Hintergrund

Gesundheitsuntersuchung: Reformbedarf angemahnt

Der GBA will die Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinie novellieren. Arbeitsmediziner plädieren für weitreichende Änderungen, um dem Anspruch des Präventionsgesetzes gerecht zu werden – und zwar vor Ort in den Betrieben.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Vor allem bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Deutschland herrscht ein großes arbeitsmedizinisches Präventionsdefizit.

Vor allem bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Deutschland herrscht ein großes arbeitsmedizinisches Präventionsdefizit.

© Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V.

Das im Juli 2015 in Kraft getretene Präventionsgesetz sollte die Weichen stellen für eine umfassende arbeitsmedizinische Prävention. Das Gesetz intendierte einen Paradigmenwechsel – mehr Gesundheitsförderung in Lebenswelten wie Kitas oder Betrieben anstatt der bisher vorherrschenden Kurse zur Verhaltensprävention. Fakt ist, wie auch der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) immer wieder moniert, dass vor allem bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Deutschland ein großes arbeitsmedizinisches Präventionsdefizit herrscht. Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass es keine eigene arbeitsmedizinische Abteilung gibt. Zum anderen schrecken nicht wenige Inhaber schlicht die Kosten für entsprechende Angebote ab. Um letzterem Umstand effektiv entgegenzuwirken, plädiert nun die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) im Umfeld der Europäischen Impfwoche für eine Kostenerstattung arbeitsmedizinischer Präventionsleistungen zu Lasten der GKV.

Schutzimpfungen im Blick

In einer Stellungnahme an den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) macht sich die DGAUM dafür stark, bei der anstehenden Änderung der Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinie (GU-RL) einen entsprechenden Passus aufzunehmen. Am 26. April steht beim GBA die mündliche Anhörung zur GU-RL-Novelle an. "Die Lebens- und Arbeitswelt in den Betrieben und den Unternehmen stellt das größte Präventionssetting sowohl für Maßnahmen im Rahmen der Verhaltens- als auch der Verhältnisprävention dar. Schon heute sind Fachärztinnen und Fachärzte für Arbeitsmedizin sowie Fachärztinnen und -ärzte mit der Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin" im Rahmen der gesetzlich verankerten arbeitsmedizinischen Vorsorge sowie der Maßnahmen zur Förderung der betrieblichen Prävention in der Lage, über 44 Millionen arbeitende Menschen anzusprechen und für präventivmedizinische Maßnahmen zu sensibilisieren oder gar zu gewinnen. So verdeutlicht die DGAUM in ihrer Stellungnahme das auf dem Präventionsgesetz fußende Präventionspotenzial.

Bereits im Oktober 2016 zeigte sich VDBW-Präsident Dr. Wolfgang Panter in Dresden am Rande des 32. Deutschen Betriebsärzte-Kongresses im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" zuversichtlich, dass Arbeitsmediziner bald in den Unternehmen die von der STIKO empfohlenen Impfungen anbieten können – und thematisierte die Problematik der noch offenen Abrechnungsmodalitäten. Das Präventionsgesetz sieht Schutzimpfungen als arbeitsmedizinische Leistungen auf Kasse vor. Darauf weist auch die DGAUM den GBA in ihrer Stellungnahme nochmals explizit hin.

Defizite bei Qualitätssicherung?

Sie schlägt folgende Formulierung für die zu ändernde GU-RL vor: "Untersuchungen nach dieser Richtlinie sollen diejenigen Ärztinnen und Ärzte durchführen, welche die vorgesehenen Leistungen aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen erbringen können und nach der jeweils für sie geltenden ärztlichen Berufsordnung dazu berechtigt sind" – insbesondere Allgemeinärzte, Internisten, Fachärzte für Arbeitsmedizin sowie Fachärzte mit der Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin, Ärzte ohne Gebietsbezeichnung sowie Fachärzte für Gynäkologie und Geburtshilfe.

Laut DGAUM bedarf es hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit an der Schnittstelle zwischen der gesetzlich verbürgten, arbeitsmedizinischen Vorsorge und den neuen Präventionsmaßnahmen nach dem Präventionsgesetz einer klaren Leistungsdefinition. So könnten Doppeluntersuchungen und damit verbundene unnötige Kosten zu Lasten der jeweiligen Kostenträger – Arbeitgeber und GKV – weitgehend vermieden werden.

Des Weiteren moniert die Gesellschaft Defizite bei der Qualitätssicherung. "Im Falle der Leistungserbringer könnte die Qualitätssicherung durch die Einführung einer Pflicht zur fachlichen Fortbildung, vergleichbar im kurativen Bereich der Medizin gesteuert werden. In der ärztlichen (Muster-)Berufsordnung ist diese Pflicht selbstverständlich auch für die Betriebsärzte festgeschrieben. Aller-dings erfolgt bisher noch keine flächendeckende Überprüfung, ob dieser Verpflichtung auch ausreichend Genüge getan wird", so die DGAUM.

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