DKG-Gutachten

"Notaufnahmen werden zum Lückenbüßer"

Überlastet und unterfinanziert - das sind nach Ansicht der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) die Notaufnahmen vieler Krankenhäuser. Sie sieht die Bereitschaftsdienste der KVen in der Pflicht. Die KBV weist alle Vorwürfe von sich.

Von Martina Merten Veröffentlicht:

BERLIN. Nach Ansicht der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sind die Notaufnahmen vieler Krankenhäuser überlastet und unterfinanziert.

"Sie werden immer stärker zum Lückenbüßer für die eigentlich zuständigen Bereitschaftsdienste der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen)", beklagte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum in Berlin.

Bislang sei es bloße Fiktion, dass niedergelassene Ärzte alles regeln. Von den jährlich in Notaufnahmen der Kliniken versorgten 20 Millionen Patienten werden der DKG zufolge mehr als zehn Millionen ambulant versorgt.

Ein Drittel der allgemeinen Notfallbehandlungen sei problemlos in ambulanten Praxen lösbar, so Baum. Allerdings gebe es offensichtlich Terminschwierigkeiten im KV-Bereich oder geeignete Anlaufstellen fehlten.

KBV: Bundesweiter Bereitschaftsdienst erreichbar

Notfälle in Kliniken

Über 10 Millionen Patienten werden jährlich ambulant an Kliniken notfallversorgt.

Rund 120 Euro betragen die durchschnittlichen Kosten eines ambulanten Notfalls.

80 Prozent der Kosten entstehen in den Notaufnahmen selbst. 13 Prozent fallen für radiologische Untersuchungen und 5 Prozent für Labordiagnostik an.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung wies jegliche Vorwürfe zurück. Außerhalb der Sprechstundenzeiten sei ein bundesweiter Bereitschaftsdienst über die Nummer 116 117 erreichbar, so Sprecher Dr. Roland Stahl.

Zudem habe es bei den Kliniken bereits Verbesserungen der Honorierung, etwa bei der Notfallbehandlung nachts und am Wochenende, gegeben.

Stahl: "Die Klagen zeigen, dass die Kliniken schon jetzt überfordert sind und eine weitere Öffnung für ambulante Leistungen erst recht nicht verkraften können."

Die Belastung der Kliniken durch ambulante Notfälle wirkt sich nach Ansicht der DKG insbesondere auf die finanzielle Situation der Krankenhäuser aus, ergab ein von der DKG und der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) in Auftrag gegebenes Gutachten.

Für das Gutachten, das die Management Consult Kestermann GmbH erstellt hat, stellten 55 Krankenhäuser Kosten- und Leistungsdaten von 612.070 ambulanten Notfällen zur Auswertung bereit.

"Teurer als der Betrieb einer Arztpraxis"

37 Krankenhäusern machten fallbezogene Angaben zu den Erlösen. Hiernach betrugen die Fallkosten für einen ambulanten Notfall im Schnitt 120 Euro. Dem stand ein durchschnittlicher Erlös von 32 Euro gegenüber.

Bei mehr als zehn Millionen ambulanten Notfällen summierten sich diese Fehlbeträge pro Fall auf eine Milliarde Euro nicht gedeckter Kosten, sagte Baum.

"Der Betrieb einer Notaufnahme mit der ständigen Vorhaltung umfangreicher Diagnostik ist deutlich teurer als der Betrieb einer Arztpraxis zu normalen Sprechstundenzeiten", ergänzte Dr. Timo Schöpke, Generalsekretär der DGINA.

Erschwert werde die Refinanzierung der Behandlungskosten der Kliniken durch die gesetzliche Vorgabe eines zehnprozentigen Investitionsabschlags.

Nach Ansicht von Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, müssen die teuren Überkapazitäten der Kliniken dringend abgebaut werden - dann sei die stationäre Versorgung auch finanzierbar.

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