Außergerichtliche Streitschlichtung

Die PKV-Schlichtungsstelle hatte 2024 mehr zu tun

An den Ombudsmann für die private Krankenversicherung haben sich 2024 deutlich mehr Privatversicherte gewandt. Häufig ging es bei den Beschwerden um Fragen nach der medizinischen Notwendigkeit.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

Berlin. Private Krankenversicherer müssen die Kosten einer transkutanen Lasertherapie gegen Krampfadern nicht erstatten. Denn es gibt für die Laserbehandlung bei dieser Indikation keine medizinische Notwendigkeit. Einem Versicherten, der sich beim PKV-Ombudsmann wegen der Leistungsverweigerung beschwert hatte, konnte der Schlichter deshalb nicht weiterhelfen.

„Hinzu kommt, dass der S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Varikose keine Empfehlung für die transkutane Lasertherapie entnommen werden kann“, schreibt der Stellvertreter des PKV-Ombudsmanns Dr. Wilhelm Schluckebier im Tätigkeitsbericht 2024 der Schlichtungsstelle.

Seit 2001 können sich PKV-Kunden, die sich von ihrem Versicherer falsch behandelt fühlen, an den PKV-Ombudsmann wenden. Die außergerichtliche Streitschlichtung ist für sie kostenfrei. Die Entscheidungen des Ombudsmanns sind für die betroffenen Versicherer aber auch nicht bindend.

Erfolgreiche Intervention des Ombudsmanns

Der Ombudsmann und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prüfen die Beschwerden auf Grund der ihnen vorliegenden Unterlagen, holen aber keine eigenen Gutachten ein. Finden sie Anhaltspunkte, dass die Ablehnung der Kostenübernahme durch einen Versicherer unbegründet oder zumindest zweifelhaft war, machen sie einen Schlichtungsvorschlag.

Das war 2024 etwa bei einem Schmerzpatienten der Fall, dem die ärztlich verordnete Cannabis-Therapie nicht erstattet wurde. Der Ombudsmann sah wegen mehrerer zuvor vergeblicher Therapieversuche sowie des Fehlens weiterer schulmedizinischer Alternativen die THC-Therapie als gerechtfertigt an. Er konnte den Versicherer überzeugen.

Die Frage, ob eine Behandlung medizinisch sinnvoll ist, ist bei den Beschwerden in der Vollversicherung ein Schwerpunkt. Auf sie entfielen dort im vergangenen Jahr 16,6 Prozent der Schlichtungsanträge. Es folgten Streitigkeiten über Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (15,4 Prozent) und Gebührenstreitigkeiten (14,4 Prozent).

Mehr Leistungsfälle, mehr Streitigkeiten

2024 gingen insgesamt 6.891 Schlichtungsanträge beim PKV-Ombudsmann ein (+27,3 Prozent). Der zweistellige Anstieg betraf alle Themengebiete, auffällige Sondereffekte gab es nicht, schreibt Schluckebier. Einen Grund sieht er etwa in der Tatsache, dass die Anzahl der PKV-Leistungsfälle 2024 insgesamt um rund zehn Prozent gestiegen ist, möglicherweise auch durch Nachhol-Effekte aus der Corona-Pandemie. „Dieser deutliche Anstieg der Arzt-Patienten-Kontakte bringt somit ein entsprechend gestiegenes Konfliktpotenzial mit sich.“

Wie jedes Jahr weist der Ombudsmann darauf hin, dass angesichts von über 40 Millionen PKV-Verträgen der Anteil der Schlichtungsfälle mit 0,01 Prozent verschwindend gering ist. „Dies spricht unverändert für eine hohe Kundenzufriedenheit der Versicherten mit ihrer privaten Krankenversicherung und insbesondere auch für ein lösungsorientiertes Beschwerdemanagement der einzelnen Unternehmen.“

Die meisten Beschwerden gingen mit 70 Prozent zur Krankheitskostenvollversicherung ein. Auf die Zusatzversicherung entfielen 24 Prozent (20,9 Prozent), auf die Pflegepflichtversicherung 9,1 Prozent.

Auch mit Abnehmspritze befasst

2024 war für die Schlichtungsstelle ein außergewöhnliches Jahr, weil drei verschiedene Ombudsmänner an ihrer Spitze standen. Im Sommer war der langjährige Ombudsmann Heinz Lanfermann verstorben. Der ehemalige Versicherungsombudsmann Schluckebier als sein Stellvertreter übernahm die Amtsgeschäfte. Am 1. November wurde dann der Jurist Rainer Schlegel, ehemals Präsident des Bundessozialgerichts, neuer PKV-Ombudsmann.

Zu den Themen, mit denen sich die Ombudsmänner beschäftigen mussten, gehörte auch die Erstattungsfähigkeit der „Abnehmspritze“ Wegovy® bzw. dessen wirkstoffgleiches Pendant gegen Typ2-Diabetes Ozempic®. Hinsichtlich Ozempic® ging es vor allem um die Frage der medizinischen Notwendigkeit, weil zur Kostenübernahme ein diagnostizierter Diabetes vorliegen muss. Bei Wegovy® mussten sich die Schlichter in erster Linie mit der Leistungspflicht befassen. Oft sind Präparate, die der Gewichtskontrolle dienen sollen, tariflich von der Erstattung ausgeschlossen.

Die Berliner Schlichtungsstelle konnte 2024 insgesamt 5.062 Schlichtungsverfahren abschließen. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit betrug 72 Tage. In gut einem Viertel der Fälle (27,4 Prozent) konnte eine Einigung zwischen beiden Seiten erzielt werden.

In 64,9 Prozent der Fälle war eine Schlichtung nicht oder nicht vollumfänglich möglich. 7,7 Prozent der Verfahren wurden auf Wunsch der Antragsteller eingestellt.

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