGH) am Mittwoch; finale Daten zum Geschäft mit Analysesystemen und Verbrauchsmaterialien zu Forschungszwecken, dem zweiten Standbein der Branche, liegen laut VDGH noch nicht vor. Die aktuelle Berichterstattung spiegelt demnach ausschließlich das Diagnostikageschäft wider.
Kerngeschäft stagniert
„Mit der gesamten Palette der Testmethoden“ auf SARS-CoV-2, so VDGH-Vorsitzender Ulrich Schmid, hätten die Hersteller „Labore, Krankenhäuser, Arztpraxen und Testzentren lückenlos bedient“. Die Sonderkonjunktur dürfe jedoch nicht von den „grundsätzlichen Herausforderungen unserer Branche ablenken“. So habe sich die seit Jahren anhaltende Stagnation im Geschäft mit routinemäßiger In-vitro-Diagnostik auch im Berichtsjahr 2021 fortgesetzt. Hier seien die Erlöse zuletzt lediglich um 1,2 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro gestiegen.
Dieses Jahr erwartet die Branche laut VDGH-Mitgliederbefragung (von Dezember bis Februar, vor Beginn des Kriegs in der Ukraine) zwar „einen deutlichen Rückgang der Corona-Diagnostik“, nachdem die Test-Ansprüche asymptomatischer Personen mit Außerkrafttreten der Coronavirus- Testverordnung Ende Juni erlöschen.
Pessimismus überwog zum Umfragezeitpunkt dennoch nicht: 15 Prozent der 47 teilnehmenden Firmen rechnen 2022 mit einer „sehr guten“ wirtschaftlichen Entwicklung, 64 Prozent kreuzten „gut“ an, 20 Prozent „zufriedenstellend“.
Höhere Investitionen geplant
Größte Herausforderungen, mit denen die Branche derzeit nach eigenem Bekunden zu kämpfen hat, sind der Fachkräftemangel (laut Umfrage für 89 Prozent „relevant“) sowie der weltweite Engpass im Halbleitermarkt (79 Prozent sagen, „ja, ist ein Problem“).
Mit den Standortbedingungen im Heimatmarkt hadern die meisten Diagnostikahersteller jedoch offenkundig kaum. Über die Hälfte der Befragten (57 Prozent) wollen 2022 ihre Belegschaften aufstocken, lediglich 20 Prozent Stellen streichen. Knapp 84 Prozent beabsichtigen, mehr oder gleichviel in Sachanlagen zu investieren, wie im Vorjahr. Und ebensoviele wollen dieses Jahr „höhere“ (48 Prozent) oder „gleichbleibend hohe“ (36 Prozent) F&E-Ausgaben im Inland tätigen. (cw)